Rheinland-Pfalz

Ring-Verkauf: Rot-Grün gibt sich demütig

Ernste Mienen, angespannte Haltung: Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Innenminister Roger Lewentz und Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro (alle SPD, von links) vermieden jegliche Jubelstimmung. Aber sie hoffen durch Capricorn auf einen Neuanfang am Nürburgring.  Foto: dpa
Ernste Mienen, angespannte Haltung: Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne), Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Innenminister Roger Lewentz und Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro (alle SPD, von links) vermieden jegliche Jubelstimmung. Aber sie hoffen durch Capricorn auf einen Neuanfang am Nürburgring. Foto: dpa

Ministerpräsidentin Malu Dreyer wirkte ernst und angespannt. Die Minister und Staatssekretäre verzogen ebenfalls keine Miene. Erleichterung und Zufriedenheit über den Zuschlag für die Düsseldorfer Unternehmensgruppe Capricorn beim Ringen um den Verkauf des Nürburgrings blitzen in der Mainzer Staatskanzlei nur gelegentlich auf.

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Von unserem Redakteur Dietmar Brück

Die Regierungschefin, Innenminister Roger Lewentz, Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro (alle SPD) und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke (Grüne) wussten genau, dass eine allzu euphorische oder selbstgefällige Rhetorik fehl am Platz gewesen wäre. Der durch die Insolvenz einer Landesgesellschaft erzwungene Verkauf des Nürburgrings ist für Motorsportfans und Eifler rund um die Rennstrecke ein Trauertag. Zumal Hunderte von Millionen Euro endgültig verloren sein dürften.

„Zu groß zu viel“

Dreyer ließ sich dennoch nicht zur Kritik an ihrem Vorgänger Kurt Beck (SPD) hinreißen. Sie räumte lediglich ein, dass die von ihm zugegebenen Fehler nicht mehr rückgängig zu machen seien. „Wir entschuldigen uns dafür noch einmal“, sagte sie. Zuvor hatte sie mit Blick auf den 330 Millionen Euro teuren, überdimensionierten Freizeit- und Erlebnispark eine Fehlkalkulation der früheren SPD-Alleinregierung eingestanden: „Zu groß, zu viel. Es wurde mit handwerklichen Fehlern gebaut.“

Angesichts der verlorenen Millionen für die Freizeitanlagen in der Eifel gab Dreyer fast schon eine Binsenweisheit von sich: „Wir werden wohl nicht alles zurückkriegen.“ Die Insolvenzverwalter hatten für Rennstrecken, Hotels, Ferienpark, Partydorf, Ringwerk und Boulevard lediglich 77 Millionen Euro erzielt. Den größten Wert stellten dabei Nordschleife und Grand-Prix-Kurs dar.

Nicht mal 50 Millionen Euro für das Land

CDU-Fraktionsvize Alexander Licht wies darauf hin, dass nicht einmal die 77 Millionen wieder zurück ans Land fließen werden. Er geht von einer Summe von weit weniger als 50 Millionen aus. Denn nicht nur das Land ist Gläubiger, auch kleine und mittlere Betriebe wollen insgesamt einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag zurück. Dazu kommen Verfahrenskosten wie die Anwalts- und Beraterhonorare für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Diese dürften ebenfalls im Millionenbereich liegen. All das ist nach Einschätzung Lichts in Abzug zu bringen.

Der Christdemokrat will Ministerpräsidentin Dreyer nicht aus der Verantwortung entlassen. Er erinnerte daran, dass sie in der heißen Phase des Ringskandals 2009 als Sozialministerin am Kabinettstisch saß. Damals seien die Minister alle 14 Tage oder drei Wochen über den Stand der Dinge unterrichtet worden. „Sie ist Teil der Beck-Deubel-Hierarchie, die das Ganze verursacht hat“, meinte Licht.

Ausgerechnet am Tag des Verkaufs plädiert die Staatsanwältin

Der frühere Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) musste 2009 zurücktreten und sich wegen mutmaßlicher Untreue vor dem Koblenzer Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer vier Jahre Gefängnis gefordert, just an dem Tag, an dem der Verkauf des Nürburgrings verkündet wurde. Eine fast unglaubliche zufällige Verknüpfung zweier Stränge des Ringkomplexes. Ministerpräsidentin Malu Dreyer verweigerte erwartungsgemäß jeden Kommentar zu dem laufenden Verfahren. Doch sie scheint tief getroffen von dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Zu dem geforderten Strafmaß meinte sie mit belegter Stimme: „Es hat mich mehr als berührt.“

CDU-Vize Licht ist an dieser Stelle wenig nachsichtig. Auf die Frage, ob eigentlich die frühere SPD-Landesregierung mit auf der Koblenzer Anklagebank sitzen müsste, meinte er: „Ja, exakt.“

Die Landesregierung hofft jetzt auf einen Neuanfang mit Capricorn am Ring. „Wir sind heute nicht in Jubelstimmung, aber wir freuen uns“, meinte Malu Dreyer. Sie und ihre Minister sagten Unterstützung bei der Entwicklung eines Technologieparks zu, den Capricorn plant. Neue Landesgelder indes werden vorerst keine fließen.

Verlierer sieht es „sportlich“

Enttäuschung herrschte beim Nürburgring-Mitbewerber H.I.G.. Bis zuletzt hatte die internationale Investmentgesellschaft offenbar sicher mit dem Zuschlag für den Kauf des Eifelkurses gerechnet. Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, der zu dem Bieterkonsortium gehörte, zeigte sich gegenüber unserer Zeitung als fairer Verlierer: „Wir sehen es sportlich. Es bleibt uns, dem Ring eine glückliche und erfolgreiche Zukunft zu wünschen.“