Friedensprozess in der Sackgasse

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Die Einigung auf den Minsker Friedensplan vor fast einem Jahr war ein wahrer diplomatischer Kraftakt. Seitdem hat sich trotz Dutzender Gespräche und Verhandlungen kaum etwas bewegt im Konflikt zwischen der Regierung und den prorussischen Separatisten.

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Noch immer zeichnet sich in dem blutigen Ringen keine endgültige Lösung ab. Wie sieht die Zukunft für die Ostukraine aus? Einige zentrale Fragen und Antworten:

Wie ist die Lage im ostukrainischen Kriegsgebiet?

Ein baldiger Frieden im Frontgebiet zeichnet sich derzeit nicht ab. Zwar gilt schon seit Monaten eine Waffenruhe, die Kiew und die prorussischen Separatisten mehrfach bestätigt haben. Aber geschossen wird trotzdem nahezu täglich. Auch der Abzug der schweren Waffen, mit dem eine entmilitarisierte Zone geschaffen werden soll, kommt nur schleppend voran. Unter dem Konflikt leidet vor allem die Zivilbevölkerung. Minenfelder und Blindgänger führen immer wieder zu Opfern. Außerhalb der großen Städte kommt es bei der Versorgung mit Lebensmitteln zu Engpässen. Viele Menschen sind auf die Hilfe humanitärer Organisationen angewiesen, deren Arbeit von den Separatisten behindert wird.

Was sind die nächsten Schritte im Friedensprozess?

Diplomatische Initiativen sollen ein Jahr nach dem Minsker Abkommen neuen Schwung in den Friedensprozess bringen. Ranghohe Sicherheitsberater von Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande sollen in dieser Woche in Kiew Spielräume für einen Fortschritt ausloten. Deutschland und Frankreich hatten sich vor einem Jahr maßgeblich für den Friedensplan eingesetzt. Beobachter erwarten in den kommenden Wochen auch ein neues Treffen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine.

Die Detailfragen im Streit zwischen Kiew und den prorussischen Aufständischen verhandelt die sogenannte Kontaktgruppe. Allein im Januar werden noch zwei Treffen in der weißrussischen Hauptstadt Minsk erwartet. In diesem Forum beraten die Ukraine, Russland und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit den moskautreuen Separatisten.

Was sind die Probleme?

Von den 13 Punkten des Minsker Friedensplans ist kein einziger vollständig umgesetzt worden. Über die Modalitäten für Lokalwahlen in den Separatistengebieten sind sich die Konfliktparteien noch nicht einig. „Die Wahlen müssen nach dem ukrainischem Recht abgehalten werden“, bekräftigte Präsident Petro Poroschenko kürzlich. Die Aufständischen verlangen eine von Kiew abgelehnte Amnestie, um selbst kandidieren zu können. Beobachter erwarten Lokalwahlen nicht vor Herbst. Für eine politische Lösung ist eine ukrainische Verfassungsreform vorgesehen. Die Frist für eine Abstimmung läuft Ende Januar ab. Ukrainische Nationalisten wollen einen Sonderstatus für die Rebellengebiete verhindern. Beobachter bezweifeln, dass Poroschenko die nötigen 300 Stimmen im Parlament zusammenbekommt.

Wie will sich Russland in den Friedensprozess in der Ostukraine einbringen?

Russland hat Ende Dezember den langjährigen Parlamentspräsidenten Boris Gryslow zu seinem Vertreter in der Kontaktgruppe berufen. Beobachter werten dies als Zeichen für ein aktiveres Engagement Russlands, da Gryslow als Vertrauter von Präsident Wladimir Putin gilt. Von einem Fortschritt bei der Umsetzung des Minsker Plans erhofft sich Moskau eine Lockerung des rigiden Sanktionsregimes, das der Westen seit 2014 verhängt hat. Die Strafmaßnahmen verschärfen eine heftige Wirtschaftskrise in Russland.

Engagiert sich der Westen aus Sicht Kiews genug für den Donbass?

Die Führung in Kiew sähe gern eine härtere Haltung des Westens gegenüber dem Kreml. Auf dem Wunschzettel der Regierung stehen schärfere Sanktionen gegen Russland, Waffenlieferungen und Finanzhilfe gegen die drohende Staatspleite. Zudem fordern Präsident Petro Poroschenko und sein Team immer wieder die Entsendung von Friedenstruppen unter UN- oder EU-Mandat in den Donbass.

Andreas Stein und Thomas Körbel