Moskau

Banken: Russland will die Schatulle öffnen

Stellen Hilfe für das krisengeschüttelte Zypern in Aussicht: Regierungschef Dmitri Medwedew (links) und Kremlchef Wladimir Putin.
Stellen Hilfe für das krisengeschüttelte Zypern in Aussicht: Regierungschef Dmitri Medwedew (links) und Kremlchef Wladimir Putin. Foto: dpa

Erst zierte sich Russland tagelang – nun hält das Riesenreich Wort und hilft dem krisengeschüttelten EU-Mitglied Zypern. Auch für Teile des Machtapparats überraschend weist Kremlchef Wladimir Putin seine Regierung an, die Anstrengungen Zyperns und der Europäischen Union doch zu unterstützen.

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Immer wieder hat Moskau betont, dass sich zunächst das Krisenland mit der EU auf den Kurs einigen muss, bevor auch Russland sich gesprächsbereit zeigt. Sobald alle Seiten zugestimmt hätten, könnten sofort die Verhandlungen beginnen, kündigt Vizeregierungschef Igor Schuwalow an. Dabei hatte kurz zuvor sogar noch Regierungschef Dmitri Medwedew äußerst zurückhaltend auf den Rettungsplan reagiert.

Stellen Hilfe für das krisengeschüttelte Zypern in Aussicht: Regierungschef Dmitri Medwedew (links) und Kremlchef Wladimir Putin.
Stellen Hilfe für das krisengeschüttelte Zypern in Aussicht: Regierungschef Dmitri Medwedew (links) und Kremlchef Wladimir Putin.
Foto: dpa

Die von Putin verordnete Hilfe aber ist nicht ganz selbstlos: Auf der Mittelmeerinsel liegt viel russisches – und ukrainisches – Kapital. „Zyperns Schatten ist auf Russland gefallen“, schreibt die Boulevardzeitung „Moskowski Komsomolez“. Auch die Regierung warnt vor Folgen, falls Zypern und dadurch die Euro-Zone in eine Abwärtsspirale gerieten. Nicht wenige Russen – auch in der Führung – glauben ohnehin, dass die EU mit der Finanzkrise die postsowjetische Finanzwelt aufmischen will. Um wie viele Milliarden aus Russland es sich tatsächlich handelt, kann angeblich nicht einmal Moskau selbst ganz genau sagen.

„Wir wissen nicht, ob es russisches Geld in den beiden größten zyprischen Banken gibt, die saniert werden sollen“, sagt Schuwalow. Auch in Moskauer Finanzkreisen herrscht Unklarheit, welche Auswirkungen der Rettungsplan denn nun auf russische Einlagen hat. Während manche Schätzungen von mehr als 20 Milliarden Euro ausgehen, beziffert der zyprische Zentralbankchef Panikos Demetriades die Summe auf „4,943 bis 10,225 Milliarden Euro, je nach Zählweise“.

Die größere Summe ergebe sich, wenn davon ausgegangen werde, dass alle Briefkastenfirmen Russen gehörten, meint der Topbanker – und bestätigt indirekt Vorwürfe, dass die Mittelmeerinsel Unternehmern aus dem Riesenreich als Geldwäscheparadies dient. Doch diese Anschuldigungen weist Moskau scharf von sich. Der Anteil illegalen Vermögens sei „äußerst unbeträchtlich“, meint Vizepremier Schuwalow.

„Zum größten Teil befinden sich russische Gelder völlig legal auf Zypern“, betont er. Gern verweisen Moskauer Staatsmedien darauf, dass bei Weitem nicht nur Steuersünder und halbseidene Geschäftemacher ihr Vermögen dort parken. Tatsächlich sind Anteilseigner von Weltkonzernen dort gemeldet, wie etwa vom Magnitogorsker Hüttenkombinat (MMK), einem der größten Stahlproduzenten weltweit, vom Gasproduzenten Novatek – der Nummer zwei nach Gazprom – oder vom Bunt- und Edelmetallproduzenten Norilsk Nickel.

Auch deshalb reagiert Russland nach wie vor äußerst gereizt auf den Plan, auf Spareinlagen von mehr als 100 000 Euro eine Zwangsabgabe zu erheben. „Das ist legaler Diebstahl“, schimpft Juri Pjanych von der Vereinigung russischer Geschäftsleute auf Zypern. „Zudem verletzt dies eine Reihe fundamentaler internationaler Verträge.“ In Moskau wettert auch Regierungschef Dmitri Medwedew weiter gegen den „Raub“ von zyprischen Bankkonten – und die Führung nutzt die Chance zum Seitenhieb gegen die EU. „Das russische Bankensystem ist von Natur aus verlässlicher als das europäische“, tönt Vizepremier Schuwalow.

So sei das größte Geldhaus auf Zypern mit russischer Beteiligung „praktisch die einzige gesunde Bank“ auf der Mittelmeerinsel. „Kein Investor sollte sich darauf verlassen, dass sein Geld in der EU zu 100 Prozent sicher ist.“ Russland fühlt sich offensichtlich wohl in seiner Rolle als gefragter Helfer.

Von Benedikt von Imhoff