Herrstein/Kassel

Expertin: Tödliche Gewalt an Enkeln äußerst selten Gespräch

Im Kreis Birkenfeld ist ein zweijähriges Mädchen getötet worden
Am Sonntag ermittelte die Polizei weiter und befragte Nachbarn. Foto: Konrad Geidies

Dass Großeltern ihre kleinen Enkel töten, ist aus Expertensicht äußerst selten. „Mir ist kein einziger Fall bekannt“, sagte die Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen, Professorin Theresia Höynck, am Montag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Kassel. „Das ist völlig atypisch.“

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Sie kenne höchstens Fälle, in denen Großeltern indirekt in tödliche Verbrechen an Kindern verwickelt gewesen seien, etwa durch unterlassene Hilfe. In Herrstein im Hunsrück soll am Wochenende eine 55-jährige Oma ihre zweijährige Enkelin mit einem Messer umgebracht haben.

„Diese Taten entstehen meist in einer Konflikt- oder einer Überforderungssituation oder in einer Paarung von beidem“, erklärte Höynck. In der Regel trügen aber die Eltern die Alleinverantwortung für ihre Kinder. „Selbst wenn Großeltern in der Versorgerrolle sind, haben sie typischerweise ein Ventil.“ Denn wenn sie sich bei Überforderung entziehen wollten, könnten sie die Betreuung verweigern. Dann wachse der Druck auf die Eltern, sagte die Juristin.

Tödliche Verbrechen mit Kindern als Opfer passieren nach Höyncks Worten grundsätzlich häufiger „im sozialen Nahraum“ als mit fremden Tätern. „Bei zweijährigen Kindern ist ein Fremdtäter wirklich die Ausnahme.“ Komme es dennoch dazu, würden Kleinkinder eher aus Zufall zu Todesopfern.

Von Jens Albes