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Rheinland-Pfalz/Berlin

Entsetzen bei früheren Vertrauten Helmut Kohls: Die Tragik eines großen Mannes

Von Ursula Samary
Über wichtige Akzente der Trauerzeremonie entschied Witwe Maike Kohl-Richter, hier mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Frankfurt, Salomon Korn (Mitte), und dem Kohl-Vertrauten und früheren Bild-Chefredakteur Kai Diekmann vor ihrem Wohnhaus.
Über wichtige Akzente der Trauerzeremonie entschied Witwe Maike Kohl-Richter, hier mit dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Frankfurt, Salomon Korn (Mitte), und dem Kohl-Vertrauten und früheren Bild-Chefredakteur Kai Diekmann vor ihrem Wohnhaus. Foto: dpa

Für die Trauerfeierlichkeiten, die Altkanzler Helmut Kohl am Samstag ehren, ist bundesweit Trauerbeflaggung angeordnet worden. Mit einem Gedenkakt haben die Stadt Ludwigshafen und der Stadtrat am Montag ihren großen Sohn der Stadt geehrt. Ein Trauergottesdienst in der katholischen Kirche St. Josef ist für den 30. Juni ab 18 Uhr vorgesehen. Ob Familienangehörige teilnehmen werden, ist Oberbürgermeisterin Eva Lohse noch nicht bekannt.

Lesezeit: 3 Minuten
Unterdessen verfolgt der langjährige Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete und Leiter der Adenauer-Stiftung in Jerusalem, Johannes Gerster, wie viele andere Weggefährten von Kohl entsetzt die Dimensionen der Unversöhnlichkeit, die den Abschied seit dem Todestag am 16. Juni überschatten.  Das gehe über seine Vorstellung hinaus. Im Gespräch mit unserer Zeitung muss Gerster nach Worten ringen, ...
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Kommentar: Kohl zahlte einen hohen Preis für die Macht

Helmut Kohl hatte seinen Platz in den Geschichtsbüchern schon lange sicher. Dort wird der Kanzler der Einheit und der Ehrenbürger Europas gewichtige Kapitel füllen. Und doch umgibt sein Leben eine abgrundtiefe Tragik.

Dietmar Brück kommentiert

Den Preis der Macht zahlte Kohl in seinem Privatleben und im Kreis seiner engsten Weggefährten. Seine Familie ist zerrissen, seine Söhne sind ihm entfremdet, aus vielen Freunden wurden Feinde. Im nahen Umfeld des Kanzlers der Einheit herrschen allzu oft Zwietracht und Spaltung.

Kohl ist kein Einzelfall. Viele bedeutsame Künstler, Wissenschaftler oder Politiker haben ihre gesamte Kraft auf eine Mission ausgerichtet. Sie konnten ihr übermenschliches Pensum nur schultern, indem sie alles andere sträflich vernachlässigten: ihre Ehefrauen, ihre Kinder, ihre Freunde, ihre Gesundheit. Für ihre Kinder waren sie die abwesenden Väter und Mütter, für ihre Partner der Schatten, indem sie verschwanden. Helmut Kohl war ein Eckpfeiler in der europäischen Architektur. Aber das Haus seines Privatlebens verlor unter der Last seines Amtes jegliche Stabilität.

Für Helmut Kohl muss in seinen letzten Jahren nichts schlimmer gewesen sein, als seiner Stimme beraubt zu werden. Er, der ausgiebig mit jedem Kreisvorsitzenden seiner Partei telefonierte, konnte sich kaum noch mitteilen. Seine zweite Ehefrau und jetzige Witwe Maike Kohl-Richter wurde zu seiner Interpretin. Eine Rolle, die viele Kohl-Anhänger kritisch sehen. Kohl-Richters Ablehnung eines nationalen Trauerakts ist nur ein Beispiel von vielen. Am Ende könnte der Altkanzler, der so viel Wert auf seine historisches Rolle legte, gar die Deutungshoheit über die eigene Gedankenwelt verloren haben.

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