Rheinland-Pfalz/Karlsruhe

Entsetzen nach Anschlag auf Asyl-Unterkunft

Asylunterkunft
Ein Absperrband der Polizei vor der Asylbewerberunterkunft in Limburgerhof - hier schockte ein Brandanschlag, brachte aber auch eine Welle von Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung zutage. Foto: Uwe Anspach

Der Schock sitzt tief: Unbekannte Täter haben in der Pfalz einen Brand in einem eingeschossigen Flachdachhaus gelegt, in dem 18 Asylbewerber untergebracht werden sollten. Der Verdacht der Brandstiftung erhärtete sich nach einer Begutachtung durch Sachverständige.

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Von unseren Redakteuren Dietmar Brück und Ursula Samary

Die Staatsanwaltschaft sieht in der Wahl des Hauses in der Gemeinde Limburgerhof ein Indiz für einen fremdenfeindlichen Hintergrund, ermittelt aber in alle Richtungen. „Unter Hochdruck“, wie der Leitende Staatsanwalt gegenüber unserer Zeitung versicherte.

Der Brand der geplanten Asylbewerberunterkunft in Limburgerhof entstand auf dem Dach des Flachbaus.
Der Brand der geplanten Asylbewerberunterkunft in Limburgerhof entstand auf dem Dach des Flachbaus.
Foto: dpa

Bürger, Landes- und Lokalpolitiker reagierten fassungslos auf den mutmaßlichen Anschlag, der Mittwochnacht gegen 2 Uhr verübt wurde und 50 000 Euro Schaden anrichtete. Rosemarie Patzelt (FWG), Erste Beigeordnete des gut 11 000 Einwohner zählenden Ortes, meinte: „Ich finde es ganz entsetzlich, dass anscheinend die Hemmschwellen immer mehr sinken.“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erklärte: „Das ist kein guter Tag für Rheinland-Pfalz.“ Sie, aber auch Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) betonten, dass die Landesregierung jetzt erst recht für eine Willkommenskultur kämpfen werde. Landes- und Lokalpolitiker versicherten, dass Rheinland-Pfalz ein weltoffenes Land ist und bleibt.

CDU-Chefin Julia Klöckner bedauerte, dass ein falsches Bild von der Region um Limburgerhof entstehe. „Hier gibt es eine Fülle von Initiativen, in denen Menschen Flüchtlingen helfen“, sagte sie unserer Zeitung. Der mutmaßliche Anschlag wurde von allen Parteien im Landtag scharf verurteilt, aber auch von Gewerkschaften, Kirchen und vielen anderen Organisationen.

Unterdessen begann in derselben Nacht in mehreren Bundesländern – auch in Rheinland-Pfalz – eine Großrazzia gegen die bisher unbekannte Vereinigung „Oldschool Society“ (OSS), hinter der sich eine rechte Terrorgruppe verbergen soll. Die Bundesanwaltschaft befürchtete offenbar unmittelbar bevorstehende Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte, Moscheen und bekannte Salafisten. Daher wollte sie die Gruppe zerschlagen. Vier Festgenommene hatten sich wohl bereits Sprengmittel für etwaige terroristische Anschläge beschafft.

Bei der Razzia wurden pyrotechnische Gegenstände „mit großer Sprengkraft“ sowie weitere Beweismittel sichergestellt, so die Bundesanwaltschaft. Durchsucht wurden auch Wohnungen von fünf Beschuldigten – etwa in Hahnstätten (Rhein-Lahn-Kreis). Dort geriet ein Ehepaar ins Visier der Fahnder. Es blieb aber auf freiem Fuß. Auf die Vereinigung aufmerksam geworden waren Verfassungsschützer, auch in Rheinland-Pfalz.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, möglicherweise wurde die Bildung einer Organisation nach dem Vorbild des NSU verhindert. Der rechtsextreme Nationalsozialistische Untergrund war mit seiner Mordserie jahrelang unentdeckt geblieben. Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) lobte die gute länderübergreifende Kooperation, die möglicherweise eine neue rechtsextremistische Terrorgruppe verhinderte. Die Sicherheitsbehörden seien inzwischen extrem wachsam.