Rheinland-Pfalz

Bruch: NPD-Verbot kein Wahlkampfgetöse

NPD-Verbot
Seit Jahren gibt es die Forderung nach einem NPD-Verbot. Allerdings haben viele Politiker Zweifel am Erfolg eines erneuten Verfahrens. Foto: dpa

SPD-Innenminister und -senatoren von fünf Bundesländern – darunter Karl Peter Bruch aus Rheinland-Pfalz – haben Mitte des Vorjahres eine Materialsammlung zur NPD vorgelegt, um ein neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei in Gang zu bringen. Zudem macht sich seit einigen Monaten Bayerns Innenminister Joachim Herrmann vehement für den erneuten Gang nach Karlsruhe stark. Wird es 2010 einen neuen Anlauf geben? Karl Peter Bruch im Interview:

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Viele Ihrer Amtskollegen sind gegen einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren. Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) sprach gar von „Wahlkampfgetöse der SPD-Innenminister“. Was halten Sie dem entgegen?

Wahlkampfgetöse ist das Ganze schon einmal gar nicht. Dafür ist das Thema viel zu ernst. Jeder Innenminister, auch der Bundesinnenminister, stuft diese Partei ja als verfassungsfeindlich ein. Die Frage ist: Ist die Vorbedingung, ein Verbot zu erreichen, erfüllt. Dazu müsste belegt sein, dass die NPD aktiv kämpferisch gegen die Verfassung tätig wird. Da sagen wir, dass es viele Aussagen von NPD-Funktionären gibt, dass dieser Staat abgeschafft gehört, und die Beteiligung von NPD-Leuten an Straftaten ist bekannt. Deshalb haben wir im Vorjahr neu gesammeltes Material vorgestellt. Das Ganze ist dann allerdings im Sande verlaufen.

Bis Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vorpreschte ...

Es gab ein Gespräch zwischen den Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und Horst Seehofer (CSU). Beide waren sich einig: „Wir können nicht einfach nur zuschauen.“ Herrmann hat dann einen neuen Anlauf angekündigt. Nun gilt es, abzuwarten, was die kommenden Gespräche zwischen den einzelnen Verfassungsschutzbehörden bringen.

Gibt es denn aus Ihrer Sicht neue, verfassungsrechtlich durchschlagende Gründe, warum ein neues Verfahren tatsächlich zu einem NPD-Verbot führen könnte?

Aus unserer Sicht sind die vorliegenden Gründe, die ja auch aus der neuen Materialsammlung ersichtlich sind, ausreichend, um das Verfahren auf den Weg zu bringen.

Das Verbotsverfahren 2003 scheiterte wegen der Problematik der V-Leute. Wie kann das gelöst werden?

Wir haben das ja geprüft und uns gefragt, ob wir die Erkenntnisse dieser Quellen eigentlich benötigen. Wir sind der Meinung: Was wir öffentlich wissen, reicht für den Gang nach Karlsruhe völlig aus.

Glauben Sie, dass sich die Innenminister der Länder 2010 auf eine gemeinsame Linie einigen könnten?

Das hätten wir schon gern. Aber ich sehe im Moment nicht, dass wir eine durchgehende, einheitliche Linie haben. Wir sind derzeit ja nur fünf, die diesen neuen Anlauf wollen, sozusagen eine radikale Minderheit. Und es gilt das Einstimmigkeitsprinzip.

Wieso ist das Verbot aus Ihrer Sicht unabdingbar?

Wir sind der Meinung, die Organisationsstruktur muss zerschlagen werden. Wir können nicht akzeptieren, dass sich jemand in einem Landtag hinstellt und sagt, ich will dieses Land oder diese Verfassung abschaffen. In Sachsen und in Mecklenburg-Vorpommern ist das geschehen. Und das haben wir ja alle schon einmal erlebt, dass einer das gesagt hat. Allein das würde aus meiner Sicht reichen, um zu sagen, jetzt ist es an der Zeit, Tabula rasa zu machen. Dass wir so nicht die Gesinnung von Einzelnen wegbekommen, ist mir klar. Dazu muss natürlich die gesellschaftliche Auseinandersetzung kommen.

Wie ist die NPD in Rheinland-Pfalz verankert?

Sie war schon stärker, ist aber nicht zu unterschätzen. Das Ganze ist zu sehen wie eine Hydra, ein Ungeheuer, das sich immer wieder bildet. Aber die Aktivitäten, etwa Schulungszentren zu errichten, diese Verrücktheiten haben sehr nachgelassen. Dem sind wir auch sehr aktiv begegnet. Die Mitgliederzahl des NPD-Landesverbandes verblieb wie im Vorjahr bei weniger als 300 Personen, die sich in zehn Kreisverbänden organisiert haben. Ein Teil dieser Kreisverbände steht unter der Leitung von Neonazis. Über diesen Personenkreis gibt es auch Kontakte zu einer besonders aktiven neonazistischen Gruppierung im Raum Ludwigshafen. Wir schauen da genau hin. Aber wir sollten auch nicht die Drohkulisse eines großen Rechtsrucks an die Wand malen. Den haben wir nicht. Das sieht man auch an den Wahlergebnissen. Aber: Diejenigen, die aktiv sind, sind gegen den Staat eingestellt.

Das Gespräch führte Holger Schleper