Journal-Titelthema: Aus der Not ins Ungewisse

Hunderttausende Menschen an Rhein und Mosel haben ihre Heimat im 19. Jahrhundert in Richtung Amerika verlassen. Mehr als 500 waren es allein in Pünderich. Darunter war auch die achtköpfige Familie Serwazi, die in Philadelphia eine neue Heimat fand.

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Von unserem Redakteur Christian Kunst

Keiner weiß, wie diese Geschichte wirklich begonnen hat – nicht Winfried Schneiders, der Chronist der Gemeinde Pünderich am Rand des Kreises Cochem-Zell, nicht der New Yorker Jim Niessen, Nachfahre von Auswanderern aus Pünderich. Die beiden Männer haben jahrelang Mosaiksteine dieser Geschichte gesammelt. Aus ihnen entsteht ein Bild mit einigen Lücken. Man kann sie füllen, mit wohlbegründeten Vermutungen, mit einem Vielleicht. Vielleicht also hat die Geschichte der Familie Serwazi aus Pünderich so begonnen: „1857: sehr trockener Winter. Heißer und sehr trockener Sommer. Niederschlagsarmes Jahr“, schreibt Winfried Schneiders in seiner Chronologie historischer Klimadaten für Pünderich. Es war ein hartes Jahr für die 650 Einwohner des Moselortes. Unter ihnen Albert Josef Serwazi, geboren 1812 in Mesenich, einige Kilometer moselabwärts. Und seine 1816 in Pünderich geborene Frau Anna Maria Filzen, deren Vorfahren schon Mitte des 18. Jahrhundert in Pünderich lebten. 1838 heirateten beide und zogen in das Haus der Filzens mit der Nummer 109. Es muss damals in einem sehr guten Zustand gewesen sein. Winfried Schneiders erklärt es so: „Es wurde jedenfalls mit Klasse fünf und 9 Thalern besteuert.“ Vor dem Haus befand sich damals ein Garten, wo die Serwazis vielleicht Gemüse anpflanzten.

Aus ihrem Fenster konnte die Familie auf das schauen, was den kleinen Moselort bis heute berühmt macht: die steilen Weinberge unterhalb der Marienburg. Der Wein aus Pünderich galt als einer der besten der gesamten Moselregion, wegen der Südlage, wegen des steilen Hangs. Auch die Serwazis dürften dort Wein angebaut haben, vermutet Chronist Schneiders. Schließlich hätten sie in einem typischen, eher großen Winzerhaus gewohnt. „Der Weinbau brachte ihnen aber nur ein paar Pfennig extra. Vor allem hatten sie eine Landwirtschaft für den Eigenbedarf am Rande des heutigen Ortes“, erzählt er. Vermutlich haben sich Albert Serwazi und Schneiders Ururgroßvater Caspar Dahm gekannt. Denn Dahm war wie alle Vorfahren Schneiders' Fährmann. Mit einem Boot brachten die Dahms die Winzerleute von Pünderich zu ihren Reben unterhalb der Marienburg auf der anderen Moselseite.

Die Ehe der Serwazis begann tragisch: Ihr erstes Kind Peter starb nur vier Stunden nach seiner Geburt. Der frühe Tod war nichts Seltenes in diesem Jahrhundert, und er hatte die Familie nicht das erste Mal hart getroffen. Alberts Vater starb, als sein Sohn zwei Jahre alt war, Anna Filzens Vater, als sie sechs war – ertrunken in der Mosel. Nur ein Jahr, nachdem ihr erstes Kind gestorben war, kam der nächste Serwazi-Spross zur Welt: Wieder nannten sie ihn Peter. In den nächsten 19 Jahren gebar Anna Filzen acht weitere Kinder, nur Jakob, 1854 zur Welt gekommen, starb, bevor die Familie 1857 von der Mosel nach Amerika auswanderte.

Es scheint, dass die Serwazis keine arme Familie waren. Alberts Eltern waren Bootsbauer in Mesenich, aus Annas Familie kamen einige Bürgermeister der Gemeinde Pünderich. Überhaupt war der Moselort anders als viele Nachbargemeinden durchaus wohlhabend, im 30-jährigen Krieg war die Bevölkerungszahl längst nicht so stark gesunken wie andernorts. Offenbar war der Ort von dem jahrzehntelangen Gemetzel größtenteils verschont geblieben.

Doch die Hungerjahre nach 1850 trafen auch Pünderich hart. Die Winzerchronik spricht von den sieben mageren Jahren von 1850 bis 1856. Chronist Schneiders schreibt in der Dorfgeschichte: „Alles in allem gesehen, war die wirtschaftliche Lage damals für den Winzerstand sehr schlecht. Dazu kam noch, dass der verhältnismäßig wenige Most, der geerntet wurde, im Notverkauf aus dem Haus ging und somit unter Wert bezahlt wurde. Viele Familien nagten am Hungertuch.“ Zwangsläufig mussten sie sich Gedanken über ihre Zukunft machen, die ja durch die paar Weinreben auf der anderen Moselseite kaum gesichert war. Zudem drückten die von Preußen – seit 1814 gehörte die Moselregion zur preußischen Rheinprovinz – eingeführten Moststeuern und die Einfuhrzölle für Wein in den anderen Staaten des Deutschen Bundes das karge Einkommen der Winzer noch weiter.

Auch das andere Standbein der Serwazis war brüchig: die Landwirtschaft. Da waren nicht nur die Missernten der Jahre 1846 und 1853, die die Preise für Lebensmittel in die Höhe trieben und große Teile der Bevölkerung verarmen ließen. Vor allem wurden die Ackerflächen immer kleinteiliger und damit unwirtschaftlicher, weil auch in der preußischen Rheinprovinz an der während Napoleons Herrschaft eingeführten Realteilung festgehalten wurde. Alle Erben wurden dabei gleichgestellt. Angesichts der enormen Bevölkerungszunahme – in Rheinhessen etwa stieg die Einwohnerzahl zwischen 1816 und 1834 von knapp 160 000 auf 205 000 – hatte diese Regelung fatale Folgen. Der kalte Winter 1856/57, in dem die Kartoffeln auf den Pündericher Äckern erfroren, dürfte die Not der Serwazis verschärft haben. Gerade war ihr zehntes Kind Mathilde geboren worden. Sie mussten sich jetzt um acht Kinder kümmern.

Doch so nachvollziehbar es heute erscheinen mag, dass die Großfamilie ihr Glück in der Neuen Welt suchte, so wenig war dies damals. Dass sie es schließlich doch wagten, könnte zwei Gründe gehabt haben. Vielleicht zogen auch durch Pünderich Reiseagenten. „Seelenverkäufer“ nennt Schneiders sie, weil diese Vermittler die Auswanderungswilligen oft schon völlig ausgenommen hatten, ehe sie die Häfen in Le Havre, Dünkirchen, Antwerpen, Amsterdam, Bremen und Hamburg erreichten. Doch die Versprechungen in ihren Prospekten waren auch nur allzu verheißungsvoll: „Ihr werdet ein Leben finden, wie es hier nur die Edelleute führen, das Land quillt über von Fruchtbarkeit, und Milch und Honig fließen wie im Gelobten Lande, und das Klima ist mild und warm das 
ganze Jahr.“

Noch wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich die Serwazis nicht allein auf die Versprechungen der Agenten, sondern eher auf die Erfahrungen zweier Familien aus Pünderich verließen, die schon vor ihnen nach Amerika ausgewandert waren: die Rockenbachs und Franzens. Peter Rockenbach (geboren 1835) und sein Bruder Johann Jakob (geboren 1832) verließen ihre Heimat bereits 1852. Zwei Jahre später wanderte Johann Maternus Franzen, der sich später Martin Franzen nannte und 1830 in Pünderich geboren war, nach Amerika aus. Auch wenn es keinen dokumentierten Briefwechsel gibt, spricht vieles dafür, dass die drei Familien im Kontakt miteinander standen, auch als zwei bereits in Amerika waren. Denn im Jahr 1861 heiratete Martin Franzen Barbara Serwazi (siehe rechtes Foto), die älteste Tochter von Albert und Anna. Und drei Jahre später vermählten sich der Tischler Peter Rockenbach und die zweitälteste Serwazi-Tochter Gertrud. All dies geschah in Manayunk, einem Stadtteil von Philadelphia – dem Ort, wo 1683 die ersten 13 deutschen Familien aus Krefeld unter der Führung des Franken Franz Daniel Pastorius gelandet waren.

Es ist der 3. Juni 1857, als Albert und Anna Maria Serwazi in Pünderich zusammen mit ihren acht Kindern und zehn weiteren Bürgern der Moselgemeinde ein Schiff besteigen. Chronist Schneiders weiß dies aus dem Gemeindearchiv. Insgesamt gab es zwischen 1825 und 1913 mehr als 500 Auswanderer aus Pünderich. Mehr als 300 zog es nach Amerika, den Rest nach Brasilien. 1857 könnte das Schiff der Serwazis das einzige gewesen sein, denn in diesem Jahr wanderten nur 20 Personen nach Amerika aus.

Vielleicht haben schon damals die Kinder der Volksschule am Ufer gestanden und das Lied gesungen, dessen Text bis heute überlebt hat: „Tränen hab ich viele, viele vergossen, dass ich scheiden muss von hier. Doch mein lieber Vater hat es beschlossen, aus der Heimat wandern wir. Aus der Heimat wandern wir. Heut auf ewig von dir. Drum ade, so lebet wohl.“ Die Spur der Serwazis verliert sich daraufhin für zwei Jahre und taucht dann wieder auf: in Manayunk.Wenn Jim Niessen seine deutschen Vorfahren besuchen möchte, dann fährt er in den Nordwesten der Stadt Philadelphia. Dort stehen auf einer fußballfeldgroßen Wiese Dutzende Grabsteine – auf ihnen sind fast nur deutsche Namen zu lesen. „Hier ruhet in Gott“, heißt es auf der Inschrift eines Grabsteins. In der Mitte des St. Mary's Cemetery in Roxborough steht ein schlichter, weißer, rechteckiger, oben abgerundeter Stein. In kaum noch lesbaren Buchstaben steht dort: „Father and Mother, Albert Serwazi, Anna Serwazi“. Die Auswanderer aus Pünderich an der Mosel haben hier ihren Frieden gefunden. Es sind die Ururgroßeltern des New Yorkers. Nur zwei Schritte entfernt ist das Grab ihres ältesten Sohns Peter Serwazi: ein großes verziertes Kreuz. „Ist das nicht ein wunderbares Monument“, sagt Jim Niessen. Direkt davor steht der Grabstein der ältesten Serwazi-Tochter Barbara und ihres ebenfalls aus Pünderich stammenden Ehemanns Martin Franzen. Einige Schritte weiter ruhen unter einem schwarzen Gedenkstein die zweitälteste Serwazi-Tochter Gertrud und ihr ebenfalls aus Pünderich ausgewanderter Ehemann Peter Rockenbach.

Jim Niessen, der im New Yorker Stadtteil Queens lebt und als Bibliothekar an der renommierten Rutgers University in New Brunswick (New Jersey) arbeitet, hat zusammen mit seinem Bruder Len mehrere Bücher über die Geschichte seiner Familie geschrieben. Allein anhand der Gräber auf diesem Friedhof kann Jim vieles aus der Geschichte seiner Vorfahren erzählen. Denn es ist die Grabstätte der katholischen St.-Mary's-Kirche in Manayunk, die 1849 gegründet wurde. Fast alle Mitglieder waren damals Deutsche. „Die Messe wurde natürlich auf Latein gehalten, aber die Gesänge, die Beichte, die Glaubensbekenntnisse und Gebete wurden auf Deutsch gesprochen“, berichtet Jim.

Doch auch die Gräber können ihm nicht erklären, wie seine Urahnen die beschwerliche Reise in die Neue Welt zusammen mit acht Kindern überlebten. „Es gibt eine Lücke zwischen 1857 und April 1859, als Albert Serwazi in Manayunk schließlich einen Antrag auf Einbürgerung in die USA stellte.“ Über welchen Hafen sind die Serwazis ausgewandert? Haben sie den weiten Weg nach Norddeutschland gewählt, nach Hamburg oder gar Bremerhaven? Oder sind sie wie viele Auswanderer zuvor über Rotterdam oder Le Havre und dann Liverpool nach New York gereist? Und wo erreichten sie Amerika? In Castle Garden, am Südzipfel Manhattans? Oder reisten sie direkt nach Philadelphia, nach Manayunk, das am Delaware Fluss liegt? Alle Recherchen zu dieser Frage blieben erfolglos. Auch zu den Rockenbachs und Franzens aus Pünderich fanden sich in den Auswanderer- und Schifffahrtsregistern in Bremerhaven und Hamburg keine Spuren.

Doch Anfang der 1860er-Jahre wurden die Pündericher zu Bürgern von Manayunk, wie der Einbürgerungsantrag Albert Serwazis und seine Heiratsurkunde belegen. 1854 war der Ort Stadtteil von Philadelphia geworden. Bereits in den 1830er-Jahren hatte Manayunk viele Einwanderer aus Deutschland und anderen europäischen Staaten angezogen, weil es dort eine wachsende Textilindustrie gab. Eine der ersten Gruppen, die nach Manayunk kam, waren Auswanderer aus dem Schwarzwald. Auf sie folgten die Moselaner, denen es wieder andere gleich taten. „Es war ein klassischer Fall einer Kettenauswanderung“, sagt Jim Niessen. Im Landeshauptarchiv Koblenz ist nachzulesen, dass der Onkel der 1852 aus Pünderich ausgewanderten Brüder Rockenbach bereits seit Längerem in einer Seidenfabrik in Philadelphia arbeitete. Der Onkel wünschte, dass einer der Söhne nach Amerika kommt, „dass er dort sein gutes Unterkommen finden würde“. Jakob Rockenbach, 19 Jahre, wurde ausgewählt, weil er „für den Militärdienst zu schwach zu sein scheint“, heißt es im Auswanderungsantrag.

Peter Serwazi, der älteste Sohn von Albert und Anna Maria, heiratete am 
15. August 1864 eine Frau aus Schutterwald im Schwarzwald: Teresa Rothmann, 1857 nach Amerika ausgewandert. Natürlich gaben sie sich das Jawort in der St-Mary's-Kirche in Manayunk. Das indianische Wort bedeutet übrigens „wo wir zum Trinken hingehen“. Es wurde das Motto der ersten Auswanderergeneration der Serwazis in Philadelphia. Denn Albert Serwazi und sein ältester Sohn Peter suchten sich keine Arbeit in der Textilindustrie – sie machten sich selbstständig. Albert und Anna Maria Serwazi firmierten im Telefonbuch von 1865 als Hotelbesitzer in Manayunk. Fünf Jahre später ist er Besitzer eines „Lager Beer Saloon“ – einer Kneipe, würde man heute sagen. 1888 stirbt Albert an chronischer Gastritis, seine Frau Anna drei Jahre später an Herzversagen.

Auf ihren ältesten Sohn Peter wartete drei Jahre nach der Auswanderung eine der größten Bewährungsproben seines jungen Lebens: Nachdem er zunächst im Hotel seines Vaters gearbeitet hatte, meldete er sich 1861 als 23-Jähriger freiwillig für den Dienst als Soldat in der Armee der Unionisten im amerikanischen Bürgerkrieg. Zusammen mit seinem erst 16-jährigen Bruder Joseph kämpfte er als Sergeant in den Reihen der Nordstaaten. Jim Niessen will herausgefunden haben, dass sehr viele deutsche Einwanderer aus Manayunk, so viele wie aus keiner anderen amerikanischen Kleinstadt, sich freiwillig für den Militärdienst im Bürgerkrieg meldeten – wohl um so ihren Patriotismus und ihre Zugehörigkeit zur neuen Heimat zu demonstrieren. Die Serwazi-Brüder waren damals noch keine Amerikaner, sondern Deutsche, besser gesagt Preußen. Vielen, oft armen Einwanderern ging es aber nicht nur um patriotische Gefühle, sondern einfach darum, dass sie durch den Kriegseinsatz gutes Geld verdienen konnten.

Joseph und Peter waren Teil des 27. Infanterieregiments von Pennsylvania, eines von vier rein deutschen Truppenteilen aus Philadelphia. Sie kämpften in Gefechten, die zu Legenden der amerikanischen Geschichte geworden sind und noch heute auf den Originalschauplätzen nachgestellt werden: die Schlachten von Bull Run und Gettysburg. Auf einer Tafel der Gedenkstätte von Gettysburg findet sich neben vielen deutschen Namen auch Sergeant Peter Serwazi. Im Bürgerkrieg erlebten die Serwazi-Brüder ihre Taufe als amerikanische Staatsbürger. Jim Niessen erzählt es so: Zu Beginn des Krieges waren die deutschen Regimenter zutiefst germanisiert. Die Soldaten sprachen untereinander Deutsch, die Befehlsbücher waren in Deutsch geschrieben. Und die Offiziere ermutigten ihre Soldaten sogar dazu, die Sitten und Gebräuche aus ihrer Heimat zu pflegen. Zu den Mahlzeiten gab es Wurst, Sauerkraut und deutsches Bier. Typisch amerikanisches Weißbrot lehnten die Soldaten strikt ab. Die Musikgruppen der Regimenter spielten deutsche Marschmusik. Nicht deutsche Beobachter waren völlig konsterniert, weil die Soldaten ständig sangen – sogar auf dem Weg in die Schlacht und bis hinein in den Morgen. Im Brief eines deutschen Einwanderers aus Philadelphia heißt es: „Es sind immer die Deutschen, die besonders mutig sind und am besten kämpfen.“ In der Tat waren die Deutschen durchschnittlich älter als die amerikanischen Soldaten und durch den Militärdienst in ihrer Heimat oft deutlich erfahrener. Ihre Offiziere wie Franz Sigel oder der bekannte Auswanderer und spätere Senator von Missouri, Carl Schurz, waren legendäre Militärführer auch außerhalb der deutschen Reihen.

Doch all dies änderte sich, als vor allem deutsche Regimenter während der Schlacht von Chancellorsville durch die Armee der Südstaaten besiegt und in die Flucht geschlagen wurden. Zwar konnten die Konföderierten durch das 27. Regiment der Serwazi-Brüder wieder zurückgedrängt werden. Doch in der Folge machte sich die amerikanische Presse um die New York Times über die „flying Dutchmen“ – wie sie die feigen, flüchtenden Deutschen spaßeshalber nannten – lustig. Danach war in den deutschen Regimentern Schluss mit lustig. Sigel nahm seinen Hut, Schurz wurde degradiert. Deutschsprachige Musikgruppen und Bierfässer verschwanden, Englisch ersetzte Deutsch in den Regimentern.

Zwar echauffierte sich die deutsche Presse noch Jahre später über diese Demütigung. Doch die Serwazi-Brüder zogen ihre Konsequenzen. Joseph und Peter wurden kurz nach dem Bürgerkrieg amerikanische Staatsbürger. Allerdings lebte ihre deutsche Kultur noch lange fort. So heirateten die Nachkommen der Auswanderer weiter deutsche Frauen, Joseph Serwazi 1867 die Deutsche Theresa Weinmann. Und selbst die dritte Serwazi-Generation nach der Auswanderung blieb dabei: Das achte von 13 Kindern, die Peter Serwazis Frau Theresa zur Welt brachte, ihr Name war Theresa Helen Serwazi, heiratete im Jahr 1907 einen gewissen Emil Niessen. Der kam vom Niederrhein – wie einst der Urvater der Deutschen in Amerika, Franz Daniel Pastorius. Er verzauberte die Enkelin des Pündericher Auswanderers Albert Serwazi mit süßen Gedichten. „Dabei mischte er ab und zu ein deutsches Wort in seine sehr guten englischen Sätze“, sagt Jim Niessen in geschliffenem Englisch und schmunzelt über seinen Großvater.

Als er vor dem Grab seines Urahnen Albert Serwazi steht, erzählt er in fast akzentfreiem Deutsch, womit dessen Söhne Peter und Joseph, die Bürgerkriegshelden, berühmt wurden. Sie hatten eine Flaschenfabrik in Manayunk, da „wo wir zum Trinken hingehen“. „Es sind noch viele Flaschen der Firma Serwazi im Boden von Manayunk zu finden.“ Jim Niessen hat noch viel auszugraben – hier in der neuen Heimat seiner Vorfahren aus Deutschland.