Boston

Boston: Eine ganze Stadt trauert mit der Familie Richard

Was für eine Tragödie: Das ist der achtjährige Martin Richard, der bei den Bombenanschlägen von Boston ums Leben kam. Das Bild entstand bei einem Friedensmarsch, den die Schule des Jungen im Mai 2012 veranstaltet hatte. Auf dem Poster stehen die Worte „No more hurting people – peace“, auf Deutsch: „Verletze keine Menschen mehr – Frieden.
Was für eine Tragödie: Das ist der achtjährige Martin Richard, der bei den Bombenanschlägen von Boston ums Leben kam. Das Bild entstand bei einem Friedensmarsch, den die Schule des Jungen im Mai 2012 veranstaltet hatte. Auf dem Poster stehen die Worte „No more hurting people – peace“, auf Deutsch: „Verletze keine Menschen mehr – Frieden. Foto: DPA

Die Magnolien in den sonnenbeschienenen Vorgärten blühen rosa, die Forsythiensträucher gelb, und laut singen die Vögel. Es könnten die fröhlichen ersten Frühlingstage im Bostoner Vorort Dorchester sein – wenn nicht ein im Wind flatterndes neongelbes Band das Bild stören würde. „Boston Police Line Do Not Cross“, steht in großen schwarzen Buchstaben darauf.

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Die Polizei hat die Gegend um ein dunkelblaues Haus mit weißen Fensterrahmen auf der Carruth Street weiträumig abgesperrt, Einsatzwagen stehen an den Zufahrten, Journalisten mit Fernsehkameras drängen sich davor. In diesem Haus lebt die wohl am schlimmsten von den Bombenanschlägen betroffene Familie: Der achtjährige Martin ist tot, seiner Schwester musste ein Bein amputiert werden, und auch die Mutter liegt schwer verletzt im Krankenhaus.

Was für eine Tragödie: Das ist der achtjährige Martin Richard, der bei den Bombenanschlägen von Boston ums Leben kam. Das Bild entstand bei einem Friedensmarsch, den die Schule des Jungen im Mai 2012 veranstaltet hatte. Auf dem Poster stehen die Worte „No more hurting people – peace“, auf Deutsch: „Verletze keine Menschen mehr – Frieden.
Was für eine Tragödie: Das ist der achtjährige Martin Richard, der bei den Bombenanschlägen von Boston ums Leben kam. Das Bild entstand bei einem Friedensmarsch, den die Schule des Jungen im Mai 2012 veranstaltet hatte. Auf dem Poster stehen die Worte „No more hurting people – peace“, auf Deutsch: „Verletze keine Menschen mehr – Frieden.
Foto: DPA

Sie alle wollten den Marathon an der Ziellinie verfolgen – dann explodierten die Bomben. „Wir kämpfen mit unserer Trauer“, ließ Familienvater Bill Richard per E-Mail verbreiten. Dazu ein Foto seines Sohnes Martin, dem jüngsten der mindestens drei Toten der Anschläge: Ein kleiner Junge mit großen braunen Augen, im Trikot des örtlichen Eishockey-Vereins Boston Bruins, der mit seinen kindlich hervorstehenden Schneidezähnen grinsend unter einer Kappe hervorschaut.

Sportbegeistert und immer gut gelaunt – genau so war er, sagen Andres und Alejandro Caldron. Gemeinsam mit ihrem Vater José sind die beiden neun Jahre alten eineiigen Zwillinge in die Carruth Street gekommen, um einen Fußball vor das dunkelblaue Haus zu legen. „Damit haben wir immer zusammen gespielt“, sagt Andres. Die Zwillinge gehen in die vierte Klasse der Schule des Vororts, in der Martin die dritte Klasse besuchte, und waren gut mit ihm befreundet.

„Nach der Schule haben wir Fußball gespielt. Und in der Schule haben wir uns immer in der Mittagspause gesehen. Dann hat Martin Witze gemacht und alle zum Lachen gebracht. Er war so lieb – wenn es heiß war und er ein Eis hatte, hat er es immer mit uns geteilt.“ Einen Straßenblock hinter den dreien gehen währenddessen fast minütlich Menschen zur Eingangstür des gepflegten dunkelblauen Hauses und legen Blumen, Spielzeuge und Zettel nieder.

Die Familie Richard sei in der Gegend sehr beliebt, erzählt eine Frau mit Hund, die ihren Namen nicht nennen will. „Die Kinder sind sehr lieb. Ich erinnere mich, dass Martin immer meinen Husky streicheln wollte.“ Nach den Anschlägen trafen sich Freunde und Bekannte der Familie spontan beim Vorort-Italiener „Tavolo“, um gemeinsam zu trauern.

Nicht weit davon entfernt hat die Gemeinde an einer Kreuzung die Zeiger einer Straßenuhr angehalten und einen schwarzen Trauerflor darumgehängt. Die Uhr zeigt nun ständig zehn vor drei Uhr an, den Zeitpunkt, als die Bomben explodierten. Hunderte Menschen versammelten sich in einem Park des Viertels, um mit Kerzen und Gesängen dem toten kleinen Jungen zu gedenken. Martin habe in jeder Situation einen Witz reißen können, erinnert sich sein Freund Alejandro.

„Einmal hat er sein Butterbrot fallen lassen und mit dem Fuß wieder aufgefangen. Dann hatte es ganz viele schwarze Flecken. Wir haben mit ihm gewettet, dass er es nicht mehr isst – aber er hat es doch gegessen, und wir haben alle gelacht.“ Nun müssten sie aber wirklich los, mischt sich sein Vater José ein. „Zum Fußballtraining. Das Leben muss weitergehen.“

Von Christina Horsten