Rheinland-Pfalz

Noch 50 Tage: Wahl-Krimi mit offenem Ende

Noch 50 Tage: Wahl-Krimi mit offenem Ende
Bunte Auswahl an Wahlgeschenken und Infomaterial: Wem das alles genützt hat und ob Kurt Beck oder Julia Klöckner vorn liegt, das wissen wir in 50 Tagen. Foto: dpa

Kurt Beck (SPD) oder Julia Klöckner (CDU)? Am heutigen Samstag sind es noch exakt 50 Tage, bis der spannendste rheinland-pfälzische Wahlkrimi seit mehr als 20 Jahren am 27. März seinen Höhepunkt erreicht. Die Schlacht um Stimmen für die Landtagswahl ist in vollem Gange, und die aktuellen Umfragen des ZDF-Politbarometers bestätigen: Der Ausgang der Wahl ist offener als bislang vermutet. Nach neuesten Umfragen ist das Rennen zwischen SPD und CDU alles andere als gelaufen. Und für FDP und Linke ist weiterhin nicht einmal der Sprung ins Parlament sicher.

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Eine Analyse von unserem Redakteur Manfred Ruch

Rheinland-Pfalz – Kurt Beck (SPD) oder Julia Klöckner (CDU)? Am heutigen Samstag sind es noch exakt 50 Tage, bis der spannendste rheinland-pfälzische Wahlkrimi seit mehr als 20 Jahren am 27. März seinen Höhepunkt erreicht.

Die Schlacht um Stimmen für die Landtagswahl ist in vollem Gange, und die aktuellen Umfragen des ZDF-Politbarometers bestätigen: Der Ausgang der Wahl ist offener als bislang vermutet. Nach neuesten Umfragen ist das Rennen zwischen SPD und CDU alles andere als gelaufen. Und für FDP und Linke ist weiterhin nicht einmal der Sprung ins Parlament sicher.

Respekt muss man der CDU zollen. Mit einem gewaltigen Aufwand hat deren Spitzenkandidatin Julia Klöckner eine Maschinerie angeworfen, die die SPD im Lande zunehmend unter Druck bringt. Mit einer schon fast penetranten öffentlichen Präsenz versucht Klöckner, das vor Kurzem noch unmöglich Erscheinende zu schaffen: an der SPD im Land vorbeizuziehen. Die CDU-Vorsitzende mobilisiert alles und jeden, sie twittert und meldet sich über Facebook, sie reist unermüdlich landauf, landab, lächelt in Aberhunderte Kameras. Sie bombardiert die Landespresse mit einer die Schmerzgrenze erreichenden Flut an Pressekonferenzen, sie karrt alte und junge Politprominenz als Berater ins Land, und sie bohrt mit ihren Helfern gnadenlos in den politischen Wunden der SPD: die Nürburgring-Affäre, den Justizskandal um Minister Bamberger und das Schlosshotel in Bad Bergzabern.

Dauerfeuer der CDU

schwächt die Genossen

Auch wenn das Dauerfeuer der Union zuweilen nervt: Die Umfragen geben Julia Klöckner recht. Die CDU bewegt sich mittlerweile nahezu auf Augenhöhe mit der SPD. Es wäre kein Wunder mehr, wenn die Union aus der Landtagswahl am 27. März als stärkste Fraktion hervorginge. Das hätte für Beck und seine Genossen fatale Folgen: Der offizielle Auftrag zur Regierungsbildung geht nun einmal an die stärkste Fraktion.

Umso unverständlicher ist die bisherige Reaktion der Genossen. Man hat sich offenbar nicht für diesen heftigen Schlagabtausch präpariert. Die mit absoluter Mehrheit regierende Partei hat sich vermutlich auf die Umfragen verlassen, die ihnen lange Zeit stabile Werte und dem Ministerpräsidenten die höchsten Sympathiepunkte bescheinigt haben. Und man hat sich darauf ausgeruht, dass Julia Klöckner inhaltlich noch immer häufig nur an der Oberfläche kratzt. Das ist und bleibt auch die Achillesferse der CDU-Kandidatin.

Jetzt steht die SPD dieser Welle der Bewegung ein wenig ratlos gegenüber. Es gibt zumindest bisher keine erkennbare Strategie, wie man auf Klöckners Feuerwerk antworten könnte. Es gab einen fulminanten Programmparteitag – und danach? Die SPD ergeht sich bei Bilanz-Pressekonferenzen in Selbstlob, doch die Einladung zum Duell mit Klöckner um die Zukunft hat man noch nicht angenommen. Die Genossen bestimmen nicht mehr die Agenda, sie reagieren. Und das ausgerechnet in der heißen Phase des Wahlkampfs. Kurt Beck hätte Julia Klöckner ernster nehmen müssen. Der von der SPD eingesetzte Untersuchungsausschuss zur CDU-Finanzaffäre reichte nicht zur Demoralisierung der Union.

Doch Julia Klöckners zweiter Angriffspunkt bleibt das Personal. Vier Köpfe ihres „Kompetenzteams“ hat sie bereits vorgestellt, vier weitere folgen noch. Zwar hat sie – neben Fraktionschef Christian Baldauf – mit dem Hochschulprofessor Andreas Rödder, der Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse und dem Trierer Landrat Günther Schartz anerkannte politische Talente aus der Fläche in ihr Team geholt. Doch sie verweigert hartnäckig die Auskunft darüber, ob diese denn auch ihrem Schattenkabinett angehören. Wer säße mit Klöckner in der Landesregierung? Man weiß es einfach nicht. Doch ein offener Umgang mit den Wählerinnen und Wählern sieht anders aus. Wer am 27. März sein Kreuzchen für die CDU machen soll, der hat einen Anspruch darauf, mehr über die mögliche Regierungsmannschaft zu wissen.

Das gilt umso mehr, da die Sozialdemokraten eine ganze Regierungsbank mit anerkannten Ministern füllen können – sehen wir einmal vom angeschlagenen Justizminister Heinz Georg Bamberger und dem nicht immer glücklich agierenden Innenminister Karl Peter Bruch ab. Ob Bildungsministerin Doris Ahnen und Sozialministerin Malu Dreyer, ob Umweltministerin Margit Conrad, Wirtschaftsminister Hendrik Hering oder Finanzminister Carsten Kühl: Alle geben fachlich einfach keine schlechte Figur ab.

Für Grüne kommt Feuertaufe

erst nach der Wahl

Die Grünen können sich derweil gelassen zurücklehnen, denn sie fahren die Ernte aus der politischen Stimmung ein. Es ist fast so sicher wie das Amen in der Kirche, dass sie der nächsten Regierung angehören werden – ob unter SPD- oder CDU-Führung. Die Spitzenkandidaten Eveline Lemke und Daniel Köbler verstehen es geschickt, sich aus dem eskalierenden Krieg zwischen CDU und SPD herauszuhalten. Sie positionieren sich – wie im Bund – als glaubwürdige Alternative zu den großen Parteien. Ihr Härtetest kommt erst nach der Wahl – wenn sie in einer Koalition Kröten wie die Mittelrheinbrücke oder den Hochmoselübergang schlucken müssten.

FDP-Strategie ist bisher

nicht aufgegangen

Die FDP hingegen dürfte allmählich nervös werden. Für die kleine Oppositionspartei hat sich der Kampf in Sachen Nürburgring-Affäre und Justizskandal Seit' an Seit' mit der CDU bislang nicht in Umfragen bezahlt gemacht. Noch immer müssen die Liberalen um den Einzug ins Landesparlament bangen. Das ist gewiss der nach wie vor miesen Stimmung in der Bundespartei geschuldet. Doch so ganz allmählich reicht das auch nicht mehr als alleiniges Argument, mit dem der Spitzenkandidat Herbert Mertin ein mögliches Scheitern der FDP an der 5-Prozent-Hürde rechtfertigen könnte. Für ihn als anerkannten Landespolitiker wäre das ein Fiasko. Und die Linke im Land? Die zerfleischt sich weiter fröhlich selbst. Auch in der Debatte um eine Absage an die jüngsten Kommunismus-Thesen der Bundesvorsitzenden Gesine Lötzsch findet die Landespartei keine klare Position. So dümpelt die Linke bei Umfragen dort, wo man sie zu Recht vermuten darf: bei 4 Prozent und damit nicht im Mainzer Landtag.