Mittelrhein

Kreis streitet mit dem Land: Kippt das Projekt Mittelrheinbrücke?

Von Volker Boch

Der Bau der Mittelrheinbrücke wird immer unwahrscheinlicher. Zwischen dem von Volker Wissing (FDP) geführten Mainzer Verkehrsministerium und dem Rhein-Hunsrücker Landrat Marlon Bröhr (CDU) türmt sich ein Hindernis nach dem anderen auf. Lange wurde darüber gestritten, wie eine Förderung der als kommunales Projekt angedachten Brücke durch das Land aussehen kann. Jetzt hat Bröhr auch noch ein Rechtsgutachten präsentiert, das klar signalisiert: Das Land soll die Brücke allein bauen. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

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Dabei wirkte noch vor gut neun Monaten die Situation recht problemlos: Im Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien im vergangenen Mai vereinbart, dass sie die Planung einer Mittelrheinbrücke wieder aufnehmen. In der Region galt dies als klares Bekenntnis zur Querung zwischen dem Rhein-Hunsrück- und dem Rhein-Lahn-Kreis. Doch inzwischen tut sich zwischen den beiden Schwesterstädten St. Goar und St. Goarshausen eine kaum zu überbrückende Kluft auf.

Der Brückenstreit dauert bereits Monate. Zwar gab es Gespräche der beiden Landräte Bröhr und Frank Puchtler (Rhein-Lahn) mit dem Verkehrsministerium und auch mit Minister Wissing persönlich, aber diese brachten alles andere als den erhofften Konsens. Seit Anfang der Woche sorgt nun ein 21-seitiges Papier für eine neue Kontroverse. Ohne Kenntnis seines Kreistags hatte Bröhr ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um zu klären, ob die Brücke kommunal gebaut werden muss. Am Dienstag präsentierte er die Bewertung des Kaiserslauterer Juristen Willy Spannowsky und erklärte: „Die Mittelrheinbrücke darf kein kommunales Projekt sein.“

Das Gutachten behandelt vor allem den raumplanerisch bedeutsamen Charakter der Brücke und spricht von der „Verkehrsbedeutung einer Landesstraße“. Für Gutachter Spannowsky gibt es hier keinen politischen „Beurteilungsspielraum“. Das sieht das Ministerium zwar genauso. „Es ist keine politische Frage“, sagt Sprecherin Susanne Keeding. Allerdings unterscheidet sich die übrige Position des Ministeriums völlig von jener des Gutachters.

Denn das Ministerium verweist auf das Landesstraßengesetz und darauf, dass Kreisstraßen unter anderem „dem Verkehr mit benachbarten Landkreisen“ dienen. Aus Sicht des Ministeriums bedingen die prognostizierten Verkehrszahlen, dass eine Einstufung der Querung als Kreisstraße erfolgen muss. Es wird insgesamt zwar von 7000 Fahrzeugen in 24 Stunden ausgegangen. Der Hauptverkehrsstrom wird mit 4000 Fahrzeugen aber zwischen St. Goar und St. Goarshausen erwartet, weitere 1500 Fahrzeuge sind im Quell- und Zielbereich im Umkreis von höchstens rund 20 Kilometern kalkuliert. Nur 1500 Fahrzeuge sollen übergeordneter Verkehr sein.

Inhaltlich scheinen Land und Landrat Bröhr weiter voneinander entfernt als je zuvor. Die CDU unterstellt dem Ministerium inzwischen sogar, dass dieses sich bei der Brücke offensichtlich selbst nicht mehr sicher sei mit seiner Einschätzung. Aus welchem Grund sonst habe Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) den Fall zur Prüfung an den Landesrechnungshof gegeben, fragt die Union.

Am Montag ist bei den Speyerer Prüfern ein Schreiben Wissings eingegangen. Er bittet darin um eine Bestätigung, ob die Einschätzung des Ministeriums, dass es sich bei dem Projekt um eine Kreisstraße handelt, richtig ist. Falls der Rechnungshof sagt, dass die Brücke kein kommunales Projekt ist, könnte es erst richtig kompliziert werden. Denn dann müsste die Brücke in den Landeshaushalt und ins Straßenbauprogramm, das bereits für 2017 und 2018 festgezurrt ist. Als Bundesprojekt scheint eine Mittelrheinbrücke ohnehin undenkbar: Bereits 1980/1981 hatte es das Aus für eine Bundesbrücke bei St. Goar gegeben.

Das Ministerium setzt genauso wie der Rhein-Lahn-Kreis im Brückenstreit weiter auf einen Dialog. „Von einer Gutachterschlacht hat niemand etwas“, sagt Keeding. Für den 20. Februar ist ein Besuch von Wissing im Kreistag Rhein-Hunsrück vorgesehen. „Wir halten den Gesprächsfaden aufrecht“, sagt Keeding. Noch gibt es in Mainz Hoffnung für die Brücke.

Von unserem Chefreporter Volker Boch

Landesbrücke müsste ins Straßenbauprogramm

Falls die Mittelrheinbrücke kein, wie angedacht, kommunales Projekt sein sollte, sondern eine Landesbrücke, müsste sie erst einmal ins Landesstraßenbauprogramm aufgenommen werden. Dort wäre die Brücke streng genommen eines von vielen Projekten. Im aktuellen Programm für 2017 und 2018 sind 400 Vorhaben enthalten, darunter sind lediglich sieben Neubauprojekte.

Für die aktuelle Legislaturperiode sind für den Straßenbau 600 Millionen Euro vorgesehen, pro Jahr 120 Millionen Euro. Da im Land der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ gilt, warten derzeit bereits zahlreiche Straßenbauprojekte auf eine Umsetzung. Diese Liste würde sich durch die Mittelrheinbrücke weiter verlängern. Die Frage ist zudem, ob der aktuell zur Diskussion stehende „Siegerentwurf“ der Brückenplanung mit einem geschätzten Kostenvolumen von rund 40 Millionen Euro dann zum Tragen käme – oder ein günstigeres Bauwerk. Der günstigste Entwurf im Ideenwettbewerb lag bei 14 Millionen Euro. vb
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