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Neuwied

Tierklinik Neuwied: Zwischen Tierarztalltag und Notfällen

Von Christina Nover

24 Stunden lang, 365 Tage im Jahr ist die Tierklinik in Neuwied besetzt. 40 Mitarbeiter sorgen im Schichtdienst dafür, dass immer jemand da ist, wenn ein Tier Hilfe benötigt. Die nächsten Tierkliniken befinden sich in Mayen, Trier oder Betzdorf – dementsprechend groß ist der Radius, aus dem Hundehalter und Co. nach Neuwied kommen, wenn es schnell gehen muss, oder aufwendige Untersuchungen anstehen.

Lesezeit: 2 Minuten
Wie facettenreich die Veterinärmedizin mittlerweile ist, weiß Klinikleiter Carsten Ritter zu berichten. „Diabetes, kaputte Hüften – die Krankheitsbilder sind ähnlich wie beim Menschen“. Dass bei der Behandlung von alten oder chronisch kranken Tieren mitunter hohe Kosten entstehen, hätten viele Menschen bei der Anschaffung ihrer Lieblinge nicht auf dem Schirm. Tieren ...
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Reportage: Eine Nacht in der Tierklinik Neuwied

Melody ist unruhig. Die Hündin sitzt hinter der verschlossenen Glastür und blickt sehnsüchtig den Gang dahinter entlang. Von ihrem Frauchen jedoch keine Spur. Tamara Schönhofen sitzt am Empfang der Neuwieder Tierklinik und telefoniert. Der Besitzer einer Katze, die am Abend zur Behandlung in der Klinik war, macht sich immer noch Sorgen um sein Tier. Schönhofen verlässt ihren Platz am Empfang und schildert der diensthabenden Tierärztin Davinia Fleuth im Aufenthaltsraum das Problem. Draußen ist es schon dunkel, vor zwei Stunden hat die Nachtschicht für das Personal begonnen. Von 20 Uhr bis morgens um 8 Uhr halten Fleuth und Schönhofen die Stellung und harren der Dinge, die sie erwarten.

Bisher war es ruhig. Zu Beginn der Schicht gab es noch einen Hund mit Insektenstich sowie zwei Katzen zu versorgen. Eine davon hatte eine Bisswunde, die gereinigt werden musste, die andere hatte Magenprobleme. Fleuth tippte bei Letzterer auf eine Magenschleimhautentzündung, verabreichte dem Stubentiger unter anderem ein Schmerzmittel. Wieder zu Hause, verhält sich die Katze aus Sicht der Besitzer komisch – deshalb der Anruf. „Er sagt, die Katze würde rückwärts gehen“, berichtet Schönhofen der Tierärztin. Fleuth übernimmt das Telefonat und versucht die Schilderungen einzuordnen. Schließlich einigt man sich darauf, dass der Besitzer ein Video zuschickt.

Nicht alles ist ein Notfall

Kurze Zeit später sitzen Fleuth und Schönhofen gemeinsam am PC und betrachten das Filmchen. Nicht immer ist in der Nacht so viel Zeit, es kann auch ganz anders laufen: „Manchmal haben wir das ganze Wartezimmer voll“, berichtet Fleuth. Nicht immer wäre der sofortige Gang zum Tierarzt notwenig gewesen, oft genug können die Mitarbeiter der Klinik Entwarnung geben.

Wer außerhalb der normalen Sprechstunden die Tierklinik aufsucht, muss damit rechnen, dass er das Doppelte für die Untersuchung bezahlen muss. Manch einem ist das aber auch egal, es gibt durchaus Tierbesitzer, die gezielt Notdienste wahrnehmen, weil sie berufstätig sind und tagsüber keine Zeit haben. So ist die Klinik oft auch am Wochenende prall gefüllt – wer Pech hat, kann dann auch mal zwei Stunden warten.

Mit Kaffee und Nutella durch die Nacht

Fleuth konnte den Katzenbesitzer beruhigen und tippt die Informationen schließlich in die Patientenkartei. Schönhofen schaut bei Melody nach dem Rechten und wird mit Begeisterung empfangen. „Ich mache gerne Nachtdienste, auch wenn viel zu tun ist“, sagt sie. Nachts darf Melody mit in den Aufenthaltsraum, tagsüber müssen die Tiere der Mitarbeiter draußen in einen Zwinger. Es gibt zwar auch Schlafmöglichkeiten für das Klinikpersonal, allerdings werden die eher selten benutzt. Das Überlebenselexir für lange Nächte: „Kaffee und Nutella“, meint Schönhofen lachend.

Gegen Mitternacht bringt ein älterer Mann den Chihuahua seiner Tochter vorbei. Aufgelöst schildert er, wie das Tier während ihrer Abwesenheit tot umfiel. „Diesen Gefallen tun sie uns selten“, sagt Fleuth trocken. Die 28-Jährige kann nichts mehr für den Hund tun. Ihre Kollegin legt das bereits steife Tier verpackt in eine Kühltruhe, wo es bleiben darf, bis die eigentliche Besitzerin es abholt. Melody läuft ihrem Frauchen währenddessen aufgeregt hinterher, wird aber schnell aus dem Lagerraum gescheucht: „Du bleibst mir hoffentlich noch lange erhalten“, meint Schönhofen und streichelt Melody ausgiebig.

“Die verrücktesten Sachen landen im Tier."

Die Nacht schreitet voran, und mehrfach klingelt das Telefon. Ein kranker Hund wird angekündigt, doch Schönhofen und Fleuth warten umsonst: „So etwas ist immer blöd. Wir stellen uns ja darauf ein, dass jemand kommt“, meint Fleuth. Andere Tierbesitzer rufen nur für eine Ferndiagnose oder wollen Ratschläge haben. Wie die Besitzerin einer Main Coon Katze, deren Tier das Papier einer Damenbinde gefressen hat. Fleuth zieht bei der Schilderung eine Augenbraue hoch, doch trotz ihrer erst 28 Jahre überrascht sie gar nichts mehr: „Die verrücktesten Sachen landen im Tier“, sagt sie. Spielzeuge jeder Art, aber auch Socken oder Handtücher sehen die Mitarbeiter recht häufig. Gegen 1 Uhr meldet sich eine Frau, die sich Sorgen macht, ihr Hunde könne Spielzeug von den Enkelkindern verschluckt haben.

„Wir wollen keine verschluckten Gegenstände“, meint Fleuth mit flehendem Unterton. Kann ein Fremdkörper nicht durch Erbrechen wieder an die frische Luft befördert werden, muss nämlich der Magen oder Darm operativ geöffnet werden – notfalls auch nachts. Doch der Hund, der wenig später ängstlich im Untersuchungsraum sitzt, zeigt Anzeichen eines Infekts. Husten und Würgen kommt nach Ansicht der Tierärztin von einer Rachenentzündung. Die etwas perplexe Besitzerin meint schließlich: „Ich wusste mir nicht anders zu helfen als herzukommen. Ich dachte wirklich, er hätte etwas verschluckt, weil er sich so seltsam verhalten hat.“

Schlaflos in der Tierklinik

Als die Kundin und ihr Hund mit Medikamenten versorgt den Heimweg antreten, kehrt wieder Ruhe ein. Doch zum Schlafen kommen Fleuth und ihre Helferin in dieser Nacht nicht. Um 3 Uhr und später noch einmal gegen 5.30 Uhr werden Hunde gebracht. Beide müssen stationär aufgenommen werden. „Mich reizen auch komplizierte Fälle – das ist wie puzzeln“, sagt Fleuth. Während des Anfertigens von Blutuntersuchungen und des Verabreichens von Infusionen verfliegt der Rest der Nacht. Während die beiden Hunde in der Klinik bleiben müssen, kann Melody schließlich am Morgen gemeinsam mit ihrem Frauchen das Gebäude verlassen.

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