Rheinland-Pfalz

Versicherung: Land fordert staatliche Hilfe für Hebammen

Der Hebammenverband warnt, dass viele freie Geburtshelferinnen schon bald aufgeben müssen.
Der Hebammenverband warnt, dass viele freie Geburtshelferinnen schon bald aufgeben müssen. Foto: dpa

Die rheinland-pfälzischen Frauenärzte und Gesundheitsminister Alexander Schweitzer (SPD) fordern eine dauerhafte Existenzsicherung für die Hebammen. Angesichts der Kostenexplosion bei der Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen plädiert Schweitzer für eine Begrenzung der Haftungssumme – beispielsweise auf 1 Million Euro.

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Von Claudia Renner und Christian Kunst

„Den Rest könnte ein staatlicher Fonds übernehmen“, sagte er unserer Zeitung. Daneben müsse die Vergütung so gestaltet werden, dass freiberuflich tätige Hebammen „ihren anspruchsvollen und wichtigen Beruf ausüben können und dass sie von den Honoraren gut und angemessen leben können“.

Der Chef der Frauenärzte im Land, Dr. Werner Harlfinger, fordert zudem, dass Beleghebammen künftig über die Klinik versichert werden. „Im Kreißsaal arbeiten wir hervorragend zusammen. Und wir wollen eine gute Vor- und Nachbetreuung. Es geht gar nicht ohne die Hebammen.“ Dass die Berufshaftpflichtversicherungen nicht nur für die unmittelbare Geburtshilfe teurer werden, sondern auch für die Betreuung in der Zeit vor und nach der Entbindung, sieht Harlfinger besonders kritisch. „Da sind wir absolut bei den Hebammen.“

Zum Hintergrund: Da das Risiko der Geburtshelferinnen groß ist, hatten sich drei Versicherer zu einem Konsortium zusammengeschlossen. Doch zum Sommer 2015 steigt die Nürnberger Versicherungsgruppe aus. Um die Lücke zu schließen, haben sich mehrere Konzerne jüngst bereit erklärt, eine neue Versicherung aufzulegen – allerdings mit einer Steigerung der Prämien um 20 Prozent. Eine in der Geburtshilfe tätige freiberufliche Hebamme müsste künftig jährlich 6109 Euro bezahlen – vor zehn Jahren waren es 1352 Euro. Überdies ist das neue Angebot befristet. 2016 wäre Schluss.

Grund für die Prämiensteigerungen ist nicht etwa eine wachsende Fehlerrate. Gerichte sprechen Eltern vielmehr ein immer höheres Schmerzensgeld und höheren Schadensersatz zu, wenn ihre Kinder durch einen geburtshilflichen Fehler dauerhafte Schäden erlitten haben. Folgen: Haftungssummen von bis zu 6 Millionen Euro und steigende Haftpflichtprämien.

Der Hebammenverband warnt, dass viele freie Geburtshelferinnen schon bald aufgeben müssen. Laut Verband steigt die Versicherungssumme nämlich ab Juli schon auf 5091 Euro. Im Durchschnitt verdiene eine Hebamme 1360 Euro netto im Monat. Nach der Prämienerhöhung im Juli blieben nur noch 936 Euro übrig. Um die Kosten für die Versicherung zu erwirtschaften, muss eine Hebamme demnach künftig 18 Klinikgeburten betreuen. 2008 waren es noch sieben Geburten. Die Hebammen müssen also zwei- bis dreimal so viel arbeiten – allein für die Haftpflicht.

Zwar hat der Kassenspitzenverband angekündigt, die Prämienerhöhung über eine bessere Vergütung der Geburtshilfe mitzufinanzieren. Dem Hebammenverband ist das aber nicht genug. „Uns ist ja nicht geholfen, wenn wir jedes Jahr wieder in die Verhandlungen gehen.“