Welttag – 168 Millionen Minderjährige werden weltweit ausgebeutet: Geschundene Kinderseelen

Einfach nur ausruhen – ein junger indischer Melonenverkäufer auf einem Haufen Früchte. 
Einfach nur ausruhen – ein junger indischer Melonenverkäufer auf einem Haufen Früchte.  Foto: dpa

Am Welttag gegen Kinderarbeit an diesem Sonntag erinnert die Internationale Arbeitsorganisation ILO an ein Problem, das immer noch weltweit insgesamt 168 Millionen Minderjährige betrifft. In allen Lieferketten können potenziell auch Kinderarbeiter beschäftigt sein – von der Landwirtschaft über die Herstellung fast aller Produkte bis hin zur Bauwirtschaft. In vielen Ländern in Südasien sowie im Pazifikraum wird das Problem besonders deutlich.

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Ein Blick auf fünf Länder mit einigen individuellen und vielen gemeinsamen Herausforderungen:

1 Indien: Die Zahlen zur Kinderarbeit in Indien liegen weit auseinander. Während die Regierung sagt, dass rund 4,4 Millionen Kinder illegal arbeiten, sprechen Nichtregierungsorganisationen von insgesamt bis zu 60 Millionen. 444 Millionen Kinder sind in Indien 17 Jahre oder jünger, 372 Millionen 14 Jahre oder jünger. Der große Unterschied bei den Schätzungen liegt auch an den immer noch recht weichen Gesetzen zur Kinderarbeit im Land. Ab 15 Jahren ist keine Arbeit mehr illegal, und auch bei jüngeren Kindern ist sie nur strafbar, wenn sie auf einer Liste festgeschriebener gesundheitsgefährdender Arbeiten steht.

Doch selbst nach diesen lockeren Maßstäben ist Kinderarbeit ein Problem, insbesondere in armen Familien. Viele Eltern sind auf das Einkommen ihrer Kinder angewiesen, die teilweise in sehr gefährlichen Umgebungen arbeiten. Dazu gehört die Produktion von Feuerwerk, die Arbeit in Minen oder die Herstellung von Pflastersteinen von Hand. Auch in der Textilindustrie finden sich viele Minderjährige. Die indische Regierung arbeitet zurzeit an einer Verschärfung der Gesetze zur Kinderarbeit, die noch aus dem Jahr 1986 stammen.

2 Bangladesch: Laut der nationalen Kinderarbeits-Statistik aus dem Jahr 2013 arbeiten in Bangladesch 3,5 Millionen der knapp 40 Millionen Kinder illegal. Etwa ein Fünftel der Kinder im Land geht nicht regulär zur Schule. Die meiste Kinderarbeit findet im eigenen Haushalt statt. Die Regierung schätzt, dass in 3 Millionen der knapp 20 Millionen Haushalte im Land die eigenen Kinder zur Arbeit herangezogen werden. Professionelle Kinderarbeit findet vor allem in der Landwirtschaft statt, gefolgt von den produzierenden Industrien.

Die Regierung in Dhaka hatte sich im Jahr 2010 zum Ziel gesetzt, dass es bis zum Jahr 2016 keine gesundheitsgefährdende Kinderarbeit mehr im Land gibt. Inzwischen wurde dieses Ziel auf 2021 verschoben. Bis 2030 soll es gar keine Kinderarbeit mehr geben.

3 Nepal: Die Regierung in Kathmandu gibt die Zahl der illegal arbeitenden Kinder mit 1,6 Millionen an. Insgesamt leben laut aktuellem Zensus gut elf Millionen Kinder in Nepal, gut neun Millionen davon sind 14 Jahre oder jünger. Sie arbeiten größtenteils im Dienstleistungssektor. Dazu gehören Brennereien für Ziegel, Teppichknüpfereien, die Unterhaltungsindustrie oder Massagesalons. Auch als Haushaltshilfe werden Kinder häufig eingesetzt.

Das Gesetz verbietet eigentlich jegliche Arbeit für Kinder unter 14 Jahren. Die Nichtregierungsorganisation Child Workers in Nepal (CWIN) sieht jedoch große Defizite bei der Anwendung dieser Gesetze. „Es fehlen die Ressourcen, um sicherzustellen, dass die politischen Entscheidungen auch durchgesetzt werden“, sagt CWIN-Chefkoordinatorin Sumnima Tuladhar.

4 Indonesien: Laut einer aktuellen Studie der Vereinten Nationen (UN) sind in Indonesien rund 3,1 Millionen Minderjährige von Kinderarbeit betroffen. Sie arbeiten hauptsächlich in der Produktion und der Landwirtschaft. Es ist zudem üblich, Kinder beim Fischfang einzusetzen, wofür sie oft lange Zeit auf Fischereiplattformen auf dem offenen Meer verbringen müssen.

Mehrere Hunderttausend oft sehr junge Mädchen arbeiten als Haushaltshilfen, teilweise mehr als 100 Stunden pro Woche. Hinzu kommen internationale Menschenhändlerringe, die Kinder als Sexarbeiter ins Ausland verkaufen. Im Mai veröffentlichte die Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch ein Gutachten, wonach Tausende Kinder unter teils extrem gesundheitsschädlichen Bedingungen auf indonesischen Tabakplantagen arbeiten müssen.

5 Philippinen: Rund zwei Millionen Kinder, manche davon nur fünf Jahre jung, werden auf den Philippinen zur Kinderarbeit gezwungen. Dazu gehören auch Prostitution, Pornografie, der Einsatz als Kindersoldaten und als Haushaltshilfen. Menschenhändler entführen vor allem junge Mädchen aus Dörfern, um sie als Haushaltshilfen oder Sexarbeiterinnen einzusetzen. Zwar streiten Rebellengruppen ab, Kindersoldaten einzusetzen. Trotzdem belegen Studien, dass viele Minderjährige zumindest Hilfsarbeiter in militärischen Camps sind. Tausende Kinder arbeiten zudem in den Goldminen des Landes.

Stefan Mauer