Kreative lassen die US-Raumfahrt abheben

SpaceX-Gründer und Chef Elon Musk vor dem Raumschiff Dragon 2. Die Kapsel soll sanft landen und mehrfach benutzt werden können.
SpaceX-Gründer und Chef Elon Musk vor dem Raumschiff Dragon 2. Die Kapsel soll sanft landen und mehrfach benutzt werden können. Foto: dpa

„Uns fehlen die Figuren für die großen Entwürfe“, klagt Astronauten-Veteran Ulf Merbold über die europäische Raumfahrt. An solchen Figuren herrscht dagegen in den USA kein Mangel.

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Von unserem Redakteur Jochen Magnus

Elon Musk ist nicht nur der Chef des Elektroauto-Herstellers Tesla, sondern auch Mehrheitseigner und Boss des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX. Es fliegt bereits Nachschub zur Internationalen Raumstation und plant Marsflüge ab 2018.

Jeff Bezos, Gründer und Boss von Amazon, dem auch das private Raumfahrtunternehmen „Blue Origin“ gehört. Es entwickelt das Flugsystem „New Shepard“, das senkrecht starten und landen, drei Passagiere an den Rand des Weltraums bringen und wiederverwendet werden kann. Ein erster, unbemannter Testflug in gut 100 Kilometer Höhe absolvierte das Fahrzeug vor einem halben Jahr in Texas.

Bert Rutan, Gründer von „Scaled Composites“, die „SpaceShipOne“ entwickelt haben: das erste private Fluggerät mit Raketenantrieb, welches die Grenze zum Weltraum erreicht hat. Zusammen mit dem Eigner von „Virgin Galactic“, Sir Richard Branson, gründete er „The Spaceship Company“, die Flugzeuge für Touristenflüge an den Rand des Alls bauen soll.

Nur als Modell gibt es die neueste europäische Rakete, Ariane 6, bisher. Die Großrakete soll 2020 zum ersten Mal abheben.
Nur als Modell gibt es die neueste europäische Rakete, Ariane 6, bisher. Die Großrakete soll 2020 zum ersten Mal abheben.
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Und in Europa? Hier koordiniert die Europäischen Weltraumorganisation (ESA) die Weltraumaktivitäten. Den Raketenbetrieb leistet Arianespace, ein französisch dominiertes, europäisches Gemeinschaftsunternehmen. Neben der kleinen „Vega“-Rakete, die unter italienischer Führung gebaut wird, werden aus Russland zugekaufte Sojus-Raketen und für schwere Lasten „Ariane-5“ eingesetzt. Hersteller dieser Rakete ist „Airbus Defence and Space“, früher als EADS bekannt. Entwickelt wurde sie in den 1990er Jahren, eine leistungsfähigere Version ging im europäischen Hickhack verloren und wurde aufgegeben. Eine Nachfolgeversion, Ariane 6, ist in Planung; erst in der vergangene Woche genehmigte die Esa den Entwurf. Kritiker befürchten, dass die mindestens 4 Milliarden Euro teure Rakete ein kommerzieller Fehlschlag wird, weil sie auf sehr konventionellen Konzepten beruht und weil ihre drei Hauptkomponenten, erste, zweite Raketenstufe und Startbooster, gänzlich voneinander verschieden sind. So ist es kein Wunder, dass die Konstruktion in der Planungsphase mehrfach über den Haufen geworfen wurde und sich manche Hoffnung schon vor Beginn der Entwicklung auf ein Nachfolgemodell gerichtet werden. Das soll wiederverwendbare Teile erhalten – eine Technik, die SpaceX schon heute in der Praxis einübt.

Warum hinkt Europas Raumfahrt hinterher?

Ein Grund liegt in der schwierigen Abstimmung der vielen beteiligten Nationen. Nicht Ingenieure entscheiden, sondern Politiker und Manager handeln komplizierte Kompromisse aus. Bei der Ariane 5 führte das über zehn Jahre lang zum Stillstand. Daraus hat die Esa gelernt und will beim Nachfolgemodell keine zu detaillierten Vorgaben mehr machen.

Ein weiteres Innovationshindernis ebenso wie ein Kostentreiber ist das Prinzip des „Geo-Return“, nach dem 90 Prozent des Betrages, den ein Land ausgibt, in Form von Aufträgen an Firmen zurückfließen muss, die dort ansässig sind. So werden zum Beispiel Produktionsstätten für die Startbooster in Augsburg errichtet, obwohl es solche in Italien bereits gibt. Das macht die Ariane 6 entweder teurer oder man spart das Geld durch Verzicht auf geplante Innovationen wieder ein – wie beim Vorgängermodell geschehen.

Durch nationalstaatliches Denken, politisches Taktieren und viel Bürokratie stagniert die Raumfahrt in Europa. Zudem sind technische Konstrukte manchmal Jahrzehnte alt; man pflegt lieber Altbewährtes, als Neues zu wagen. Vielleicht hilft die private Konkurrenz aus USA, diesen Industriezweig wieder abheben zu lassen.