Eveline Lemke: Ein Gesichtsverlust

Deutschland sieht schlecht aus. Bei den Weltklimaverhandlungen in Doha ist der einstige Vorreiter und Antreiber zum Mitläufer geworden, wenn nicht sogar zum Bremser.

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Wie konnte das passieren? Im Vorfeld der Konferenz hängte sich Bundesumweltminister Altmaier weit aus dem Fenster. Notfalls wolle er den widerstrebenden EU-Partner Polen übergehen, damit die EU ihr Ziel, bis 2020 20 Prozent weniger Treibhausgase zu emittieren, auf 30 Prozent erhöhen werde. Kabinettskollege und Wirtschaftsminister Rösler legt dagegen sein Veto ein, vorgeblich weil er um die Kosten für die Wirtschaft fürchtet. Und die Kanzlerin stellt den Koalitionsfrieden über den Klimaschutz und ihren Parteifreund in den Regen.

Folge dieser innenpolitischen Rangelei ist, dass Deutschland in der EU keine Position hat. Vor allem auf Druck osteuropäischer Staaten wie Polen setzt sich in Brüssel die Position durch, die es lieber bei den 20 Prozent belassen will.

Nur hat die EU die 20 Prozent weniger Treibhausgase aber praktisch schon erreicht. Damit kommt die EU-Position in Doha einem klimapolitischen Stillstand gleich. Der Vorreiter im bisherigen Verhandlungsprozess wirft den Führungsstab weg. Und niemand hebt ihn auf. In Doha setzt sich Altmaier zur Wehr. Die Anstrengungen zum Klimaschutz, etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien, würden unvermindert weitergehen, sagt er.

Aber auch China und die USA, die nach wie vor die bösen Buben bei den Klimaschutzverhandlungen geben, beteuern, sie würden zu Hause sehr viel tun. Nur internationale Verpflichtungen könnten sie nicht eingehen. Da sind Deutschland und die EU jetzt auch angekommen!

Das Land der Energiewende und der einstige Vorreiter in Sachen Klimapolitik hat in Doha sein Gesicht verloren. Jetzt möchte man nach der „Klimakanzlerin“ rufen. Wenn man nicht wüsste, dass dieser Ruf ohnehin ungehört verhallen würde.