Wandern, wo die Arnims Wurzeln schlugen

Nicht nur rund ums Schloss Boitzenburg laden in der Uckermark viele alte Wege, die noch nicht asphaltiert sind, zum Wandern unter prächtigen alten Baumalleen hindurch ein.
Nicht nur rund ums Schloss Boitzenburg laden in der Uckermark viele alte Wege, die noch nicht asphaltiert sind, zum Wandern unter prächtigen alten Baumalleen hindurch ein. Foto: Markus Müller

Wahrscheinlich wissen die wenigsten nach dem Krieg geborenen Westdeutschen so richtig, wo die Uckermark liegt oder woher der Name kommt – auch wenn die Kanzlerin aus der Region stammt. Grund genug also, es wie Theodor Fontane vor mehr als 150 Jahren zu machen und ein wenig durch diese Gegend zu wandern.

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Von unserem Redakteur Markus Müller

Wir starten an der Gollmitzer Wassermühle – von der hier später noch die Rede sein wird – in der Großgemeinde Nordwestuckermark und haben auf den ersten Kilometern Ulrike Dittmann dabei. Was das Wandern nicht unbedingt einfach macht, denn die Gärtnerin und zertifizierte Kräuterpädagogin stoppt unseren forschen Schritt schon nach ersten Metern an einer klaren Quelle: „Wissen Sie, was das ist?“, fragt sie und deutet auf Grünzeug, das sich im Wasser ausbreitet. Keine Ahnung, bewusst noch nie gesehen. „Brunnenkresse. Die wächst nur in ganz reinem Wasser.“ Flugs ein wenig von dem Grün ins Körbchen gepackt und weiter zu den nächsten Standorten, bis die Grundstoffe für ein kleines Kräutermenü beisammen sind und sich die Kräuterfrau verabschiedet.

Bald erreichen wir Naugarten, wo auf dem Gut Kokurin eine Unterwasserkamera den Blick live auf den Grund des renaturierten Sees mit seinem interessanten Tierleben bietet. Auf alten, groben Pflaster- und Plattenstrecken geht es weiter durchs Dorf auf die Zerweliner Heide mit ihren unter lockerem Baumbestand verlaufenden Sandwegen, auf denen sogar bei feuchtem Wetter die Schuhe sauber bleiben. Auf der „Uckermärker Landrunde“, die zum Teil auch mit dem prämierten Qualitätswanderweg „Großer Boitzenburger“ identisch ist, geht es flotten Schritts am kleinen Weiler vorbei, der der Heide ihren Namen gab, und unter einer alten Lindenallee hindurch weiter nach Boitzenburg.

Lenné schuf Landschaftspark

Die Runde durchs Dorf vorbei an der Ruine des ehemaligen Zisterzienserinnenklosters mit Klostermühle, die jetzt Produktionsmuseum ist, und durch den sogenannten Tiergarten mit seinen 500-jährigen Eichen endet am prächtigen Renaissanceschloss der Arnims von Boitzenburg, heute ein Jugendhotel. Rundherum sind noch viele Teile des von dem in Bonn geborenen und auch in Koblenz arbeitenden Peter Joseph Lenné geschaffenen englischen Landschaftsparks zu bewundern. Ein großes Stück frischer Blechkuchen im Marstall mit seiner gern besuchten Schaumanufaktur beschließt die Wanderung.

Am nächsten Tag steht eine Umrundung des Unteruckersees bei Prenzlau auf dem Programm. Da das zum Wandern etwas viel wäre, setzen wir aufs E-Bike. Ach ja, bevor wir starten: Die Uckermark und die Seen haben ihren Namen von dem knapp 100 Kilometer langen Fluss Ucker, der bei Alt Temmen entspringt und ins Oderhaff mündet. Er trägt interessanterweise in seinem Brandenburger Teil den Namen Ucker und in Mecklenburg-Vorpommern den Namen Uecker. Auf der Runde um den See wartet in fast jedem Dörfchen eine kleine Überraschung: der eine oder andere, mehr oder weniger gut erhaltene gewaltige Gutshof; eine alte Dorfkirche, auf deren Friedhof auf den Grabsteinen noch die Namen der alten Gutsbesitzer abzulesen sind, oder der kleine Dorfladen, der nicht nur ein Minigartencenter zu sein scheint, sondern auch an zwei kleinen Tischen vor der Tür frisch gebrühten Kaffee anbietet. Aber vor allem beeindrucken die Ufer des Sees nicht nur mit einigen Badestellen, sondern mit jeder Menge Natur, vor allem mit Vögeln. Störche direkt am Wegesrand sind da keine Seltenheit. Aber Obacht auf dem schmalen Radweg, sonst landet man schnell im sumpfigen Schilfgürtel. Kurz vor Prenzlau, dem Hauptort der Uckermark, der im Krieg zu 85 Prozent zerstört wurde, ist eine Pause Pflicht: „Das Seerestaurant Am Kap war schon zu DDR-Zeiten beliebt“, erinnert sich Heike Zumpe, die die Region touristisch betreut, und lacht: „Auch hier finden Sie wieder einen prominenten Namen: Inhaberin Kristine Hagenbeck stammt aus der Hamburger Tierparkfamilie.“ Nach dem leckeren Essen mit verschiedenen hausgemachten Sülzen wartet noch der Blick über den abendlichen See.

Östlich wird die Uckermark von der Oder begrenzt. Hier schützt der Nationalpark Unteres Odertal die Flussaue mit ihren angrenzenden Hängen, Laubmischwäldern und blütenreichen Trockenrasen. Das Schloss Criewen, in dessen Schlosspark die alte Dorfkirche integriert ist, ist heute Nationalparkzentrum. Wer hätte es gedacht: Hier begegnen uns am nächsten Tag wieder Lenné und weitere von Arnims wieder. Das moderne Parkinfozentrum ist fast menschenleer, der „Pfad der Auenblicke“ auch, was seinem Reiz allerdings nicht abträglich ist. Höhepunkt ist der auf Bohlen durch den Sumpf verlaufende Quellerlebnispfad.

Als Kanufahrer in Mühle verliebt

Am Nachmittag zurück im Quartier der Wassermühle Gollmitz wird es Zeit für einen Rundgang mit „Müller“ Kai Rogozinski durch die voll funktionsfähige Anlage, deren Wasserrad heute Strom aus dem Strom liefert: „Bei einer Kanufahrt auf dem Flüsschen Strom habe ich mich direkt in die heruntergekommene Anlage verliebt.“ Und er hat das prächtige Gebäude zu seiner Lebensaufgabe gemacht. Abends wandern wir noch einmal nach Naugarten auf den Hof Kokurin. Immerhin wollen wir uns im Landgasthaus zum Abschluss doch noch das Wildgulasch aus dem Naugartener Forst schmecken lassen.

Mehr Infos im Internet: www. tourismus-uckermark.de

Wissenswertes für Reisende

Anreise: Die Uckermark erreicht man mit Auto, Bahn und Flugzeug am besten über Berlin. Für Touren von Ort zu Ort empfiehlt sich das Auto oder ein robustes Fahrrad.

Zielgruppe: Die Uckermark ist für die ganze Familie geeignet, aber nicht für solche Menschen, die ohne großen Trubel nicht auskommen.

Beste Reisezeit: Frühjahr bis Herbst

Unsere fünf Ausflugstipps:

  • Uckermärker Wandertage entlang der Uckerseen im Mai
  • Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin mit Kloster Chorin
  • Unesco-Weltnaturerbe Buchenwald Grumsin
  • Seenlandschaft rund um das alte Flößerdorf Lychen
  • Besteigbarer Turm „Grützpott“ bei Stolpe an der Oder


Unser Autor hat in der Gollmitzer Wassermühle gewohnt. Diese Reise wurde unterstützt von Tourismus Marketing Uckermark und Tourismus Marketing Brandenburg.