Der Bergdoktor: Rezeptfrei für Millionen Fans

Die "Bergdoktor-Praxis" bei Ellmau am Wilden Kaiser ist Anziehungspunkt für viele Touristen.
Die "Bergdoktor-Praxis" bei Ellmau am Wilden Kaiser ist Anziehungspunkt für viele Touristen. Foto: Peter Burger

„Es ist einfach traumhaft schön hier und alles toll organisiert!“ Hella Geisbüsch aus Vallendar bei Koblenz kann ihr Glück noch immer nicht so recht fassen: Ihr Mann Karl hatte ihr zu Weihnachten eine „Bergdoktorwoche“ geschenkt. Jetzt sind die beiden nicht nur auf den Spuren der Grubers, sondern auch hautnah dabei, als Dr. Martin Gruber (Hans Sigl), Mutter Lisbeth (Monika Baumgartner), Tochter Lilli (Ronja Forcher) und Schwägerin Susanne (Natalie O’Hara) „Hof halten“. Und das für rund 1000 Fans von Deutschlands beliebtester TV-Arztserie: „Der Bergdoktor“.

Lesezeit: 5 Minuten
Anzeige

Die „Bergdoktor-Praxis“ bei Ellmau am Wilden Kaiser ist Anziehungspunkt für viele Touristen.

Peter Burger

Weil das Schild „Dr. Martin Gruber“ immer wieder gestohlen wurde, ist der Name von „Vertretungsarzt“ Dr. Melchinger angebracht.

Peter Burger

Das Sprechzimmer von „Bergdoktor“ Martin Gruber. Sogar der Rezeptblock liegt auf dem Schreibtisch.

Peter Burger

Bunte Blumenpracht an der Bergdoktor-Praxis.

Peter Burger

Der bekannteste TV-Frühstückstisch – auf dem „Gruberhof“ bei Söll.

Peter Burger

Im Innern des „Gruberhofs“. Mit viel Liebe zum Detail eingerichtet.

Peter Burger

Auf dem „Gruberhof“ im Gespräch mit dem „Bergdoktor“ Hans Sigl – unser Autor Peter Burger.

Walter Beyerlein

Täuschend echt: dieser Klinik-Flur liegt in einer Tennishalle von Ellmau.

Auch die Intensivstation des „Klinikums Hall“ ist reine Kulisse in einer Ellmauer Tennishalle.

Fan-Tag in Ellmau: „Bergdoktor“-Hauptdarsteller Hans Sigl begrüßt rund 1000 Fans vor der Kulisse des Film-Gasthofs „Wilder Kaiser“.

Peter Burger

Plausch im Plüschsessel beim Fantag (von links) Dr. Martin Gruber (Hans Sigl), Mutter Lisbeth (Monika Baumgartner), Tochter Lilli (Ronja Forcher) und Susanne Dreiseitl (Natalie O-Hara).

Peter Burger

Bis zu 1000 Fans himmeln den „Bergdoktor“ auf dem Dorflplatz von Ellmau an.

Peter Burger

Im Filmgasthaus „Wilder Kaiser“ – in Wirklichkeit ist das der Föhrenhof in Ellmau mit der echten Wirtin Maria Dold.

Peter Burger

Die Wochenbrunner Alm am Wilden Kaiser, Ausgangspunkt für Bergwanderungen.

Peter Burger

So ein Schmarrn – Kaiserschmarrn!

Peter Burger

Traumhafte Wanderwege laden im Kaisergebirge ein.

Peter Burger

Heiko Ruprecht, der den „Bergdoktor“-Bruder Hans Gruber spielt, kennt sich aus in den Bergen und wandert gerne.

Peter Burger

Das „Ellmauer Tor“ ist eines der schönsten Fotomotive im Kaisergebirge.

Peter Burger

Gruppen-Bergwanderung mit Heiko Ruprecht. Ein Erlebnis für alle „Bergdoktor“-Fans.

Peter Burger

Die Männer von der Bergwacht Scheffau – mehr als nur Statisten bei den Dreharbeiten zum „Bergdoktor“.

Peter Burger

Klettert selbst wie eine Gemse: Heiko Ruprecht alias Hans Gruber

Peter Burger

Zeigt seinen Fans, wo's am Berg langgeht: Heiko Ruprecht.

Peter Burger

Von unserem stellvertretenden Chefredakteur Peter Burger

Sie stehen mitten auf dem Dorfplatz von Ellmau vor der Doppelkulisse des Wilden Kaisers – im Hintergrund majestätisch das bis zu 2344 Meter hohe Bergmassiv, im Vordergrund die Außenkulisse des gleichnamigen Filmgasthofs, der in Wirklichkeit – natürlich – keiner ist. „Dabei war ich eigentlich früher kein ,Bergdoktor'-Fan“, räumt Karl Geisbüsch ein. Dafür freute sich seine Frau umso mehr über das Geschenk – „aber wo denke ich dann, dass mein Mann auch mitfährt ...“, verrät sie augenzwinkernd.

Bis zu 6,5 Millionen Zuschauer

So wie die Geisbüschs lockt der „Bergdoktor“ jährlich Tausende an den Wilden Kaiser. Sie pilgern zu den Drehorten der derzeit erfolgreichsten ZDF-Serie mit traumhaften Einschaltquoten von bis zu 6,5 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von rund 20 Prozent. Kein Wunder, ist der „Bergdoktor“ doch im deutschen Fernsehen eine der wenigen Serien ohne „Mord und Totschlag“. Mit grandiosen Bildern der Tiroler Bergwelt, dazu einer bunten Mischung aus heiler Welt, Herzschmerz, medizinischen Ausnahmesituationen und Weißkittel-Charme fasziniert die Serie durch ihre familiäre Rahmenhandlung ebenso wie mit ihren medizinischen Einzelepisoden.

Die touristischen Anbieter (und nicht nur die) in Ellmau, Going, Scheffau und Söll reiben sich unterdessen die Hände. Immerhin 71 Prozent ihrer Gäste gaben bei einer Umfrage von Austria Tourismus an, dass „Der Bergdoktor“ mitentscheidend für die Wahl des Urlaubsziels Wilder Kaiser war. Während der „Bergdoktorwochen“ – im Juni und September – schnellen die Übernachtungszahlen gar bis zu 25 Prozent in die Höhe.

600 Filmproduktionen nach Tirol geholt

Filmtourismus (abseits ausgelatschter Wandertourismus-Pfade), das ist eine Win-win-Situation für die ganze Region, rechnet Johannes Koeck, Chef von Cine Tirol, einer eigenen Tochterfirma der Tirol-Touristik, vor: Seit 1998 haben Koeck und sein Team rund 600 Filmproduktionen nach Tirol gezogen, darunter sogar indische und chinesische, dazu „Point Break“, den neuen Bond („Spectre“), den „ZDF-Fernsehgarten“, „Soko Kitzbühel“ und, seit nunmehr acht Jahren, den „Bergdoktor“.

Das bleibt nicht ohne Folgen, sondern löst ernorme wirtschaftliche, mediale und touristische Effekte aus. So lässt zum Beispiel allein die „Bergdoktor“-Crew bei jeder Staffel rund 1,25 Millionen Euro direkt am Wilden Kaiser, Produktionskosten und Gagen noch gar nicht mitgerechnet – von den Ferienwohnungen, in denen die Filmcrew ein halbes Jahr lebt, angefangen bis zu Mieten und Honoraren, etwa für die Drehorte der Handlung.

Und da ist manch findiger Tiroler – nach zunächst zögerlicher Haltung – auf ganz neue Einkommensquellen gestoßen. So kostet der Eintritt in den aus dem 16. Jahrhundert stammenden Gruberhof, auf dem Bromberg, 1175 Meter hoch über Söll, 5 Euro, ein Schnapserl inbegriffen; mit Traktorfahrt und Mittagessen 30 Euro. Den täglich 200 bis 250 „Bergdoktor“-Fans ist das nicht zu viel. Die Filmproduktionsgesellschaft ndF und der Touristikverband Wilder Kaiser füllen ebenfalls das Almsäckel auf. Da fahren die Bergbauern plötzlich eine ganz andere Ernte ein. Keine „Pilgerstätte“ ohne Devotionalien: Poster, Postkarten, DVDs, Kalender, Pflasterbox, Trinkflaschen, Hörbücher – „Bergdoktor“-Souvenirs ganz ohne Rezept. Die bislang 24.000 Euro Merchandising-Jahresumsatz seien „ausbaufähig“, schwärmen die Touristiker. Dazu der „Bergdoktor“ für alle Urlaubslagen: „Bergdoktor“-E-Biketouren, -Kutschentouren, -Filmtouren und – als eine Art Gipfeltreffen – die beiden Fantage, Höhepunkt einer ganzen „Bergdoktor“-Woche.

Neunte Staffel wird gedreht

Gleich mehrere Serienlieblinge geben sich auf dem Dorfplatz von Ellmau ein Stelldichein, umringt von ihren Verehrern. Ein Blick in die Runde macht schnell klar: „Bergdoktor“-Fans kennen keine Alters-, Geschlechts- oder sozialen Unterschiede. „Wir machen schließlich ein Unterhaltungsprogramm für die ganze Familie – und das zur besten Sendezeit“, unterstreicht denn auch Hauptdarsteller Hans Sigl den Anspruch der Filmemacher. Die neunte Staffel wird gerade rund um den Wilden Kaiser gedreht. Die zehnte, so hört man, sei bereits ebenso schon „so gut wie sicher“.

Denn die Rechnung geht auf: Der „Bergdoktor“ ist ein Erfolgsgarant „wie im Drehbuch“, das alle Schichten und Klischees bedient: der Erfolgreiche (Martin), die aktive Seniorin, die sich um ihre Lieben sorgt (Lisbeth), die „Generation Why“ (Lilli), die verlassene Singlefrau mit Kind (Susanne), alle vereint in einer großen, alpenländischen Patchworkfamilie. Zu der gehört auch Bergdoktor-Bruder Hans, der häufiger den Verlierer mimt, als ihm manchmal lieb ist, wie Heiko Ruprecht im Gespräch mit unserer Zeitung verrät.

Mit dem Aufruf des Videos erklären Sie sich einverstanden, dass Ihre Daten an YouTube übermittelt werden und Sie die Datenschutzerklärung gelesen haben.

„Und trotzdem glaube ich schon, dass sich viele Männer gerade mit Hans, dem weder auf dem Gruberhof noch bei den Frauen alles so recht gelingen mag, identifizieren können“, philosophiert der vielseitige Schauspieler, der bei der Bergwanderung mit den Fans noch sympathischer rüberkommt als im Film. Immer wieder lässt sich „Hans“ geduldig mit den kleinen und großen Fans ablichten, schüttelt Hände, gibt Autogramme. Gerade so wie sein „Bruder“ Martin. Als die Schlange der Autogrammjäger vor dem „Gasthaus Wilder Kaiser“ den ganzen Dorfplatz einnimmt, reagiert selbst ein Ordner fassungslos: „Da geht heut’ nix mehr“, gibt er den letzten Fans zu verstehen. „So ein Wahnsinn …“ Von wegen! „Dr. Martin Gruber“ schreibt Karte für Karte, Block für Block und verordnet dabei nichts als pure Emotion. Ein grandioses Erfolgsrezept!