Braubach

Umstritten: Bello und Mausi dürfen jetzt mit ins Grab

Immer verbunden, auch nach dem Tod: In Braubach können sich Tierfreunde zusammen mit ihrem Haustier bestatten lassen. Der Friedhof "Unser Hafen" ist bundesweit einer der ersten, auf denen das möglich ist.  Foto: epd
Immer verbunden, auch nach dem Tod: In Braubach können sich Tierfreunde zusammen mit ihrem Haustier bestatten lassen. Der Friedhof "Unser Hafen" ist bundesweit einer der ersten, auf denen das möglich ist. Foto: epd

Manche tun es heimlich, wenn der Friedhofsgärtner Feierabend macht: Sie streuen die Asche von Hund oder Katze in das Grab eines Verstorben, damit Herrchen und Hund, Frauchen und Katze auch im Tod vereint sind. Zumindest auf zwei deutschen Friedhöfen hat die Heimlichkeit jetzt ein Ende: Die Deutsche Friedhofsgesellschaft hat in Braubach (Rhein-Lahn-Kreis) und in Essen die ersten Friedhöfe eröffnet, auf denen Mensch und Tier in einem gemeinsamen Urnengrab beigesetzt werden können.

Lesezeit: 3 Minuten
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Umfrage
Treu bis nach den Tod

Dürfen Menschen und Tiere in einem Grab beerdigt werden?

Ja, ich finde das gut und wünsche es mir auch persönlich
16%
111 Stimmen
Finde ich in Ordnung, kommt für mich aber nicht in Frage
11%
78 Stimmen
Ist grenzwertig, ich weiß nicht recht
7%
50 Stimmen
Nein, ich finde das sollte nicht erlaubt sein
37%
255 Stimmen
Es ist ein Gräuel, auf keinen Fall zulassen!
21%
141 Stimmen
Alles nach dem Tod ist mir total egal
8%
52 Stimmen

Nach Ansicht des katholischen Theologen und Biologen Rainer Hagencord steht das in krassem Gegensatz zu den Nutztieren, die in unserer Gesellschaft als „seelenlose Rohlinge der Fleisch-, Eier- und Milchindustrie“ betrachtet würden. Im Gespräch plädiert er für einen Perspektivenwechsel.

Was halten Sie von den neuen Friedhöfen für Mensch und Tier, ist das theologisch vertretbar?

Ja, ich begrüße das. Denn hier kommt die Erfahrung zum Ausdruck, dass wir Menschen ohne Tiere nicht leben können. Theologisch geht es aber auch um die Frage, ob es zwischen beiden wirklich so fulminante Unterschiede gibt, dass der Mensch als „Krone der Schöpfung“ bezeichnet werden kann. Ich würde sagen: Nein, denn laut erster Schöpfungserzählung ist dies der Sabbat. Der Mensch trägt als „Ebenbild Gottes“ Verantwortung für das Lebendige, das unterscheidet ihn vom Blauwal oder vom Hund, ansonsten sind beide gesegnete und beseelte Geschöpfe Gottes.

Sie fordern schon seit Langem einen Perspektivwechsel. Was genau meinen Sie damit?

Diese neuen Friedhöfe sollten eine Debatte anregen, die den Blick weitet: von den geliebten Haustieren, die wir über den Tod hinaus an unserer Seite haben wollen, bis hin zu den Tieren in Agrarfabriken und Schlachthöfen, die dort ein elendes Dasein fristen. Man muss auch über Puten, Hühner, Schweine und Rinder nachdenken. Wir sollten Konsequenzen ziehen und sagen: Wenn wir unseren Hund oder unsere Katze so liebevoll bestatten, sollten wir nicht gleichzeitig all das Billigfleisch kaufen und essen, das so viel Leid und Umweltschäden verursacht.

Das heißt, wir sollten kein Zweiklassensystem für Tiere haben?

Genau. Der Kulturkritiker Rupert Sheldrake hat sinngemäß gesagt: „Wir haben nur noch zwei Kategorien von Tieren: Die einen verwöhnen wir mit Haustierfutter, und die anderen werden dazu verarbeitet.“ Mit Blick auf die Bestattung denke ich, es gibt auch eine übertriebene Tierliebe, der Hund ist für manche der bessere Mensch. Aber das ist er nicht, ein Hund bleibt immer ein Hund. Das ist die eine Fehlsicht auf Tiere. Die andere Fehlsicht ist es, Puten, Hühner und Kühe nur als seelenlose Rohlinge der Fleisch-, Eier- und Milchindustrie zu sehen. Tiere galten ja bis zum Jahr 1996 sogar im deutschen Gesetz nur als „bewegliche Sache“.

Sollten Hund, Katze und Co. denn auch eine ähnliche kirchliche Beerdigungsfeier bekommen wie ein Mensch?

Nein, sicher nicht, da müssen wir theologisch differenzieren. Beim Menschen geht es immer auch um das Thema Schuld und Erlösung, beim Tier ist das überhaupt kein Thema, denn es wird niemals schuldig. Deshalb müsste man andere Rituale entwickeln. Ich würde am Grab auch nicht um Erlösung oder Vergebung bitten – das brauchen Tiere nicht. Da halte ich es mit dem großen Thomas von Aquin, der sagt: „Tiere haben eine Gottunmittelbarkeit, die wir Menschen verloren haben.“

Gibt es historische Vorbilder dafür, Mensch und Tier zusammen zu begraben?

Im alten Ägypten gab es tatsächlich Bestattungskulte für Tiere. Und es gab sogar Tierfriedhöfe. Man findet noch heute bei Ausgrabungen viele mumifizierte Katzen, die für die Menschen im alten Ägypten als Gottheit galten. Beim Preußenkönig Friedrich dem Großen war seine Tierliebe sogar oftmals größer als seine Menschenliebe. Er wollte unbedingt neben seinen Hunden begraben werden. In Sanssouci sieht man die Grabplatten für seine Hunde direkt neben seinem eigenen Grab.

Das Gespräch führte Ingo Lehnick