Mainz

3-D-Druck könnte die gesamte Gesellschaft revolutionieren

Es war im Jahr 1984, als der US-amerikanische Erfinder Chuck Hull den ersten Drucker vorstellte, der in drei Dimensionen drucken kann. Zu Beginn waren es eher kleine Ersatzteile für den Modellbau, doch dann ging die neue Technik in die großen, geheimen Bereiche: Industrie, Luftfahrt, Formel 1 – „überall, wo sie hochbelastbare Stoffe mit geringem Gewicht brauchen, ist 3-D-Druck längst Alltag“, sagt Matthias Fink.

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Von unserer Mitarbeiterin Gisela Kirschstein

Fink ist Chef des Instituts für Innovationen an der Universität Linz, der 3-D-Druck fasziniert ihn als eine Entwicklung, die die Gesellschaft revolutionieren wird. Das gilt vor allem für die Medizin: Künstliche Knochen einfach ausdrucken, passende Zähne, vielleicht sogar einmal Organe – weit ist die Wissenschaft davon nicht mehr entfernt. Das wurde in Mainz beim weltweit ersten Internationalen Kongress für 3-D-Druck in der Medizin deutlich.

Der Vorteil der neuen Technik: „Wir müssen nicht den Körper dem Implantat anpassen, sondern wir passen das Implantat an den Körper an“, sagt Matthias Schwabe, Leiter der Forschung an der Uniklinik. Die Medizin kehre so zurück zur Individualität des einzelnen Patienten, Implantate und andere „Ersatzteile“ für den Körper werden besser verträglich, weil sie direkt auf den Patienten angepasst werden können. „Die Massenproduktion wird durch ressourcensparende, individuelle Lösungen abgelöst“, sagt Schwabe.

Besonders passend also, dass eben diese Entwicklung in der Stadt vorangetrieben wird, in der einst Johannes Gutenberg den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfand. „Gutenberg läutete die Demokratisierung des Wissens ein“, sagt Petra Nikolic vom Mainzer Gutenberg-Museum, und er legte damit auch den Grundstein für eine neue Vielfalt und Breite im Wissenssektor.

Heute präsentiert das Gutenberg-Museum nicht nur eine Ausstellung zum 3-D-Druck, bei der ein 3-D-Drucker eine kleine Gutenberg-Figur ausdruckt. Das Museum spekuliert auch auf ganz praktischen Nutzen der neuen Technik: Metallene Verschlüsse und andere notwendige Elemente zur Restaurierung von Büchern ausdrucken, das ist bald Zukunft.

Museen, Theater, wissenschaftliche Einrichtungen – für alle diese biete der 3-D-Druck ganz neue Möglichkeiten, sagt auch Schwabe. So könnten etwa Naturhistorische Museen nachgebildete Dinosaurierknochen einfach ausdrucken, Architekturmodelle würden schon jetzt so hergestellt. „Ein Möbelhaus wie Ikea wird einfach einen 3-D-Drucker aufstellen, an dem man sich wie eine Cola das richtige Ersatzteil ziehen kann“, prophezeit Schwabe.

In Mainz wollen sie deshalb nun die Anwendungsmöglichkeiten der neuen Technik noch stärker erforschen und die verschiedenen, dafür notwendigen Bereiche zusammenbringen. Beim Landesschwerpunkt „BiomaTiCS“ arbeiten Chirurgen und Materialwissenschaftler gemeinsam an der Weiterentwicklung des 3-D-Drucks in der Medizin, denn noch haben die Ärzte ein Problem: Ganze Organe können sie noch nicht ausdrucken.

„Wir könnten uns als Uniklinik einen solchen Drucker kaufen und ihn in einer eigenen Firma als Dienstleister für die Kliniken in der ganzen Region verwenden“, sagt Schwabe. Solche Zentren sieht auch Fink in der Zukunft entstehen: „Es wird Zentren geben, die sich hochwertige Drucker anschaffen und mit verschiedenen Materialien arbeiten, also Keramik, Metall oder synthetischem Gewebe“, sagt der Wissenschaftler und ergänzt: „Die liefern dann sehr schnell die nötigen Elemente für die Operationen zu, das gewünschte Teil wird dann mit dem Paketdienst oder der Drohne zugeliefert.“

Zuletzt sei eine große Dynamik in der 3-D-Druck-Branche entstanden, wichtig wäre nun, dass die Politik die Akzeptanz der Technik in der Bevölkerung unterstütze. „Wir müssen“, sagt Fink, „die Potenziale der neuen Technik noch besser erklären – es ist eine Technik, die helfen kann.“