Waffenstillstand: Ein bisschen Frieden?

Ein ukrainischer Soldat winkt von seinem Schützenpanzer.
Ein ukrainischer Soldat winkt von seinem Schützenpanzer. Foto: dpa

Russlands Präsident Wladimir Putin hat einen Sieben-Punkte-Plan zur Lösung der Krise in der Ukraine vorgelegt. Zuvor hatte er sich bei einem Telefonat mit seinem ukrainischen Amtskollegen Petro Poroschenko auf den Fahrplan für einen zeitweiligen Waffenstillstand geeinigt. Details sollen noch bekannt gegeben werden.

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US-Präsident Barack Obama und der Estländische Präsident Toomas Hendrik schreiten die Ehrengarde ab.
US-Präsident Barack Obama und der Estländische Präsident Toomas Hendrik schreiten die Ehrengarde ab.
Foto: dpa

Diese neue Wende im Ukraine-Konflikt ereignete sich vor dem Hintergrund der Visite des US-Präsidenten Barack Obama in Estland. Obama sicherte den Balten die Stationierung weiterer Soldaten der amerikanischen Luftwaffe zu.

Erst telefonierte Kremlchef Wladimir Putin lange mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko. Dann, im Flugzeug auf dem Weg in die Mongolei, hat er „ein paar Vorstellungen, eine Art Aktionsplan“ zur Lösung der Ukraine-Krise skizziert, erklärte Putin in Ulan-Bator den mitgereisten russischen Journalisten.

Putins Sieben-Punkte-Plan

Putins Sieben-Punkte-Plan sieht als Erstes vor, dass sowohl die ukrainische Armee als auch die prorussischen Separatisten im Südosten der Ukraine ihre Angriffe in Richtung Donezk und Lugansk einstellen. Als Zweites müssen die Einheiten der Regierungstruppen so weit abgezogen werden, dass ein Artilleriebeschuss von Städten durch die Armee nicht mehr möglich ist. Drittens soll die Feuerpause von einer internationalen Beobachtertruppe überwacht werden. Weitere Punkte sind die Einstellung von Luftangriffen auf zivile Ziele und der Austausch aller Gefangenen ohne Vorbedingungen, die Öffnung von Korridoren für Flüchtlinge sowie der Einsatz von Aufbaubrigaden zur Wiederherstellung der zerstörten Infrastruktur in der Region.

Putin äußerte die Hoffnung, dass eine Einigung auf diese Punkte bis Freitag möglich ist. Er betonte, seine Ankündigung sei „in Entwicklung aus dem heutigen Telefonat mit Präsident Poroschenko“ entstanden. Man sei sich weitgehend einig über Wege zur Lösung der Krise. Allerdings hatte es zunächst sehr widersprüchliche Meldungen über die Einigung gegeben. Der ukrainische Präsident hatte beim Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet, er sei mit Putin zu einer Übereinkunft über einen „dauerhaften Waffenstillstand gekommen“. So meldete es auch die Internetseite von Poroschenkos Präsidialverwaltung. Der Protest aus Moskau kam prompt. „Russland kann keine Verhandlungen über eine Feuerpause führen, da es keine Konfliktpartei ist“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Er folgte damit der offiziellen Moskauer Lesart, wonach Russland in die Ukraine keine Soldaten entsandt hat. Peskow räumte aber ein, Putin und Poroschenko hätten über Schritte zum Ende der militärischen Auseinandersetzungen zwischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen gesprochen. So stand es wenig später auch korrigiert auf Poroschenkos Internetseite.

Mit dem Rücken zur Wand

In der vergangenen Woche war das Ausmaß der russischen militärischen Einmischung im Südosten der Ukraine ans Licht gekommen. Die Separatisten waren durch die Angriffe der ukrainischen Armee zunehmend unter Druck geraten. Russische Soldaten, meist als Aufständische verkleidet, kamen ihnen zu Hilfe. „An diesem Punkt war klar: Wenn Russland sich für den Weg zur Eskalation entscheidet, dann ist es nicht mehr zu stoppen. Eine Niederlage der Separatisten würde es noch hinnehmen – eine eigene nicht“, sagt Dmitri Trenin vom Moskauer Carnegie Center. Somit stand Poroschenko mit dem Rücken zur Wand und habe gar keine andere Wahl gehabt, als Putins Vorschlägen für eine Feuerpause zuzustimmen.

Skeptiker befürchten, dass die Feuerpause hauptsächlich den Separatisten nützt. Sie könnten den Abzug der Regierungstruppen ausnutzen, um ihre Stellungen auszubauen und weiteren Nachschub aus Russland zu erhalten. Vielleicht lenkt Putin aber auch tatsächlich ein – auch deshalb, weil der internationale Druck wächst. Heute will die Nato bei ihrem Gipfel in Newport in Wales über eine stärkere Präsenz in Osteuropa beraten. Und die EU will am Freitag weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängen.

Obama spricht in Estland klare Worte

Auf dem Weg zum Nato-Gipfel besuchte US-Präsident Obama die Baltenrepublik Estland. Er kritisierte Russland scharf. Es sei „bewiesen“, dass sich in der Ukraine „russische Kampfeinheiten mit russischen Waffen und russischen Panzern“ aufhielten. Die Versuche, ein im 19. Jahrhundert verloren gegangenes Territorium mit Gewalt zurückzuholen, seien nicht der Weg, mit dem Russland seine Größe im 21. Jahrhundert zeigen könne. Zugleich sicherte Obama den Balten unerschütterlichen Beistand der USA zu. Er kündigte die Entsendung weiterer Soldaten der amerikanischen Luftwaffe und Flugzeuge ins Baltikum an.