Moskau

Russlands Bomben für Machthaber Assad

Vor einem Jahr setzt Kremlchef Wladimir Putin russische Kampfbomber offiziell zu einem Einsatz in Syrien in Bewegung. Es ist die erste Militäraktion des Kremls außerhalb der ehemaligen Sowjetunion seit Ende des Kalten Krieges. Einige Fragen und Antworten dazu:

Lesezeit: 2 Minuten
Anzeige

Was hat Russland in Syrien erreicht, was nicht?

Moskau hat seinem Verbündeten Baschar al-Assad etwa in der Oasenstadt Palmyra zu militärischem Erfolg verholfen und seinen Einfluss im Nahen Osten fester verankert. Präsident Wladimir Putin hat sich als Kämpfer gegen den Terrorismus inszeniert und Russland auf die Weltbühne zurückgebombt. Internationale Kritik, die Bombardements würden das unermessliche Leid der Zivilbevölkerung vergrößern und zu noch mehr Flüchtlingen führen, weist Russland zurück. Auch Vorwürfe der Barbarei und Kriegsverbrechen stehen im Raum. Putins Kalkül, durch den Einsatz in Syrien die westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise aufzuweichen, ging bislang nicht auf.

Wie lange soll der Einsatz dauern?

Auf unbestimmte Zeit will Russland nicht in Syrien kämpfen. Das Trauma des Afghanistan-Feldzugs, bei dem etwa 15 000 Sowjetsoldaten starben, ist noch präsent. Der Kreml lotet daher auch Chancen für eine politische Lösung aus. „Klar ist aber, dass Moskau nur eine russlandfreundliche Führung in Syrien dulden will. Seine Militärbasen möchte der Kreml nicht verlieren“, sagt der russische Experte Pawel Felgenhauer.

Hat Russland wirklich Interesse an einer diplomatischen Lösung?

Moskau stimme mit Washington überein, dass der Krieg militärisch nicht zu gewinnen sei, betont Außenminister Sergej Lawrow bei Treffen mit UN-Vermittler Staffan de Mistura immer wieder. Nahostexperten wie Wladimir Frolow stellen das infrage. Aus Russlands jüngsten Handlungen entstehe der Eindruck, dass einige in Moskau den Krieg für gewinnbar halten könnten, meint er.

Wie sehen die Russen den Einsatz?

Ein großer Teil blickt mit Skepsis auf das Engagement. Es gibt keine breite Zustimmung wie etwa bei Russlands Einmischung in der Ukraine. Putin weiß, dass der Syrien-Krieg zuerst zu Hause gewonnen werden muss. Assads Terror gegen die Bevölkerung, etwa durch Fassbomben, ist in den russischen Staatsmedien nicht zu sehen. Dort werden Regierungsgegner pauschal als Terroristen bezeichnet.

Wie viele eigene Opfer zählt Russland? Was kostet der Einsatz?

Moskauer Medien zufolge kamen bisher etwa 20 russische Soldaten ums Leben. Allerdings tötete im Herbst 2015 eine Bombe 224 Menschen an Bord eines russischen Urlaubsfliegers auf dem Rückweg von Ägypten. Die Terrormiliz Islamischer Staat begründete das Attentat auch mit Russlands Engagement in Syrien. Schätzungen zufolge kostet der Krieg Russland täglich 3 Millionen Euro.

Mit welcher Schlagkraft ist Russland in Syrien?

Auch nach einem angeblichen Teilabzug im März verfügt der Kreml in Syrien weiter über ein mächtiges Arsenal. Schätzungen zufolge hat Russland in Militärbasen etwa 4000 Soldaten zusammengezogen. Seit 1971 nutzt Moskau den Hafen von Tartus als einzigen Stützpunkt im Mittelmeer. Vor der Küste ankern weitere Kriegsschiffe. Kampfjets und Hubschrauber sind in einer Basis in der Provinz Latakia stationiert.

Warum hat sich Russland eigentlich in den Krieg eingemischt?

Putin begründet die Luftangriffe mit einem Präventivschlag. Terroristen müssten in Syrien getötet werden, bevor sie nach Russland einsickern, heißt es. „Die Sicherheit Russlands wird auch in Syrien verteidigt“, meint Regierungschef Dmitri Medwedew. Russland möchte „die Syrer selbst“ über Assad bestimmen lassen. Strategisch hatte der Kreml eingegriffen, um das verbündete Regime zu stabilisieren und sich eine bessere Machtposition im Nachkriegssyrien zu sichern.

Von Wolfgang Jung