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Grindel scheiterte an seinem moralischen Anspruch: DFB-Chef machte Fehler am Fließband

Grindels Zeit ist abgelaufen: Der DFB-Chef wirft das Handtuch.
Grindels Zeit ist abgelaufen: Der DFB-Chef wirft das Handtuch. Foto: dpa

Nach rund fünf Minuten hatte Reinhard Grindel sein Mea-culpa-Statement hinter sich gebracht. Fünf Minuten, in denen der gescheiterte DFB-Präsident sich auch selbst die Frage stellte: „Wie ist das passiert?“ Eine geschenkte Luxusuhr von einem umstrittenen Funktionärs-Kollegen aus der Ukraine hat den viel kritisierten Chef des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) letztlich endgültig stolpern lassen. Nur 1082 Tage nach seiner Wahl zum DFB-Präsidenten ist die Amtszeit des selbsternannten Erbauers eines „neuen DFB“ schon wieder vorbei – kürzer war in den immerhin 119 Jahren DFB nur Friedrich Wilhelm Nohe von 1904 bis 1905 an der Verbandsspitze.

Lesezeit: 3 Minuten
Schon der erste große Wunsch von Grindel als DFB-Präsident war nach wenigen Monaten passé. Aus dem EM-Titel 2016, den er sofort nach seiner Wahl als Ziel ausrief, wurde bekanntlich nichts. Vorzuwerfen war ihm zumindest das nicht. Aber Grindel ist im höchsten deutschen Fußballamt vor allem an sich selbst gescheitert. Der ...
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Kommentar: Ein überfälliger Rücktritt

Das ganze Missverständnis Reinhard Grindel dokumentiert sich in der Rücktrittserklärung des DFB-Präsidenten nach dreijähriger Amtszeit. Wortreich laviert sich der 57-Jährige durch den Vorgang um eine noble Uhr, die er sich 2017 von seinem ukrainischen Sitznachbarn im Uefa-Exekutivkomitee hatte schenken lassen. Gerade so, als trüge er am Handgelenk den einzigen Makel seines ach so großartiges Wirkens beim größten Sportfachverband der Welt.

Alessandro Fogolin zu DFB-Präsident Reinhard Grindel

Dass seine Zeit an der DFB-Spitze, von der nicht wenige denken, sie hätte besser nie begonnen, in Wahrheit längst abgelaufen war, hatte Grindel, der bis 2016 maximal unauffällige CDU-Abgeordnete im Bundestag, in bester Politiker-Manier lange Zeit ignoriert. Da war es hilfreich, dass die Landesfürsten bis zuletzt wie ein Mann hinter Grindel standen – bis es einfach nicht mehr ging.

Die Fehler und Fettnäpfchen Grindels aber waren zahlreich und auffällig. Da war die Causa Özil, in der der DFB-Chef das denkwürdig schlechteste Bild abgab, bis hin zum begründeten Vorwurf, Rassismus im Umgang mit der Nationalelf zuzulassen. Da waren die widersprüchlichen Aussagen zum Umgang mit den ausgemusterten Bayern-Nationalspielern, in dem Grindel seinem Bundestrainer Joachim Löw Fehler vorwarf, von denen er kurz später nichts mehr wissen wollte. Da war der spontane Abbruch eines TV-Interviews, weil ihm die Fragen nicht behagten. Und da waren nun diverse Zahlungen, die so gar nicht passten zu dem Vorhaben, den DFB transparenter machen zu wollen. Auf eine Uhr mehr oder weniger kam es da längst nicht mehr an.

Aus Grindels Amtszeit ist nie ersichtlich geworden, was ihn eigentlich als DFB-Präsidenten befähigte. Nun wäre es an der Zeit, eine Diskussion darüber zu führen, was sein Nachfolger können sollte. Ob es nicht etwa hilfreich wäre, auf jemanden zu setzen, der dem Fußball deutlich nähersteht als der Politik. Und dem es mehr um die Sache geht als um sich.

Grindel soll seine Posten bei Uefa und Fifa behalten

Reinhard Grindel behält auch nach seinem Rücktritt als DFB-Präsident seine Posten bei Uefa und Fifa. Der 57-Jährige werde die Ämter im Exekutivkomitee des europäischen Dachverbands und im Council des Weltverbands „in enger Abstimmung mit dem DFB“ fortführen, teilte der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag mit.

Die beiden Ämter im internationalen Fußball werden mit rund einer halben Million Euro pro Jahr entlohnt. Sie sind an die Person gebunden, nicht an das Amt beim DFB. Bei der Uefa ist Grindel bis 2021 gewählt. Ins Council des Weltverbandes wurde er gerade im Februar für vier weitere Jahre wiedergewählt. Offizieller Beginn des neuen Mandats bis 2023 ist allerdings erst beim Fifa-Kongress am 5. Juni in Paris.

Auch die Grindel-Vorgänger Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger waren noch lange in internationalen Funktionen, obwohl sie beim Deutschen Fußball-Bund schon keinen Posten mehr hatten.

Reinhard Grindel (57)

Geboren: 19. September 1961 in Hamburg

Familienstand: verheiratet, zwei Kinder

Beruf: bis 2002 Journalist, u.a. für Sat.1 und ZDF; 2002–2016 CDU-Bundestagsabgeordneter

Funktionärs-Karriere im Fußball: 2011–2014 1. Vizepräsident des Niedersächsischen Fußballverbandes: 2013–2016 DFB-Schatzmeister; April 2016 bis April 2019 DFB-Präsident; seit April 2017 Mitglied im Uefa-Exekutivkomitee, Uefa-Vizepräsident Governance; seit

April 2017 Europäisches Mitglied im Fifa-Council (offizielle Aufnahme beim Fifa-Kongress am 11. Mai 2017)