Poetisches Wettertheater: (Ex-)Gonzalo und der Tanz der Blätter

Hurricane Gonzalo aus dem All fotografiert.
Hurricane Gonzalo aus dem All fotografiert. Foto: Noaa/Handout

Ein warmes, fast sommerliches Oktoberwochenende liegt hinter uns. Die Reihen im Zuschauerraum sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Ein actionreiches Theaterstück über den Herbst steht auf dem Programm und dann soll auch noch Gonzalo die Hauptrolle spielen, ein Schauspieler, der aus den Tropen stammt. Das Licht wird verdunkelt, der Vorhang öffnet sich und das Stück beginnt.

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Ein warmes, fast sommerliches Oktoberwochenende liegt hinter uns. Die Reihen im Zuschauerraum sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Ein actionreiches Theaterstück über den Herbst steht auf dem Programm und dann soll auch noch Gonzalo die Hauptrolle spielen, ein Schauspieler, der aus den Tropen stammt. Das Licht wird verdunkelt, der Vorhang öffnet sich und das Stück beginnt.

Akt: Gonzalos Geburt

Es ist der Abend des 12. Oktober 2014, als Gonzalo östlich der Kleinen Antillen aus einer tropischen Störung heraus das Licht der Wetterwelt erblickt. Schon früh erkennt der noch kleine Tropensturm seine Bestimmung und wächst rasch heran. Bereits in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober erreicht Gonzalo die Kategorie eines Hurrikans. Vom 15. bis zum 17. Oktober ist der tropische Sturm schließlich auf dem Höhepunkt seines Schaffens und wird in die Kategorie 4 eingestuft. Innerhalb seines Windfeldes werden Geschwindigkeiten über 200 km/h (einminütiges Mittel) erreicht. Die Bermudainseln bekommt die Macht der Wellen und des Windes mit voller Härte zu spüren, auch wenn der Hurrikan zu diesem Zeitpunkt schon in die Kategorie 2 herunter gestuft wurde.

Akt: Gonzalos Verwandlung

Gonzalo wandert unter Abschwächung zunächst nach Norden, ehe er bei Neufundland plötzlich nach Osten abbiegt. Der Grund dafür ist das Zusammentreffen mit der Westdrift der mittleren Breiten, in die Gonzalo nun einbezogen wird. Das ist auch die Zeit in der sich der Sturm nicht nur vorübergehend deutlich abschwächt, sondern eine umfangreiche Verwandlung erfährt. Das fehlende warme Wasser und die kräftigen Winde in höheren Luftschichten sorgten dafür, dass Gonzalo seinen warmen Kern verliert. Als Ersatz dafür bilden sich eine Kalt- und eine Warmfront, wie es für Tiefs der mittleren Breiten typisch ist. Gonzalo hat sich also von einem tropischen System zu einem außertropischen Tiefdruckgebiet umgewandelt.

Akt: (Ex-)Gonzalo mit neuer Kraft

Die Wandlung zu einem Tief hat Gonzalo offenbar gut getan und er konnte sich bis zum heutigen Tag erneut deutlich verstärken. Aktuell befindet sich das Sturmtief vor der schottischen Ostküste und erlebt mitten im Herbst seinen zweiten Frühling als außertropisches Tief. Mit einem Kerndruck von 977.5 hPa befindet es sich derzeit auf einem neuen Höhepunkt. Im Laufe des heutigen und morgigen Tages wandert Ex-Gonzalo von der Nordsee über Niedersachsen und die östlichen Bundesländer hinweg in Richtung Balkan. An seiner Westflanke baut sich ein kräftiger Luftdruckgradient zwischen Gonzalo und einem Hoch über der Biskaya auf. Diese Luftdruckunterschiede möchte die Natur ausgleichen und das funktioniert über den Wind. Dieser transportiert Luftpartikel vom Hoch zu Tief, ganz so wie Wasser von einem hohen Berg in ein tiefes Tal hinabfließt. Durch die Rotation der Erde und die dadurch aufgrund der Trägheit resultierenden Corioliskraft, werden die Luftteilchen abgelenkt und strömen in einem gewissen Winkel um das Tief gegen den Uhrzeigersinn herum.

Schlussakt: Gonzalo und seine Folgen

Mit der Entwicklung werden zwei Höhepunkte erwartet. Den ersten Paukenschlag gibt es mit der Passage der Kaltfront, die am Nachmittag den Westen erreicht und südostwärts wandert. Mit dieser Linie werden teils kräftige Schauer und auch Gewitter erwartet, die Sturmböen, teils auch schwere Sturmböen bis in das Flachland bringen können. Insbesondere im Süden sind auch orkanartige Böen möglich. Zudem sinkt die Temperatur nach Kaltfrontpassage deutlich ab, sodass in den Bergen Schnee fällt.

Ausblick auf Mittwoch

Den zweiten Schwerpunkt bringt dann der Mittwoch. In der Kaltluft gibt es im Tagesverlauf wiederholt schauerartig verstärkte Niederschläge, wobei der flotte Höhenwind, der Ex-Gonzalo begleitet, nach unten gemischt werden kann. Dann sind erneut Sturmböen, vereinzelt auch schwere Sturmböen möglich. Im Bergland treten auch orkanartige Böen auf. Zudem gibt es im Nordstau der östlichen Mittelgebirge und am Alpenrand intensive Niederschläge, wobei sich oberhalb von 1000 m eine Schneedecke ausbilden soll. Kaum bemerkbar macht sich der Sturm im Nordosten von Deutschland.

Nach dem Ende der beeindruckenden Vorstellung verlassen die Zuschauer den Saal und treten auf die Straße. Die Bäume haben ihre Blätter verloren, die nun wild am Boden hin und her tanzen. Die zuvor grauen Berghügel haben eine weiße Haube bekommen. So schnell kann es also gehen und allen wird klar: Gonzalo hat den Herbst gebracht!