Berlin/Neumarkt

Parteitag: Piraten raffen sich zur Bundestagswahl auf

Alles auf Anfang: Die Piratenpartei will bei ihrem Parteitag an diesem Wochenende im bayerischen Neumarkt Personalquerelen hinter sich lassen und ihr Programm für die Bundestagswahl verabschieden. Zum Auftakt hat der umstrittene politische Geschäftsführer Johannes Ponader sein Amt niedergelegt und Reue gezeigt.

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„Wo ich etwas falsch gemacht habe, da möchte ich euch um Entschuldigung bitten“, sagte der 36-Jährige. Der Applaus dafür fiel dürftig aus. Ponader wird von vielen Mitgliedern dafür verantwortlich gemacht, dass die Partei von zweistelligen Umfragewerten auf 2 Prozent zurückfiel. Die Piraten machten zuletzt Schlagzeilen, die ihr Spitzenpersonal betrafen.

Parteichef Bernd Schlömer hatte in einem Interview angemahnt, den Piraten fehle es „an Kraft für den Wahlkampf“. Piraten des hessischen Landesverbandes waren darüber erzürnt gewesen und hatten ihren Unmut gegenüber dem Parteichef auf einem Foto in sehr unmissverständlicher Weise gezeigt. Schlömer reagierte aber gelassen.

Daran würde man auch sehen, dass hinter der Piratenpartei eben Menschen stünden, kommentierte er den Vorfall. Ponader hatte sein Amt bereits lange vor dem Parteitag zur Verfügung gestellt. Geht es nach dem stellvertretenden Vorsitzenden Sebastian Nerz, dann soll es diesmal bei dem letzten Treffen vor der Bundestagswahl ohnehin nur konsequent um Themen gehen.

Er traut den Piraten „definitiv“ noch zu, in den Bundestag einzuziehen, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Unsere Themen sind weiterhin wichtig, und wir mussten bisher bei allen Fragen gegen Widerstände kämpfen. Aber das können wir.“ Nerz nannte Transparenz und „ein neues Verständnis von Politik“ als zentrale Themen für seine Partei. „Wir haben in Bayern gesehen, welcher Filz in der Politik besteht“, kritisierte Nerz.

Weitere Ziele seien „der Kampf um Bürgerrechte und für eine moderne Gesellschaft“. Die Streitereien um die richtigen Köpfe an der Spitze der Partei hält Nerz für nichts Ungewöhnliches. „Personaldebatten gibt es in jeder Partei. Ich hätte gern weniger, aber sie gehören leider zur Politik.“ Die neue Euro-kritische Partei AfD sieht Nerz nicht als Konkurrenzpartei für die Piraten.

„Die AfD versucht sich in plumpem Populismus.“ Konkurrenz sei sie daher „keine für uns, eher für die NPD“. In der Piratenpartei versammeln sich auch zahlreiche bisherige Nicht- und Protestwähler. Eine schillernde Figur wie Johannes Ponader wird laut Nerz künftig im Vorstand nicht fehlen. Er sei ihm aber „dankbar für seine Arbeit“.

Nerz zählt auch zu denjenigen, die verhindern wollen, dass der Parteitag eine Art ständigen „Online-Parteitag“ beschließt, um damit eine größtmögliche Mitsprache der Basis in allen Fragen zu ermöglichen. Er ist der Ansicht, dass das an den meisten Menschen völlig vorbeigehen würde und die Partei sich erneut verzettelt. Andere argumentieren, dass es die Einlösung der lange versprochenen echten Basisdemokratie wäre: Alle bestimmen mit, und zwar ständig.

Schlömer möchte die Partei hier gern als Vorreiter sehen und „die anderen Parteien unter Handlungsdruck setzen“, wie er sagt. Ponader verabschiedete sich mit der Mahnung aus dem Vorstand, die Partei könnte nicht aus der Krise kommen, wenn „wir statt Debatten Shitstorms auslösen“. Als „Shitstorm“ bezeichnet man einen Sturm der Entrüstung durch Wortäußerungen im Internet. Davon haben offenbar auch andere genug.

Eine Piratin rief der Basis am Freitagabend wütend zu, jetzt „verdammt noch mal nach vorn zu blicken“. Die Piraten spüren, dass ihnen nicht mehr viel Zeit dazu bleibt.

Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann