Details aus dem Vertragsentwurf belegen Verhandlungskampf mit harten Bandagen

1. „Der Co-Dienstleister sichert zu, die Arbeitsverträge mit seinen Arbeitnehmern, die beim Entleiher als Leiharbeitnehmer eingesetzt werden, derart flexibel zu gestalten, dass er auf betriebliche Ereignisse beim Entleiher wie verkürzte Schichten, Schichtabbrüche oder Schichtausfälle entsprechend flexibel reagieren kann, ohne dabei finanzielle Einbußen zu erleiden.“

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Dies bedeutet, dass die Zeitarbeitsfirma ihre Verträge mit Arbeitnehmern so flexibel gestalten muss, dass sie den Ausfall von Stunden als Risiko direkt weitergeben kann, wenn sie nicht selbst drauflegen möchte.

2. „Sollte die Anzahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden um mehr als 10 % unterhalb der (...) vereinbarten Soll-Arbeitszeit beim Entleiher liegen, so leistet der Entleiher an den Co- Dienstleister eine Ausgleichszahlung in Höhe von 100 % der Differenz zwischen den Lohn- und Lohnnebenkosten (Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung) für den Leiharbeitnehmer, basierend auf einem Stundenlohn von EUR 8,19 brutto, für die Soll-Arbeitszeit und für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden.“

Dies bedeutet, dass Amazon nur den Ausgleich zwischen Lohn- und Lohnnebenkosten zahlt statt den komplett „verlorenen“ Lohn plus Nebenkosten. Hier zahlt die Zeitarbeitsfirma drauf.

3. „Der Entleiher kann jede mit dem Co-Dienstleister vereinbarte Überlassung eines Leiharbeitnehmers (...) mit einer Frist von drei Kalendertagen zum Ende eines Kalendertages kündigen. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung einer jeden einzelnen Überlassung aus wichtigem Grund.“ Dies bedeutet, dass die Kündigungsfrist sehr kurz ist, branchenüblich sind fünf Tage.

Weiter heißt es: „Darüber hinaus hat der Entleiher das Recht, die entsprechende Überlassung innerhalb der ersten fünf Arbeitstage mit einer Frist von ein Kalendertag ohne Angabe von Gründen zu kündigen.“ Dies bedeutet: Wer in der Probewoche missfällt, ist sofort gefeuert.

4. „Der Entleiher kann vom Co- Dienstleister die sofortige Abberufung eines eingesetzten Leiharbeitnehmers und sofortigen geeigneten Ersatz verlangen, wenn der Entleiher dessen Weiterbeschäftigung aus leistungs-, personen- oder verhaltensbedingten Gründen ablehnt.“ Dies bedeutet, dass Amazon im wörtlichen Sinn sofort Ersatz für einen Mitarbeiter anfordern kann, was faktisch keine Zeitarbeitsfirma leisten kann. „Wir haben die Mitarbeiter nicht im Regal sitzen“, sagt Expertin Ute Siry.

5. „Eine vorzeitige ordentliche Kündigung des Rahmenvertrages ist durch keine der beiden Parteien möglich. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn der Co-Dienstleister schuldhaft nicht in der Lage ist, seinen vertraglichen Verpflichtungen nach diesem Rahmenvertrag ordnungsgemäß nachzukommen.“

Dies bedeutet, dass eine Zeitarbeitsfirma gekündigt werden kann, wenn sie nicht sofort geeigneten Ersatz für einen missliebigen Mitarbeiter besorgt, weil der zeitliche Rahmen eng ist.

6. „Die Kündigung dieses Rahmenvertrages hat keine Auswirkung auf die zum Zeitpunkt der Kündigung zwischen dem Co- Dienstleister und dem Entleiher bestehenden Überlassungen.“

Dies bedeutet: Wird der Dienstleister gekündigt, kann Amazon dessen Mitarbeiter dennoch behalten.

7. „Der Co-Dienstleister hat für einen ausreichenden Versicherungsschutz Sorge zu tragen, insbesondere eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen.“ Dies ist eine unübliche Regelung, denn Amazon ist gegenüber dem Mitarbeiter weisungsbefugt und müsste auf dieser Basis gerade eine Haftpflicht abschließen. Zeitarbeitsfirmen schließen diese Haftungen sogar in ihren AGBs aus.

8. „Die Abtretung von Forderungen ist zulässig. Der Entleiher ist beispielsweise berechtigt, die Rechte aus diesem Rahmenvertrag ganz oder teilweise auf ein anderes, mit dem Entleiher verbundenes Unternehmen zu übertragen.“

Dies bedeutet, dass an Amazon ausgeliehene Mitarbeiter im Unternehmen faktisch weitergegeben werden können, also zum Beispiel von Koblenz nach Leipzig.