Rheinland-Pfalz

Politikwechsel versprochen: Eine Ampel wird vor allem für die FDP harte Arbeit

Nun ist der Weg frei, um über eine Ampel zu verhandeln. Doch vor allem die Liberalen sind in einer schwierigen Rolle. Landeschef Volker Wissing hatte den Politikwechsel als Wahlkampfmotto formuliert. In den nun anlaufenden Verhandlungen zwischen SPD, FDP und Grünen müssen er und sein Team den Nachweis erbringen, dass sich wirklich etwas ändert in Rheinland-Pfalz.

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Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Den ersten Schritt hat er geschickt gemacht. Beim Treffen der Kreisvorstände am Dienstagabend in Mainz gab Wissing zuerst einmal dem Ampelkritiker Alexander Buda das Wort. Jenem Neuwieder Kreisvorsitzenden, der mit einem internen Schreiben vor dem SPD-FDP-Grünen-Bündnis gewarnt und damit mächtig für Wirbel gesorgt hatte. Das Signal des Parteichefs: Skeptiker werden ernst genommen. Wissings Botschaft war aber auch: Wir können über nichts entscheiden, was wir noch gar nicht kennen – etwa das Ergebnis von Koalitionsverhandlungen. Bei der anschließenden Landesvorstandssitzung gab es dann ein überzeugendes Votum für die Bündnisgespräche. Doch wo sind eigentlich die Knackpunkte für die Liberalen?

Infrastruktur: Die FDP will deutlich mehr Mittel für den Straßen- und Brückenbau bereitstellen sowie den millionenschweren Investitionsstau auflösen. Zudem möchten die Liberalen die Mittelrheinbrücke durchsetzen und die zweite Rheinbrücke zwischen Wörth und Karlsruhe auf den Weg bringen. Gerade bei der Mittelrheinbrücke deutet sich eine zarte Gesprächsbereitschaft der Ökopartei an. Die Verhandlungen werden dennoch haarig. Denn jeder zusätzliche Euro, der in Straßen und Brücken geht, muss in der bisherigen rot-grünen Agenda an anderer Stelle eingespart werden. Und die Grünen können nichts verhandeln, was die Basis am Ende nicht mitträgt.

Zudem verlangt die FDP deutlich mehr Investitionen in das schnelle Internet. Die Digitalisierung des Landes verlief ihrer Ansicht nach unter Rot-Grün eher mit angezogener Handbremse.

Wirtschaft: Die FDP hat den aktuellen Zuschnitt des Wirtschaftsministeriums immer abgelehnt. Es ist in ihren Augen eher ein Torso-Ministerium ohne große Befugnisse oder allenfalls ein Energiewendeministerium. Landeschef Volker Wissing wird, sollte er Wirtschaftsminister werden, einen kräftigen Kompetenzzuwachs fordern: etwa um den Bereich Infrastruktur (bisher bei Innen- und Verkehrsminister Roger Lewentz), Digitales (bisher Innenministerium/Staatskanzlei) und Landwirtschaft sowie Weinbau (bisher Umweltministerin Ulrike Höfken). Dass SPD und Grüne ihre Positionen nicht kampflos räumen, ist selbstredend. Zumal die FDP weg will von der Vorfahrt für die Ökolandwirtschaft.

In der Wirtschaftspolitik gibt es noch weitere Baustellen. Die Liberalen wollen einen offenen Forschungs- und Technologiestandort mitsamt hürdenfreier Gründerkultur in Rheinland-Pfalz. Da prallen vor allem mit den Grünen zuweilen Welten aufeinander – etwa bei der Gentechnik oder der Nanotechnologie.

Wenig Verständnis hat die FDP zudem für ordnungspolitische Ansätze wie das Landestariftreuegesetz (ein Lieblingsprojekt der SPD) oder die Auflage, jene Firmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu bevorzugen, die besonders viel für die Chancengleichheit von Frauen und Männern tun. Solche grünen Initiativen kommen bei den Liberalen nicht gut an. Auch beim Streit um das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) liegen FDP und Grüne meilenweit auseinander. Hier sind viele junge Liberale engagiert. Schließlich strebt die FDP einen konsequenten Bürokratieabbau an. Das passt nicht zum ausgeprägten grünen Regelungsbedürfnis.

Windkraft: Die FDP will einen stärker gesteuerten und gedrosselten Ausbau der Windenergie in Rheinland-Pfalz mit weniger Naturzerstörung. Zudem dürfte die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) für Konfliktstoff sorgen.

Frühkindliche Bildung: ein Markenzeichen der FDP. Die Liberalen drängen hier auf eine echte Förderung und keine reine Betreuung in den Kitas. Das ist teuer. Aber hier dürften Grüne und Liberale an einem Strang ziehen. In der Ökopartei ärgerte man sich die halbe Legislaturperiode darüber, dass das Familienministerium so ein dürftiges Budget hatte.

Justiz: Die Liberalen wollen diesem Bereich wieder eine höhere politische Priorität einräumen. Sollten sie den künftigen rheinland-pfälzischen Justizminister stellen, könnten sie einen seit Langem schwelenden Dauerkonflikt im Land endlich befrieden.

Innere Sicherheit: Die FDP hat mehr Polizisten gefordert und einen schnellen Abbau der 1,7 Millionen Überstunden. Beim Bundesthema Vorratsdatenspeicherung sind Allianzen zwischen Liberalen und Grünen möglich. Beide lehnen dieses Instrument ab.

Finanzpolitik: Finanzexperte Volker Wissing ist Befürworter einer soliden Haushaltspolitik. Er wird einen strikten Konsolidierungskurs einfordern. Sollte die geplante Reform der Erbschaftsteuer in den Bundesrat kommen, steht ein heißer Tanz zwischen FDP und SPD bevor. Und die Liberalen lehnen generell neue Steuern oder Abgaben eher ab.

Flüchtlinge: Der Flüchtlingsstrom hat an Kraft verloren, Unterkünfte leeren sich. Beim Thema Integration dürften die Liberalen der Wirtschaft entgegenkommen, wenn es um niedrige Hürden für Facharbeiter oder Lehrlinge geht. Wissing tritt wie SPD und Grüne für ein Einwanderungsgesetz ein. Er lehnt aber das von Rot-Grün gepriesene Konzept ab, (abgelehnten) Asylbewerbern, die freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren, Geldleistungen als Anreiz zu bieten.