Rheinland-Pfalz

Dranbleiben und Durchhalten: Was Langzeitarbeitslose tun sollten

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Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto schwieriger wird es, den Schritt zur neuen Stelle zu schaffen. Und nach zwölf Monaten ohne Job kommt dann auch noch das Etikett „langzeitarbeitslos“ hinzu. Wir haben mit Nadine Süß, Teamleiterin Allgemeine Vermittlung bei der Arbeitsagentur Koblenz, über die Möglichkeiten in dieser schwierigen Lage gesprochen.

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Rheinland-Pfalz – Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto schwieriger wird es, den Schritt zur neuen Stelle zu schaffen. Und nach zwölf Monaten ohne Job kommt dann auch noch das Etikett „langzeitarbeitslos“ hinzu, was die Sache psychisch erschwert.

Viele Ältere beziehen zwar dennoch weiter Arbeitslosengeld I, weil sie lange genug in die Versicherung einbezahlt haben; für sie bleibt dann auch vorerst die Arbeitsagentur zuständig. Andere werden nun aber vom Jobcenter betreut und beziehen Hartz IV. Wir haben mit Nadine Süß, Teamleiterin Allgemeine Vermittlung bei der Arbeitsagentur Koblenz, über die Möglichkeiten in dieser schwierigen Lage gesprochen. Ihre Tipps:

Nicht lockerlassen: Es ist wohl der schwierigste Rat, aber auch einer der wichtigsten. Natürlich wächst mit jedem Monat erfolgloser Arbeitsuche die Frustration. Doch wer sich selbst innerlich aufgegeben hat, hat schlechte Karten. Nadine Süß kämpft deshalb gegen die Einstellung: „Bisher hat nichts geklappt, jetzt suche ich gar nicht mehr weiter.“

Einen Tagesplan aufstellen: Eine große Gefahr ist gerade bei längerer Arbeitslosigkeit, dass sogenannte Grundqualifikationen verloren gehen können. Dazu gehört unter anderem das pünktliche Aufstehen am Morgen. „Entwöhnt“ sich der Betroffene davon, hat er es viel schwerer, wieder in die Abläufe eines Arbeitstages hineinzukommen. Nadine Süß empfiehlt deshalb, einen Tagesplan aufzustellen und diesen dann auch konsequent abzuarbeiten. Möglicherweise gibt es ein Hobby, das nun intensiver betrieben werden kann. Oder der Betroffene engagiert sich im Ehrenamt, um Bestätigung zu bekommen – und das Gefühl, gebraucht zu werden.

Eingliederung besprechen: Die Termine beim Vermittler sollten dazu genutzt werden, eine möglichst konkrete Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Darin steht dann beispielsweise, was die Arbeitsagentur anbietet – und was ihr Kunde bis zum nächsten Gespräch tut. Daraus ergibt sich ein Leitfaden, der es erlaubt, immer wieder eine Zwischenbilanz zu ziehen: „Was ist abgearbeitet – und was müssen wir als Nächstes anpacken?“, erklärt Teamleiterin Süß das Verfahren.

Die Kenntnisse erweitern: Wenn Arbeitslosigkeit überhaupt etwas Gutes hat, dann die frei verfügbare Zeit. Sie sollte genutzt werden, um neue Qualifikationen zu erwerben – schon kleine Bausteine signalisieren dem möglichen künftigen Arbeitgeber, dass der Jobsuchende engagiert ist. Die Arbeitsagenturen haben dazu die „Lernbörse exklusiv“ eingerichtet. Viele Angebote zielen auf PC-Kenntnisse ab: Wer will, kann endlich lernen, mit zehn Fingern zu tippen oder sein Ablagesystem für E-Mails neu zu organisieren. Vermittelt wird beispielsweise auch, was bei einer Präsentation auf Englisch zu beachten ist. Das System ist internetbasiert, die Agenturen haben entsprechende PC-Arbeitsplätze eingerichtet. Für einen bestandenen Abschlusstest gibt es ein Zertifikat, das dann die Bewerbung schmückt.

Berufliche Alternativen prüfen: Die Berater in Jobcenter oder Arbeitsagentur definieren anhand der Ausbildung oder der Vorkenntnisse ihres „Kunden“ zunächst einen beruflichen Schwerpunkt. Falls sich im erlernten Beruf aber partout keine Möglichkeit auftut, suchen sie auch Alternativen dazu. So kann ein Maurer möglicherweise auch im Trockenbau tätig werden; eine Fachkraft für Lagerlogistik wird vielleicht als Staplerfahrer gebraucht; und eine gelernte Industriekauffrau bekommt unter Umständen eine Chance als Bürokauffrau. Arbeitslose, die sich derartigen Überlegungen nicht völlig verschließen, haben unter Umständen bessere Karten. Wobei Nadine Süß betont: „Wir drängen Bewerber nicht in andere Berufe.“

Umschulung erwägen: Die Zeiten, in denen massiv umgeschult oder weitergebildet wurde, sind vorbei. „Wir prüfen die Notwendigkeit“, heißt es dazu bei der Arbeitsagentur Koblenz. Die Kernfrage ist: „Kann ich den Bewerber danach besser platzieren?“ Falls sich jemand beispielsweise den Pflegebereich vorstellen kann, in dem die Nachfrage groß ist, kommt unter Umständen eine Umschulung infrage. Zuvor wird der Interessent aber getestet: Kann er wirklich leisten, was der künftige Beruf erfordert?

Bewerbung gut vorbereiten: Wer sich schon lange nirgendwo mehr beworben hat, muss sein Wissen darüber erst einmal auf den aktuellen Stand bringen. Wie wird beispielsweise der Lebenslauf üblicherweise aufgebaut? Ist der PC unter allen Umständen Pflicht? Wie es richtig geht, können Arbeitslose in speziellen Kursen trainieren. Auch ein kamerabegleitetes Gespräch ist möglich – da fällt dann schnell auf, wenn jemand mit verschränkten Armen dasitzt und so Abwehr signalisiert.

Sich möglichst gut verkaufen: Ist ein Vorstellungsgespräch zustande gekommen, sollte sich der Bewerber nicht scheuen, auf mögliche Zuschüsse für den Arbeitgeber hinzuweisen. Was infrage kommt, ist individuell sehr unterschiedlich und muss vorab mit dem Berater geklärt werden. Wer merkt, dass sein Gegenüber zögert, kann auch anbieten, erst einmal in das Unternehmen reinzuschnuppern. Ziel ist zwar immer eine dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, sagt Nadine Süß. Ein Praktikum eröffnet aber beiden Seiten die Gelegenheit, sich kennenzulernen.

Von unserem Redakteur Jörg Hilpert