Ins Parteibuch der SPD-Größen geschaut: Warum sind Sie eingetreten?

Zum 150. Geburtstag der SPD haben wir prominente Parteimitglieder gebeten, uns ihr Parteibuch zu zeigen – und zu erzählen, warum sie einst Mitglied wurden.

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Egon Bahr (91), früherer Bundesminister: „Als Korrespondent des Berliner ,Tagesspiegels' in Bonn 1949 habe ich festgestellt, dass die SPD die einzige Partei war, die als politische Priorität die Deutsche Einheit erstrebte. Eines Morgens rief mich der Sprecher der Bundesregierung, Paul Bourdin, an.

Ich kannte den ehemaligen Chefredakteur des französisch lizensierten ,Kurier' mit seinen Adenauer-ähnlichen Neigungen zu Frankreich aus Berlin: Er sei gestern Abend mit dem alten Herrn nach Rhöndorf gefahren. Dabei sei klar geworden, dass Adenauer die Deutsche Einheit gar nicht wolle. Einige Tage danach trat er zurück.

Das erinnerte mich an ein Gespräch mit Jakob Kaiser, damals Vorsitzender der CDU in der sowjetisch besetzten Zone, im Sommer 1945. Er habe mit Karl Arnold in Nordrhein- Westfalen und im Ochsensepp in München ein Komplott verabredet, um dafür zu sorgen, dass ,Adenauer, dieser Separatist' nicht die ganze CDU in die Hand bekommt.

Vor diesem Hintergrund kündigte ich Kurt Schumacher an, in die SPD einzutreten. Seine Reaktion: Ihm sei es lieber, wenn ich nicht seiner Partei zugerechnet werde. Willy Brandt, inzwischen Landesvorsitzender in Berlin, beschied meine Absicht: Unter Umständen könne man von außen mehr erreichen als von innen. Nachdem Erich Ollenhauer 1956 den Aufstand in Ungarn ganz abwegig kommentiert hatte, prophezeite ich Brandt eine krachende Niederlage für die Wahlen 1957 und erklärte, jetzt bestünde ich auf Mitgliedschaft.

Milde lächelnd entschied er: Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen. Im dritten Anlauf wurde ich im Oktober 1956 Mitglied der SPD.“

Malu Dreyer (51), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz: „Die SPD steht wie keine andere Partei für Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität. Das entspricht meiner innersten Überzeugung und meinem Gesellschaftsbild. Ich bin in die SPD eingetreten, um mich dazu zu bekennen und daran mitzuarbeiten, diese Ziele immer wieder zu verwirklichen.“

Andrea Nahles (42), SPD-Generalsekretärin: „Ich war drei Jahre Mitarbeiterin der Rhein-Zeitung und konnte mir die Parteien so als neutrale Beobachterin ansehen. Die Sozialdemokraten waren mir sympathisch. Die SPD hat mich beeindruckt wegen ihrer Geschichte, ihrer wehrhaften Haltung zur Nazizeit und wegen der Debatte um eine sozialökologische Modernisierung unseres Landes. Ich komme aus einer Handwerkerfamilie und bin die Erste mit Abitur. Das spielt sicher auch eine Rolle. Aufstieg durch Bildung war immer ein Versprechen der SPD.“

Hannelore Kraft (51), stellvertretende SPD-Vorsitzende: „In die SPD bin ich vor allem eingetreten, weil die Partei dafür stand, Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen. Ich stamme selbst aus einfachen Verhältnissen und hätte ohne Bafög, das ja die Regierung Brandt eingeführt hat, nie studiert. Im Studium habe ich mich dann mit dem Thema ,Frauen im Management' beschäftigt. Dabei kam ich mit der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen in Kontakt. Ich sehnte mich nach politischen Gesprächen, und in der SPD konnte ich sie führen.“