Rom

Benedikt XVI. geht – wer kommt danach?

Welche Richtung schlägt die katholische Kirche nach der Ära Benedikt XVI. ein? Diese Frage bewegt die Gläubigen nach der völlig überraschenden Rücktrittsbotschaft des Papstes. Weltweit wurde die Entscheidung des 85-jährigen Joseph Ratzinger, sein Pontifikat aus Altersgründen zum 28. Februar niederzulegen, aber auch mit höchstem Respekt aufgenommen.

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Noch vor Ostern soll ein Nachfolger gewählt sein. Der deutsche Papst ist seit fast acht Jahren Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Katholiken. Mit seinem Rücktritt gibt zum ersten Mal seit mehr als 700 Jahren ein Papst freiwillig das Amt zurück. In seiner Ansprache teilte Benedikt in lateinischer Sprache mit, er spüre das Gewicht der Aufgabe, dieses Amt zu führen, habe lange über seine Entscheidung nachgedacht und sie zum Wohl der Kirche getroffen. Wörtlich sagte der Papst: „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.“

Er sei sich der Schwere dieser Entscheidung wohl bewusst, erkläre aber mit voller Freiheit, das ihm am 19. April 2005 von den Kardinälen anvertraute Amt auf dem Stuhl Petri abzugeben, sagte der Papst vor Kardinälen. Die Rücktrittsentscheidung ist nicht auf eine akute Erkrankung zurückzuführen, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Allerdings hätten in den vergangenen Monaten Benedikts Kräfte nachgelassen.

Welche Richtung schlägt die katholische Kirche nach der Ära von Benedikt XVI. ein? Diese Frage bewegt die Gläubigen nach der völlig überraschenden Rücktrittsbotschaft des Papstes. Wir zeigen Ihnen mögliche Nachfolger von Benedikt: Der 80-jährige nigerianische Kardinal Francis Arinze ist ein erfahrener Kurienkardinal. Er könne es sich gut vorstellen, dass erstmals ein Afrikaner Papst werde, hatte Benedikt einmal gesagt.

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Auch Angelo Bagnasco (70), Präsident der italienischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Genova, hat gute Chancen auf die Nachfolge auf dem Stuhl Petri. Seit 2007 gehört Bagnasco dem Kardinalskollegium an.

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Ebenfalls ein denkbarer Kandidat: Der 76-jährige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Bergoglio. Er konnte, Zeitungsberichten zufolge, bereits beim Konklave 2005 viele Stimmen auf sich vereinen.

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Kardinalstaatssekretär Tarcisio Cardinal Bertone ist der zweithöchste Mann in der katholischen Kirchenhierarchie. Der 78-Jährige ist wohl der Mann mit der größten politischen Macht im Vatikan und hat viele Kardinäle und Bischöfe auf seiner Seite.

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Der kanadische Kardinal Marc Ouellet (68) ist emeritierter Erzbischof von Québec und ein Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche. Im Juni 2010 wurde er zum Kardinalpräfekten der Kongregation für die Bischöfe und zum Präsidenten der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika. Laut einem irischen Buchmacher gilt der kanadische Kardinal derzeit als Favorit.

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Laurent Monsengwo Pasinya (73) ist Erzbischof von Kinshasa (Kongo). Seit 2010 ist Pasinya zudem Mitglied des Kardinalskollegiums.

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Der 70-jährige Kurienkardinal Gianfranco Ravasi aus Italien ist ebenfalls ein häufig genannter Kandidat auf die Nachfolge von Benedikt.

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Sao Paulos Erzbischof, der 63-jährige Kardinal Odilo Pedro Scherer: Der brasilianische Kardinal wird ebenfalls als möglicher Nachfolgekandidat für Papst Benedikt XVI gehandelt. Er sieht die Katholiken in Brasilien vor allem durch die neuen pfingstchristlichen Gemeinden unter Druck.

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Der 68-jährige Wiener Erzbischof Christoph Schoenborn gilt ebenfalls als aussichtsreicher Kandidat. Er ist seit 1995 Erzbischof und gehörte bereits 2005 dem Konklave an, dass Papst Benedikt XVI. wählte.

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Der 71-jährige Angelo Scola ist Erzbischof von Mailand. Bis zur Wahl Benedikts XVI. 2005 galt Scola in der Öffentlichkeit als aussichtsreicher Nachfolger

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Erzbischof von Manila, der 55-jährige Monsignor Luis Antonio Tagle zählt ebenfalls zum möglichen Kandidatenkreis: Im Oktober 2011 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Erzbischof von Manila, im 24. November 2012 dann zum Kardinal.

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Der 69-jährige Kurienkardinal Jean-Louis Tauran aus Frankreich ist Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche und derzeitiger Kardinalprotodiakon.

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Der 64-jährige ghanaische Kardinal Peter Turkson, seit 2009 Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, ist ebenso ein denkbarer Nachfolgekandidat.

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Nach dem Ende seiner Amtszeit wird Benedikt in ein Kloster im Vatikan umziehen. Ein genauer Zeitplan für die Wahl eines Nachfolgers steht noch nicht fest. Mit dem Ende des Pontifikats von Papst Benedikt XVI. beginnt am 28. Februar um 20 Uhr die Zeit der Sedisvakanz. Das ist die Zeit, in der das Amt des Papstes nicht besetzt ist – normalerweise vom Tod des Kirchenoberhaupts bis zur Wahl seines Nachfolgers.

Das Konklave, das den neuen Papst wählt, soll im März zusammengerufen werden. Wahrscheinlich werden 117 Kardinäle, darunter sechs deutsche, den neuen Papst unter sich wählen. Wer das sein könnte, darüber wird bereits spekuliert. Zwei Afrikaner sind immer wieder genannt worden – Kardinal Peter Turkson aus Ghana, aber auch der nigerianische Purpurträger Francis Arinze. Er könne es sich gut vorstellen, dass erstmals ein Afrikaner Papst werde, hatte Benedikt XVI. einmal gesagt.

Häufig war allerdings auch schon zu hören, die wachsende lateinamerikanische Kirche müsse den nächsten Pontifex stellen. Auf dem Petersplatz in Rom herrschte nach der Ankündigung Benedikts ungläubiges Staunen unter den Touristen und Gläubigen. Italiens Regierungschef Mario Monti nahm die Nachricht erschüttert auf. Aus aller Welt wurde dem Papst für seinen Schritt Respekt gezollt.

Die Bundesregierung in Berlin reagierte bewegt auf die Ankündigung. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Benedikt als einen der bedeutendsten religiösen Denker der Gegenwart. Auch der Theologe und Papst- Kritiker Hans Küng zollte Benedikt Respekt. „Zu hoffen ist aber, dass Ratzinger nicht Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nimmt“, betonte der 84-Jährige. Allerdings habe Benedikt XVI. so viele konservative Kardinäle berufen, dass unter ihnen kaum eine Person zu finden sei, „die die Kirche aus ihrer vielschichtigen Krise herausführen könnte“.