Interview: Hinter illegalem Elfenbeinhandel steckt organisierte Kriminalität

Hinter illegalem Elfenbeinhandel steckt organisierte Kriminalität Foto: picture alliance

Elfenbein, Haie, Rochen und Edelhölzer: Bei diesen Themen erwartet der WWF Deutschland die heftigsten Kontroversen bei der Welt-Artenschutzkonferenz in Johannesburg. Im Interview erklärt der WWF-Artenschutzexperte Arnulf Köhncke, warum das Verschieben von Elefantenbeständen auf strengere Artenschutzlisten womöglich das Gegenteil bewirken wird und wo wirtschaftliche Interessen auf die der Naturschützer prallen.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Herr Köhncke, der internationale Handel mit Elfenbein ist bereits verboten, was soll sich nun ändern?

Es gibt Anträge von Ländern aus dem südlichen Afrika, mehr Handel zuzulassen. Der WWF spricht sich entschieden dagegen aus.

Der WWF lehnt aber auch Anträge ab, die weitere Elefantenbestände unter die strengste Regulierungsstufe stellen würde. Warum?

Weil sich dadurch am bisherigen kompletten Verbot nichts ändern würde, gleichzeitig aber ein hohes Risiko besteht, dass gegen eine solche Änderung Widersprüche eingelegt werden. Das öffnet Tore für legalen Elfenbeinhandel. Cites reguliert den kommerziellen internationalen Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten in einem Drei-Stufen-System: Wenn eine Art auf Anhang eins steht, ist der Handel komplett verboten. Die meisten Elefantenbestände stehen auf Anhang eins, die Populationen von Botsuana, Namibia, Simbabwe und Südafrika auf Anhang zwei, der vorsieht, dass Handel möglich ist, sobald man eine Genehmigung hat. Es gibt aber einen Vermerk, dass das Elfenbein dieser Bestände so behandelt wird, als stünde es auf Anhang eins. Bedeutet: Der internationale Elfenbeinhandel ist de facto komplett verboten.

Wozu dann der Änderungswunsch?

Sobald man Populationen auf einen anderen Anhang verschiebt, gibt es für jeden Cites-Mitgliedstaat die Möglichkeit, einen Widerspruch einzulegen. Dann könnten diese Staaten wieder unreguliert mit Elfenbein handeln. Deshalb lehnen wir diese Anträge ab.

Der nationale Handel mit Elfenbein ist noch erlaubt. Rechnen Sie bei diesem Thema mit Fortschritten?

Ja. Es gibt bereits nationale Elfenbein-Aktionspläne. Werden die Pläne nicht durchgesetzt, können Länder mit Handelssanktionen belegt werden. In Johannesburg will man diesen Prozess stärken und dabei weitere Länder wie Malawi, Singapur und Togo einbinden. Wir halten die Aktionspläne mit der Möglichkeit der Sanktionierung für ein zentrales Werkzeug, um der Wilderei entgegenzuwirken.

Wäre es nicht sinnvoller, soziale Probleme in betroffenen Ländern zu lösen, damit Menschen nicht auf illegalen Handel angewiesen sind?

Tatsächlich ist die Hauptdomäne von Cites Regulierung. Gleichzeitig braucht es die Arbeit mit der lokalen Bevölkerung und Möglichkeiten, mit legaler Arbeit die Lebensumstände zu verbessern. Oftmals wildert aber nicht die lokale Bevölkerung die Elefanten. Um ihren Eiweisbedarf zu stillen, jagen sie andere Tiere. Der Elfenbeinhandel hat eine ganz andere Dimension. Hier geht es um globale, organisierte Kriminalität.

Der WWF spricht von der schlimmsten Wildereikrise in Afrika seit Jahrzehnten. Wie lange hält diese schon an?

Seit etwa 2007. Die Anzahl der illegal getöteten Tiere ist seitdem stark angestiegen: bei Nashörnern um das 90-Fache. Zwischen 2007 und 2014 haben wir mehr als 140 000 Elefanten verloren. Nach wie vor werden mehr Elefanten getötet als auf dem gesamten Kontinent geboren werden. Wir haben Sorge, dass sich die Wilderei in das südliche Afrika ausdehnt.

Bei welchen Themen erwarten Sie noch hitzige Diskussionen?

Beim Vorschlag, diverse Haie und Rochen in Anhang zwei aufzunehmen, prallen die Interessen der Wirtschaft, also der Fischerei, auf die der Naturschützer. Konkret geht es um den Teufelsrochen, dessen Kiemen in der chinesischen Medizin gefragt sind sowie den Seidenhai und mehrere Fuchshai-Arten.

Auch beim Thema Edelhölzer werden Kontroversen erwartet. Um was genau geht es?

Mehrere Baumarten sollen international nur noch eingeschränkt verkauft werden dürfen – darunter auch der Afrikanische Palisander, der mit mehr als 400 000 Kubikmeter jährlichem Umsatzvolumen als das meist gehandelte Edelholz überhaupt gilt. Es gibt bislang keine ausreichende Regulierung, um diese Hölzer zu schützen und die Arten vor dem Verschwinden zu bewahren. Die Abholzung gefährdet die Funktionalität der Ökosysteme in den Wäldern.

Das Gespräch führte Stefan Hantzschmann

Zur Person Arnulf Köhncke

Arnulf Köhncke koordiniert beim WWF Deutschland das internationale Artenschutzprogramm. Ein zentrales Thema seiner Arbeit ist dabei die Wildereikrise in Afrika. Bevor Köhncke zu der Umweltschutzorganisation kam, studierte er in Berlin und Schweden Biologie mit einem Schwerpunkt auf Ökologie und Evolution. Anschließend promovierte er an der Berliner Humboldt-Universität zum Verhalten von Schmetterlingen.