Hannover/Stockholm

ESC: Jamie-Lee hat Platz eins im Blick

ESC: Jamie-Lee hat Platz eins im Blick Foto: dpa

Wenn am 14. Mai in Stockholm die Fernsehkameras anspringen und die grellen Scheinwerfer blitzen, dann dauert es nicht mehr lange: Jamie-Lee Kriewitz hat ihren ganz großen Auftritt. Die 18-jährige Schülerin aus Springe bei Hannover wird Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) vertreten. Und nach den null Punkten für Ann-Sophie im vergangenen Jahr in Wien könnte Jamie-Lee dieses Jahr mit ihrem Song „Ghost“ mit etwas Glück ganz nach vorn kommen.

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Denn die junge Dame hat etwas, was Ann-Sophie in dieser ausgeprägten Form nicht bieten konnte: einen Stil. Man kann ihn mögen, man kann ihn auch nicht mögen, aber er prägt ihr Profil. Schon beim Vorentscheid trat sie als kleine Manga-Queen auf: Sie trägt bunte Klamotten, auffallenden Kopfschmuck und knuffige Tieranhänger – alles in Anlehnung an asiatische Comics.

Einen Stil, den hatte die letzte deutsche ESC-Siegerin Lena Meyer-Landrut auch, wenn auch einen anderen. Die Parallelen zu Lena muss sich Jamie-Lee schon lange anhören. Lena kommt aus der gleichen Ecke in Deutschland, hat auch dunkle Haare und war bei ihrem Sieg 2010 ähnlich alt. Wenn das mal kein gutes Omen ist. Eine Vorbildfunktion hat Lena für Jamie-Lee allemal, erzählt sie jetzt im Interview. Weil sie sich nicht verstellt habe. Und auch bei der Platzierung will Jamie-Lee ihr nacheifern: „Ich versuche natürlich alles, um auf Platz eins oder unter die ersten fünf zu kommen.“

Woher kommt eigentlich Ihr Vorname – hat da ein prominentes Vorbild etwas inspiriert?

Meine Eltern haben den Namen von der Schauspielerin Jamie Lee Curtis und fanden ihn einfach schön – meinen Namen finde ich cool.

Wie haben Sie sich denn nun auf Schweden vorbereitet?

Mein Bruder und meine Eltern sind in Schweden dabei. Ich selbst war noch nie da, deswegen wird's cool sein, mal dahin zu fahren. Ich habe selbst noch keine richtige Vorstellung von Stockholm, auch noch keine Bilder angeschaut, ich lasse mich gern überraschen und gehe ohne Erwartungen dahin. Deswegen bin ich gespannt.

Steigt schon die Fieberkurve?

Stockholm versuche ich von mir noch etwas wegzuschieben, um mir nicht zu viel Druck zu machen. Und auch nicht die Frage zu stellen: Wie weit kommst du da? Weil ich am Ende zu enttäuscht sein könnte, wenn ich's doch nicht schaffe auf den Platz, den ich mir vorgestellt habe.

Aber mit einem der vorderen Plätze liebäugeln Sie im Finale doch schon, oder?

Ich versuche natürlich alles, um auf Platz eins oder unter die ersten fünf zu kommen. Aber ich muss da aufpassen. Hoffnung und Druck sind da oft das Gleiche. Wenn ich mir zu viel Hoffnung mache, sage ich mir: Jetzt musst du das auch schaffen, und wenn ich mir dann noch vorstelle, wie ich auf der Bühne als Gewinnerin stehe – lieber nicht.

Aber der Ehrgeiz spielt doch eine große Rolle?

Ich glaube, ich bin sehr ehrgeizig bei den Dingen, die ich wirklich will. Dann diskutiere ich auch rum mit den Leuten, die sich in den Weg stellen. Aber ich gucke auch immer, ob wirklich alles klappen kann, was ich mir vorstelle.

Sind Sie schon lange ein ESC-Fan?

Bei mir war der ESC nie das große Thema. Das erste Mal habe ich ihn 2010 gesehen, als Lena gewonnen hat. Aber auch nur das Finale. Die Jahre danach habe ich das Ereignis eher am Rande mitverfolgt. Deswegen ist es jetzt auch cool, da mitzumachen und gucken zu können, wie das da so abläuft.

Hatten Sie schon Kontakt zu Lena?

Ich hatte zu Lena kurz bei „The Voice Kids“ Kontakt gehabt, aber wirklich nur ganz kurz, ich hätte schon gern länger mit ihr geredet. Ging leider nicht.

Die Öffentlichkeit neigt immer wieder zu Vergleichen zwischen Ihnen und Lena, die 2010 den ESC gewann ...

Ich vergleiche mich nicht mit ihr, weil wir komplett andere Musik machen, aber sie hat eine Vorbildfunktion für mich, weil sie sich nicht verstellt hat. Und ich möchte mich auch nicht verstellen.

Macht es für Sie einen Unterschied, nun international und vor viel mehr Zuschauern aufzutreten?

Es macht einen Unterschied, weil da so viele Millionen mehr zuschauen beim ESC, aber ich habe bei „The Voice“ oder dem ESC-Vorentscheid gesehen: Es ist live, aber ich nehme nur die Leute wahr, die gerade im Studio sind.

Gibt es bestimmte Rituale, die Sie vor einem großen Wettbewerb pflegen?

Richtige Rituale habe ich nicht. Ich spreche gern mit Michi und Smudo vor dem Auftritt, damit die mich etwas beruhigen und etwas runterholen von dem ganzen Druck und der Aufregung.

Ihr Mangalook ist doch schon recht eigen. Hilft es Ihnen, so auf sich aufmerksam zu machen?

Ich liebe es aufzufallen. Ich liebe den Gedanken, wenn ich durch die Straßen laufe, dass ich eher in den Köpfen anderer Menschen hängenbleibe. Es hat etwas, wenn man auffällt. Auch nach meiner Mangaphase werde ich auffällig herumlaufen. Vorher hab ich es auch schon gemacht: mal total schwarz gekleidet mit Piercings, und dann hatte ich auch mal pinke Haare.

Die Fragen stellte Martin Klostermann