München

Gedenken: Schwarze Ballons zeugen von Trauer um die Opfer

Zeigen ihre Trauer: Vor Prozessbeginn gedachten die Menschen vor dem Gerichtsgebäude der Opfer des rechten Terrors.
Zeigen ihre Trauer: Vor Prozessbeginn gedachten die Menschen vor dem Gerichtsgebäude der Opfer des rechten Terrors. Foto: dpa

Hunderte schwarze Luftballons steigen in den Himmel über München. Zum Auftakt des Prozesses gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe sind viele Menschen vor das Gerichtsgebäude nach München gekommen, um gemeinsam zu trauern und ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Immer wieder beschreiben die Angehörigen der NSUMordopfer, wie sehr sie darunter leiden, ihre Trauer nicht ausgelebt haben zu können.

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Sie wurden zum Teil selbst verdächtigt und von Nachbarn gemieden. „Wir teilen die Trauer der Familien und wollen ihnen das auch zeigen“, sagt Mahir Zeytinoglu vom Koordinierungsrat der türkischen Vereine Südbayern, der gemeinsam mit der Türkischen Gemeinde Bayern einen Kranz zum Gedenken der zehn Mordopfer im Vorhof des Justizzentrums niederlegt. Der NSU soll neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet haben.

Zeigen ihre Trauer: Vor Prozessbeginn gedachten die Menschen vor dem Gerichtsgebäude der Opfer des rechten Terrors.
Zeigen ihre Trauer: Vor Prozessbeginn gedachten die Menschen vor dem Gerichtsgebäude der Opfer des rechten Terrors.
Foto: dpa

Nur wenige Zuschauer können an dem als Jahrhundertprozess bezeichneten Verfahren teilnehmen. Als Zeichen der Solidarität kommen am Montagvormittag einige Hundert Menschen zu Kundgebungen und Mahnwachen vor das Gericht. Der Prozess gegen Zschäpe und Helfer der Terrorgruppe bewegt die Gemüter. Neben der Trauer kommt bei vielen Menschen auch Wut auf. Zwei junge türkischstämmige Frauen wollen Barrieren durchbrechen und in den Gerichtssaal.

Zeigt den Fotografen den Rücken: Angeklagte Beate Zschäpe.
Zeigt den Fotografen den Rücken: Angeklagte Beate Zschäpe.
Foto: dpa

Als die Polizei einschreitet, um sie daran zu hindern, kommt es wenige Minuten vor Prozessbeginn zu Tumulten. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) schlichtet. „Mit dieser Emotionalität müssen wir leben und uns auseinandersetzen.“ Insgesamt sei die Solidaritätswelle vor dem Prozess sehr groß gewesen, sagt der Vorstandssprecher der Türkischen Gemeinde in Bayern, Vural Ünlü.

„Wir merken allgemein in der deutschen Öffentlichkeit, dass es eine breite Solidarität gibt.“ Einer, der diese Solidarität zeigt, ist Helmut. 17 Stunden hat er angestanden in der Schlange vor dem Münchner Justizzentrum, um in den Saal zu kommen.

„Wenn es gegen Rechts ist, nehme ich alles in Kauf“, sagt der 68-jährige Münchener, der seinen Nachnamen nicht verraten will. Wenn er einen Platz im Saal habe, könne dort schon mal kein Nazi sitzen, erklärt er. Unter dem weißen Zelt vor dem Gebäude stellen sich die meisten Interessenten am frühen Morgen an, um in den Gerichtssaal zu kommen.

Da sind Journalisten ohne festen Platz genauso wie Bürger. Später schaffen es auch zwei Neonazis, als Zuschauer nachzurücken. Die Sicherheitsvorkehrungen sind gewaltig. 500 Polizisten sind im Einsatz. Die Straßen werden zeitweise abgesperrt, Spezialkräfte überwachen den Luftraum. Sami Demirel sitzt auf einem Kissen zwischen den Absperrungen. „Eine schmerzliche Sache“ seien die Taten des NSU für die türkische Gemeinschaft gewesen, erklärt der 51-Jährige.

Vom Gericht erwartet er daher nicht nur einen Schuldspruch. „Sie müssen irgendetwas machen, damit wir den Glauben an die Gerechtigkeit nicht verlieren.“

Von Benno Schwinghammer, Özlem Yilmazer und Elena Zelle