Rheinland-Pfalz

Malu Dreyer: Wir sind für alle da

Ehrgeizige Ziele: Mit einer Vielzahl von Vorhaben hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ihr Regierungsprogramm im Landtag vorgestellt.
Ehrgeizige Ziele: Mit einer Vielzahl von Vorhaben hat die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ihr Regierungsprogramm im Landtag vorgestellt. Foto: dpa

Gut 80 Minuten dauerte die Regierungserklärung von Malu Dreyer. Ganz in Weiß stellte die Ministerpräsidentin ihr Programm für die neue Legislaturperiode vor. Hinter dem 29 Seiten starken Redemanuskript steckt ein umfangreiches und vielfältiges Projekt, das in den nächsten fünf Jahren das Land weiterentwickeln soll. Es trägt die Überschrift „Wir sind für alle da“. Das Mantra, das die Regierungschefin damit der Arbeit der Ampelkoalition vorgegeben hat, erinnerte zumindest vom Titel an das „Wir schaffen das“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

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Von unserem Chefreporter Volker Boch

Dreyers Ansage an Rheinland-Pfalz ist klar und zielorientiert. Es geht ihr darum, dieses l(i)ebenswerte Land weiterzuentwickeln. Entsprechend ausführlich widmete sich Dreyer einer Vielzahl von Themenfeldern. Schwerpunkte fanden sich dabei unter anderem bei der Bildung, dem Ausbau der Digitalisierung und der Verkehrsinfrastruktur. Das sind die Schwerpunkte der Regierungserklärung:

Bildung: Von der Kita bis zur Hochschule will die Regierung gebührenfreie Leistungen anbieten und nicht nur bei der musikalischen Früherziehung neue Impulse setzen. So soll eine Bestandsaufnahme der frühkindlichen Bildung in eine Novellierung des Kindertagesstättengesetzes münden. Der Übergang zwischen Kita und Grundschule soll in nur einem Ministerium stärker verzahnt werden. Um die Unterrichtsversorgung zu verbessern, sind 270 zusätzliche Lehrerstellen und eine „100-prozentige Versorgung“ geplant. Befristete Verträge sollen reduziert werden, indem der Pool an Vertretungslehrern auf 1000 Stellen aufgestockt wird. Ganztagsschulen sollen weiter gestärkt, der Pfad von Inklusion und Integration weiterbeschritten sowie die Schulpsychologie gefördert werden. Für die Sommerferien soll eine „Betreuungsgarantie“ eingeführt werden, die Landesmittel werden deutlich erhöht. Zudem ist ein neues Hochschulzukunftsgesetz geplant.

Digitalisierung: „Wir wollen Rheinland-Pfalz zum Musterland digitaler Vernetzung machen“, stellte Dreyer in Aussicht. Neben Projekten für Medienkompetenz in der Schule ist die Digitalisierung für die Wirtschaft von Bedeutung. „Weg vom Kupfer, hin zu Glasfaser bis zu jedem Haus“, lautet das Motto für flächendeckend mehr Internet-Bandbreite, WLAN-Netze in 1000 Gemeinden und allen öffentlichen Gebäuden sowie Internetversorgung in Bussen und Bahnen.

Verkehr: Das Land plant eine Mobilitätsoffensive. Dafür werden die Planungskapazitäten beim Landesbetrieb Mobilität aufgestockt. Insgesamt 600 Millionen Euro werden ausgeben. Zwar gilt auf der Straße weiter Erhalt vor Neubau, Ortsumgehungen bleiben aber auf der Agenda. Die Mittelrheinbrücke fließt in ein regionales Mobilitätskonzept ein, das mit der Unesco erörtert werden soll. Beim Bund angemahnt wurde die Planung einer alternativen Güterverkehrsstrecke zum Mittelrhein, zudem erklärt die Regierung den Lärmschutz weiter zur Chefsache. Verfolgt werden Reaktivierungen alter Schienenstrecken wie der Aartalbahn und der Hunsrückbahn.

Energiewende: Der Ausbau erneuerbarer Energien soll weitergehen, das Landesentwicklungsprogramm soll aber überarbeitet werden. Für Windparks liegt die Planungshoheit weiter bei den Kommunen. Die Landesregierung will sich für die Abschaltung der grenznahen Atommeiler in Belgien und Frankreich einsetzen.

Familie und Soziales: Die Stärkung der Familie und des Bündnisses von Eltern und Kindern hat Priorität. Dreyer will ihr Versprechen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf einlösen. Die Rahmenbedingungen für ein zukunftsorientiertes Miteinander der Generationen sollen gegeben sein – zum Beispiel durch flexiblere Öffnungszeiten der Kitas oder alternative Wohnformen. Dreyer bekennt sich weiter zur Vision, dass solche alternativen Wohnformen in jedem Dorf im Land entstehen. Der soziale Wohnungsbau mit 20 000 geförderten Wohnungen ist ein weiterer Aspekt. Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sollen ebenso nicht aus dem Blick geraten wie das Thema Gleichstellung.

Gesundheit und Pflege: „Eine gute medizinische Versorgung darf keine Frage des Wohnortes sein“, erklärte Dreyer. Eine gezielte Krankenhausplanung soll eine flächendeckende Versorgung garantieren, 134 Millionen Euro bis 2020 stehen hier zur Verfügung, zudem fließen 24 Millionen Euro bis 2019 für die Umstrukturierung von Krankenhäusern. Die 135 Pflegestützpunkte im Land seien eine gute Basis für die Pflegearbeit, die Gemeindeschwester plus ein positives ergänzendes Angebot.

Ehrenamt und Demokratie: Dreyer nahm die Flüchtlingsarbeit als ein Beispiel für ehrenamtliches Engagement, reflektierte aber auch den Einsatz in Vereinen und Sport. Zur funktionierenden Gesellschaft gehört für die Regierungschefin auch die Einbindung aller Generationen in die Demokratie. Ihr will Dreyer „den Nachwuchs sichern“. Sie warb erneut für eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Die politische Bildung soll zentrale Bedeutung haben und ein „lebendiger interreligiöser Dialog“ entstehen.

Flüchtlinge: Dreyer sprach sich für eine „wertegeleitete Flüchtlingspolitik“ aus, Deutschland sei schon lange Einwanderungsland. Die Politik des Bundes müsse hier endlich gesteuerter ablaufen. Das Integrationsgesetz nehme wichtige Anregungen des Landes auf, betonte Dreyer, wenngleich dies für verhaltenes Gelächter der CDU sorgte. Dreyer forderte erneut ein Aufenthaltsrecht für Asylbewerber, deren Anträge mehr als 18 Monate lang unbearbeitet sind. Nationalistischen Tendenzen, das machte Dreyer mehrfach deutlich, stellt sich die Regierung entgegen.

Polizei und Sicherheit: Ein Schwerpunkt soll auf der Bekämpfung von Cyber-Kriminalität und Wohnungseinbrüchen liegen. 2500 Anwärter bei der Polizei werden in den kommenden fünf Jahren eingestellt.

Landwirtschaft und Weinbau: Die Regierung will eine starke Interessenvertretung für Landwirtschaft und Weinbau inklusive Steilstlagenweinbau. Mit Blick auf die erneute Milchkrise sagte Dreyer: „Wir stehen an der Seite der Landwirtschaft, gerade in der jetzigen Situation. Rheinland-Pfalz braucht hochwertige und gesunde Lebensmittelproduktion vor Ort.“ Indirekt erklärte sie, dass es eine befürchtete inhaltliche Aufsplittung des Themas zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium nicht geben wird: „Die Landesregierung wird eine Landwirtschaftspolitik aus einem Guss machen.“

Fachkräfte und Mittelstand: Dreyer bezeichnete es als Irrglauben, dass jeder Mensch studieren müsse, um erfolgreich zu sein. Ein Mittelstandsbeirat sowie das Programm Mittelstandsförderung 2020 sollen zur Förderung des Handwerks beitragen, dazu kommt ein „Meister-Bonus“. Mit dem Masterplan „Gestaltung der Zukunft der Arbeit 4.0“ sollen Strukturen für ein innovatives Land geschaffen werden.