Rheinland-Pfalz

Interview mit Heinz Rethage: „Sanierung klappt nur ohne Politik“

Heinz Rethage
Heinz Rethage Foto: dpa

Heinz Rethage verlässt die Hahn-Geschäftsführung ohne Zorn. Seine Erkenntnis zum Abschied: Die Sanierung des kriselnden Flughafens gelingt nur, wenn die Politik sich raushält. Ein Interview.

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Ihr Rückzug aus der Hahn-Geschäftsführung ist besiegelt. Wie enttäuscht sind Sie?

Eine erfolgreiche Sanierung eines Flughafens wie dem Hahn ist nur möglich, wenn man den Aufsichtsrat voll und ganz hinter sich hat. In dieser Form war das nie der Fall. Ich habe den Aufsichtsrat immer ein wenig in Richtung harten Einsparkurs und Aufklärung der fragwürdigen Vorfälle um die Passagierabfertigung schieben müssen. Meinen harten und konsequenten Stil trägt dieses Gremium nicht mit. Dafür fehlte wohl das Vertrauen. Das ist mir in der Sitzung noch einmal klar geworden. Von daher bin ich enttäuscht, aber nicht verbittert. Mein Rückzug von der Geschäftsführung war unvermeidbar.

Gestolpert sind Sie schließlich über die vielen Vorwürfe, die gegen Sie erhoben wurden. Welche Fehler haben Sie gemacht?

Ich halte die Vorwürfe nach wie vor an keiner Stelle für stichhaltig. Aber sie sind natürlich auch Ausdruck des Auseinanderdriftens zwischen Aufsichtsrat und mir und dem gestörten Vertrauen etwa zwischen Teilen des Betriebsrats und mir. Mir ist es nicht gelungen, am Hahn eine Atmosphäre zu schaffen, die das Entstehen einer solchen Konfrontation verhindert hätte.

Welche Bilanz Ihres Wirkens ziehen Sie?

Mit meiner fachlichen Bilanz bin ich zufrieden. Meine Leute und ich haben ein – von allen Seiten akzeptiertes – Sanierungskonzept für den Flughafen erstellt. Das anvisierte Einsparpotenzial von 15 Prozent der Kosten in zehn Jahren ist ein sportliches Ziel, hinter dem sich alle – übrigens auch der Betriebsrat – versammelt haben. Und wir haben es geschafft, dass der Staatsanwalt die Serve & Smile Dienstleistungs GmbH (SSD) untersucht, also das Geschäft mit der Passagierabfertigung. Besonders froh bin ich über das dritte Ergebnis, das wir erreicht haben. Deswegen habe ich meinen Abschied so lange hinausgezögert. Am Flughafen Hahn gibt es Leute, die im alten System verharren, inzwischen aber auch viele, die Veränderungen anstreben. Das hat zu Spannungen in der Belegschaft geführt, aber auch dazu, dass sich mehr Mitarbeiter trauen, ihre Unzufriedenheit und ihren Wunsch nach einer neuen Unternehmenskultur offen auszusprechen.

Meinen Sie die vielen Briefe – auch in Richtung Mainz?

Auch die. In Mainz hat man erkannt, wie groß die internen Probleme sind, und hat jetzt mit dem Wirtschaftsprüfer Hansgünter Oberrecht einen neutralen Mediator eingeschaltet. Ihn halte ich für sehr kompetent und geeignet. Seine Berufung ist ein wichtiger Schritt hin zur Befriedung der Konflikte. Diese Entwicklung kam übrigens maßgeblich unter Vermittlung von Wirtschaftsministerin Eveline Lemke zustande, deren konstruktive Rolle im Hintergrund bislang nicht bekannt wurde.

Aber haben Sie einen Teil dieser Konflikte nicht selbst provoziert?

Ich habe den Leuten, die jahrelang den Mund gehalten haben, Mut gemacht, den Mund aufzumachen. Das hat natürlich auch zu der aktuellen Konfliktlage beigetragen.

Wie unabhängig muss eine Flughafengesellschaft von der Politik sein, um Erfolg zu haben?

Die Politik darf gar keinen Einfluss nehmen. Politik schielt nach Mehrheiten und ist damit leicht erpressbar. Dementsprechend schwer bis unmöglich ist es, mutige unternehmerische Entscheidungen zu fällen. Natürlich müssen die Mitarbeiter eingebunden werden. Aber die höchste Entscheidungsgewalt muss der Geschäftsführer haben. Daher glaube ich fest daran, dass der Flughafen Hahn langfristig nur eine Chance am Markt hat, wenn er in private Hände gelangt. Wir brauchen dringend einen Investor, der den Airport unternehmerisch führen will und kann.

Als Sanierer halten Sie 15 Prozent Kostenersparnis am Hahn für machbar. Was heißt das für andere Landeseinrichtungen?

Am Hahn und auch zuvor beim Landesbetrieb Mobilität lassen und ließen sich Kosten in dieser Größenordnung sparen. Ein entsprechendes Einsparpotenzial dürfte es auch in anderen Landesbetrieben und -verwaltungen geben. Würde man das heben, könnte man allein damit den Landeshaushalt sanieren. Voraussetzung sind der politische Wille und die Bereitschaft aller Akteure, an einem Strang zu ziehen.

Das Gespräch führte Dietmar Brück