Leubsdorf

HELFT UNS LEBEN: Leserspenden öffnen Türen zurück ins Leben

Von Ulf Steffenfauseweh
Guido Schumacher vor seinem Rechner, den er dank einer speziellen Sprachsoftware künftig wieder benutzen kann. Manuela Lewentz-Twer (Mitte) und Hans Kary vom HUL-Vorstand rufen darüber hinaus zu Spenden für ein Handbike auf, das auch nach Meinung von Betreuerin Jutta Menningen-Hassinger eine unheimliche Lebenshilfe wäre.
Guido Schumacher vor seinem Rechner, den er dank einer speziellen Sprachsoftware künftig wieder benutzen kann. Manuela Lewentz-Twer (Mitte) und Hans Kary vom HUL-Vorstand rufen darüber hinaus zu Spenden für ein Handbike auf, das auch nach Meinung von Betreuerin Jutta Menningen-Hassinger eine unheimliche Lebenshilfe wäre. Foto: ulf

Es sind nur zwei Zeilen, die Guido Schumacher aus Leubsdorf (Kreis Neuwied) seiner Krankenkasse schreiben will. Seit Tagen. Aber der 51-Jährige bekommt sie nicht hin, kann sie nicht in seinen Rechner tippen. „Spätestens nach zehn Minuten fallen mir die Hände ab“, sagt er. Zehn Minuten für zwei Zeilen? Die reichen nicht, wenn man MMN hat.

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MMN, das bedeutet „Multifokale Motorische Neuropathie“. Ein Name, der so sperrig wie die seltene Krankheit unheilbar ist. Kurzgefasst handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die eine Muskelschwäche an den Extremitäten verursacht. Oder wie Guido Schumacher es auf den Punkt bringt: „95 Prozent meiner Feinmotorik sind weg.“

Voller Krafteinsatz für 125 Gramm

Seit rund zehn Jahren kämpft er schon mit der Krankheit, richtig schlimm ist es aber erst seit gut einem Jahr. Schumacher erinnert sich noch an einen schönen Weihnachtsurlaub 2015, kurz danach kamen plötzlich Schübe, und es ging bergab. „Innerhalb von drei Monaten konnte ich am Computer nichts mehr machen“, sagt er. Und damit konnte der Mann, der früher in verschiedenen Handwerksberufen tätig war und dann zum Groß- und Außenhandelskaufmann umschulte, nicht mehr arbeiten. „Ich bekomme heute eine 125-Gramm-Champignondose gerade noch mit beiden Händen hoch“, erzählt er.

Eine Pflegekraft für den Haushalt hat man ihm zwar zugestanden. Aber sonst? „Eigentlich kann ich nur noch im Bett liegen oder vor dem Fernseher sitzen“, sagt er. Der Kontakt zur Außenwelt hat sich für den in Scheidung lebenden Mann auf ein Minimum reduziert.

Denn auch um das Haus zu verlassen, fehlt Schumacher die Kraft in Armen und Beinen – beziehungsweise das richtige Hilfsmittel. Einen Rollstuhl hat er, nutzen kann er ihn nicht. Zu anstrengend. Selbst bei einem teuren elektrischen Modell, das er nicht hat, würde die Bedienung des Joysticks seine Fingerkraft überfordern. Die Lösung wäre ein Handbike, das wie eine Zugmaschine vor den Rollstuhl geschnallt wird und mit dem Kopf steuerbar ist. Mit einer Reichweite von 80 Kilometern könnte Schumacher endlich den Rhein nicht nur von seiner kleinen Mietwohnung aus ansehen, sondern am Ufer entlangfahren.

Doch die Krankenkasse will die gut 7700 Euro dafür nicht bezahlen, hat auch seinen Widerspruch abgelehnt. Selbst finanzieren? Utopisch. „Wir können uns natürlich in einen langen Rechtsstreit begeben“, kommentiert Jutta Menningen-Hassinger. Die Sozialpädagogin von der Bethesda-Stiftung betreut Schumacher als Inklusionslotsin und weiß: „In einer solchen Situation muss man sich gut überlegen, wofür man die verbleibenden Kräfte einsetzt.“

Eben deshalb hat sie sich – erstmals – an HELFT UNS LEBEN (HUL), die Leser-Spendeninitiative unserer Zeitung, gewandt. „Als ich Guido Schumacher kennengelernt habe, hatte er so viel Energie. Und er hat solch eine Steh-auf-Mentalität, dass er einfach Hilfe verdient, um wieder am Leben teilhaben zu können“, begründet sie ihren Antrag. Und Hilfe soll der Leubsdorfer bekommen. Manuela Lewentz-Twer und Hans Kary vom HUL-Vorstand zeigten sich nach einem Besuch bei ihm zu Hause tief beeindruckt vom Schicksal des 51-Jährigen – aber auch von dessen Lebensmut. Deshalb sagten sie die Erfüllung seines dringlichsten Wunsches zu. Für rund 3500 Euro wird der Hilfsverein eine spezielle Sprachsoftware für den Laptop bezahlen, die Schumacher während eines Reha-Aufenthaltes schon getestet und für gut befunden hat.

Riesige Freude über „Lebensretter“

„Damit gehen für mich Türen auf, das glauben Sie gar nicht. Vielleicht kann ich damit sogar wieder ein paar Stunden arbeiten“, freut sich der 51-Jährige und ist fast sprachlos, dass Hilfe so handfest und unbürokratisch möglich ist. „Mit der Software retten Sie mir mein Leben“, meint er mit Tränen in den Augen. Ganz so hoch will es Manuela Lewentz-Twer zwar nicht hängen, aber auch die 2. Vorsitzende von HELFT UNS LEBEN freut sich sichtlich über die riesige Freude in Schumachers Gesicht mit. „Es geht für Sie jetzt wieder ein bisschen bergauf. Das soll ein erster Schritt sein, damit Sie wieder am Leben teilnehmen können“, sagt Manuela Lewentz-Twer. Der zweite Schritt wäre das Handbike, für dessen Anschaffung HUL um Spenden bittet. Und Hans Kary ist optimistisch, dass auch das klappt. „Ich bin zuversichtlich, dass wir mit der Hilfe unserer Leser dafür sorgen können, dass Sie wieder nach draußen kommen“, sagt er.

HELFT UNS LEBEN hat für Guido Schumacher ein Spendenkonto eingerichtet. Wer helfen möchte, dass er sich künftig mithilfe eines Handbikes wieder draußen fortbewegen kann, spendet bitte auf das Konto bei der Sparkasse Koblenz (BIC MALADE51KOB) mit der Iban DE725.7050.1200.0000.013 13

Von unserem Redakteur Ulf Steffenfauseweh