Stuttgart/Mainz

Dieselfahrzeuge: Mainz hält Fahrverbote für möglich

In Stuttgart gehört Feinstaubalarm längst zum Alltag – droht Städten in Rheinland-Pfalz bald das gleiche Schicksal?  Foto: dpa
In Stuttgart gehört Feinstaubalarm längst zum Alltag – droht Städten in Rheinland-Pfalz bald das gleiche Schicksal? Foto: dpa

Eigentlich gelten Schwaben als besonders reinlich. Aber für die Luft in der Schwabenmetropole gilt das nicht: Stuttgart ist sowohl der am höchsten mit Feinstaub als auch mit Stickstoffdioxid belastete Ort in Deutschland. Viel hat sich deshalb die als dreckigste Stadt Deutschlands verrufene Großstadt schon einfallen lassen gegen den gefährlichen Feinstaub. Lange haben die politisch Verantwortlichen auf freiwilligen Verzicht aufs Autofahren gesetzt. Doch die Belastung der Luft ist andauernd hoch.

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Weil immer wieder die Grenzwerte überstiegen werden, drohen der Heimatstadt von Daimler und Porsche hohe Strafen der EU. Deshalb ergreift das Land nun drastische Maßnahmen im Kampf für bessere Luft. Von 2018 an sollen Zehntausende Dieselautos an Tagen mit dem von der Stadt ausgerufenen Feinstaubalarm nicht mehr fahren dürfen. Allein in diesem Jahr gab es an 30 Tage Feinstaubalarm.

Ein Grund, weshalb es in Stuttgart besonders häufig zu Feinstaubalarm kommt, ist die Lage der Stadt: Sie liegt in einem Talkessel, dort staut sich Luft mehr als andernorts. Sobald der Deutsche Wetterdienst (DWD) an mindestens zwei aufeinanderfolgenden Tagen ein stark eingeschränktes Austauschvermögen der Atmosphäre prognostiziert – wenn es also weder regnet noch windet und sich die schmutzige Luft im Talkessel sammelt –, sind die Stuttgarter gebeten, „auf umweltfreundliche Alternativen umzusteigen“. Aber Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seinem Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) ist klar, dass sie mehr tun müssen als bisher. Der Druck auch von Bürgern, die sich um ihre Gesundheit sorgen, ist groß.

In Deutschlands Stauhauptstadt lassen sich die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid laut Verkehrsminister Hermann nur mit einem Maßnahmenbündel erreichen. Kernstück dabei ist die Forderung nach einer blauen Plakette, mit der ältere Diesel aus der Innenstadt verbannt werden könnten. Doch in Sicht ist die Plakette nicht, weil für einen Beschluss auf Bundesebene die Mehrheit dafür fehlt. In Baden-Württemberg haben laut Hermann acht Städte massive Probleme mit zu hohen Stickstoffdioxidwerten, bundesweit sind es 40 Städte – sechs davon liegen in Rheinland-Pfalz.

Mainz, Ludwigshafen, Frankenthal, Worms, Koblenz und Neuwied haben Probleme damit, die Verschmutzung ihrer Luft in den Griff zu bekommen. Die Folge: Alle sechs Städte haben ein Mahnschreiben aus Brüssel erhalten. „Es kann gut sein, dass es für gewisse Dieselfahrzeuge bald ein Fahrverbot geben wird“, sagt Ralf Peterhanwahr von der Pressestelle der Stadt Mainz. Grund: Momentan klagt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor dem Bundesverfassungsgericht in Leipzig gegen sechs Städte in Nordrhein-Westfalen, darunter Köln und Bonn, auf Einhaltung der Diesel-Abgaswerte. Der Ausgang dieses Verfahren wird richtungsweisend sein, auch für die betroffenen Städte in Rheinland-Pfalz, meint Peterhanwahr. „Dann müssen auch wir dem Urteilsspruch genüge tun“, sagt er.

2020 könnte die Zeit der blauen Plakette kommen, heißt es in Stuttgart. „Die Autofahrer haben dann drei Jahre Zeit, sich darauf einzustellen“, sagt Kretschmann, der das Wort Fahrverbot vermeidet und viel lieber von Verkehrsregulierung spricht.

Jedoch gehen nur Optimisten davon aus, dass sich die Bundesregierung in Sachen Plakette bewegt. Eine Bundesratsinitiative für die Einführung ist nur von vier Ländern unterschrieben. Das Ergebnis: Sollten die EU-Grenzwerte 2017 nicht eingehalten werden – und nichts spricht momentan dafür – will Grün-Schwarz schon ab 2018 an Tagen mit extrem hoher Feinstaubbelastung im Stuttgarter Talkessel und an Zubringerrouten Dieselfahrzeuge verbieten, welche die Euro-6-Norm nicht erfüllen.

Roland Böhm/Nina Kugler