Mainz

Fischen bei Julia Klöckner: Werbe-Posse im Netz

Julia Klöckner könnte sich eigentlich freuen, dass ihre Person ein gefragtes Werbeumfeld im Internet ist. Allerdings findet die CDU es nicht lustig, dass die SPD sogar Geld für einen Platz in Klöckners Dunstkreis zahlt. Ein eher peinlicher Streit mündet jetzt darin, dass die CDU zur Klickattacke auf die SPD aufruft und sich über kurzzeitig verschwundene Anzeigen freut.

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Mainz – Julia Klöckner könnte sich eigentlich freuen, dass ihre Person ein gefragtes Werbeumfeld im Internet ist. Allerdings findet die CDU es nicht lustig, dass die SPD sogar Geld für einen Platz in Klöckners Dunstkreis zahlt. Ein eher peinlicher Streit mündet jetzt darin, dass die CDU zur Klickattacke auf die SPD aufruft und sich über kurzzeitig verschwundene Anzeigen freut.

Was in der Wirtschaft ein beliebtes Spiel ist – bei der Internet-Suche nach der Konkurrenz prominent angezeigt zu werden – erfasst jetzt auch die rheinland-pfälzische Politik. Wer bei Google nach „Julia Klöckner“ suchte, sah außer den Suchtreffern auch eine Anzeige der SPD auf seinem Schirm: „SPD Rheinland-Pfalz – sozial gerecht, gut für das Land“. Ein Klick führte auf deren Internetseite. Sonderlich beachtet war die Anzeige aber wohl nicht – zumindest dauerte es fast sechs Monate bis zum 2. September, ehe die CDU sich darüber aufregte: Trittbrettfahrerei! Doppelmoral! Einerseits schieße die SPD gegen Street View von Google, andererseits würden bei dem Unternehmen Anzeigen geschaltet. Ein Armutszeugnis für die Popularität im Internet sei das auch, so Generalsekretär Josef Rosenbauer in einer Pressemitteilung.

Eine Vorlage, die die SPD gerne aufgriff: „Guten Morgen, Herr Rosenbauer“, überschrieb sie ihre Pressemitteilung – schließlich erschien die Anzeige seit dem 15. März. Generalsekretärin Heike Raab schwang sich zur Nachhilfelehrerin auf, die der CDU erklärt, dass Google verschiedene Dienste anbietet und man den einen kritisieren könne, ohne andere deshalb meiden zu müssen. Außerdem ätzt sie: „Leider versteht die CDU von Online-Kampagnen offenbar so wenig wie Herr Rosenbauer von gelungenen Metaphern in Pressemitteilungen.“ Raab sparte sich sogar den Hinweis, dass die CDU mit einer Umfrage zur rheinland-pfälzischen Bildungspolitik schon einmal eine Bauchlandung hingelegt hatte.

Während sich CDU-Generalsekretär Josef Rosenbauer in einer weiteren Erklärung über das vermeintliche Verschwinden der Anzeige freute – „ein weiterer Fall, in dem Beck nach öffentlichem Druck der CDU reagiert“ – und die SPD neue Anzeigen ankündigte, hatten sich die Grünen eingebucht. „Bock auf Inhalte?“ steht jetzt dort – am Donnerstag noch direkt neben dem Link zu einem Beitrag auf Klöckners Internetseite über eine Plauderei bei Spundekäs und gutem Nahewein. Zu verstehen sei das auch als bewusste Anspielung auf den Streit: „Was da lief, hat nichts mit Politik zu tun“, sagt Felix Schmitt, bei den Grünen federführend für den Wahlkampf im Internet. Bei Twitter forderte er umgehend auch eine Protestnote von Rosenbauer, die das Thema ja erst aufgebracht hatte.

Schmitt und die Grünen haben sich auch nicht auf Julia Klöckner beschränkt, sondern gleich auch Kurt Beck einbezogen. („Denke, auch Beck-Sucher sind auf der Suche nach Konzepten“, so Schmitt im Blog der Grünen) Und Beck ist – den Vermutungen der CDU über Popularitätsschwierigkeiten bei der SPD zum Trotz – seit ein paar Wochen zumindest laut dem Analyse-Werkzeug Google-Trends bei Google wieder gesuchter als Julia Klöckner.

Gebucht haben die Grünen den AdWords-Platz bei der Suchanfrage zunächst zeitlich unbegrenzt. Blockiert ist er damit aber für die anderen Parteien noch nicht: Die SPD hat auch bereits eine neue Anzeige angekündigt, die auf die Unterstützerseite von Kurt Beck verlinkt. Auftauchen sollte sie nicht nur bei der Suche nach Klöckner und Beck, sondern auch bei der nach weiteren Begriffen wie Landtagswahl und Perspektive.

Doch damit war es zumindest am Freitagmorgen zunächst vorbei, nachdem die CDU zum Klickangriff übergegangen ist: „Damit die Genossen verstehen lernen“, hat sie in ihrem Mitgliederbrief „Intern“ zum massenhaften Klicken der SPD-Anzeige aufgerufen. Unter dem Motto „1 Euro für die Demokratie!“ werden die Mitglieder animiert, die Google-Suche entsprechend zu nutzen, auf den von der SPD bezahlten Link zu klicken und diese Aktion zu wiederholen „so oft Sie können“. Die Rechnung: „100 Wiederholungen kosten die Genossen mindestens 1 Euro.“ Weiter heißt es, dass diese Unterstützung nur ein paar Sekunden Zeit koste, aber die Landes-SPD bares Geld. Allerdings läuft die SPD offenbar nicht Gefahr, in den finanziellen Ruin zu stürzen: Die Anzeige ist nicht mehr zu sehen. Es ist dort wie bei den Grünen: Die hatten ein Tageslimit gesetzt, das bereits am Morgen nach einer entsprechenden Zahl Klicks erschöpft war: Die christdemokratischen Klick-Truppen haben also offenbar ohne gesonderten Aufruf auch die Grünen ins Visier genommen.

Morgen werden die Anzeigen wieder zu sehen sein – und die CDU wird den nächsten Klickangriff starten können. Die CDU hat also die Chance, bis Ende Oktober – so lange hat die SPD die Anzeige mit einem täglichen Limit von 6 Euro zunächst gebucht – jeden Tag aufs Neue die „Wankelmütigkeit“ nach dem Auftauchen und Verschwinden der Anzeige zu kritisieren, wenn es den CDU-Klickern denn weiterhin täglich gelingt, die Anzeige abzuschießen. Die CDU könnte dann auch täglich ihre inzwischen dritte Pressemitteilung zum Thema verschicken. „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln – da ist überhaupt keine Strategie erkennbar. Das ist alles sehr konfus bei der SPD“, meint Rosenbauer.

Angesichts dieses Umgangs mit dem Instrument AdWords ist es unwahrscheinlich, dass die CDU eine Einladung der Grünen annimmt: „Die können gerne auch bei der Suche nach unserem Kandidaten Daniel Köbler Anzeigen schalten“, so Schmitt. Die Grünen würden sich freuen, wenn der ein ähnlich gesuchtes Werbeumfeld wäre.

Lars Wienand/Jannis Kucharz