Tränen für die Weltmeister: Warum es eine halbe Million Menschen auf die Fanmeile zieht
Weltmeister Bastian Schweinsteiger feiert auf der Fanmeile in Berlin mit Hunderttausenden Fans.
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Fans jubeln beim Empfang der Fußball-Nationalmannschaft auf der Fanmeile am Brandenburger Tor.
Michael Kappeler
Nationalspieler Per Mertesacker jubelt beim Empfang an der Fanmeile am Brandenburger Tor in Berlin.
Daniel Naupold
Thomas Müller und Manuel Neuer feiern mit ihren Fans in Berlin.
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Der Sonderflug der Fußball-Weltmeister grüßte vor der Landung mit einem Abstecher über die Berliner Fanmeile die vielen Fans am Brandenburger Tor.
Maurizio Gambarini
Fußballfans warten auf der Besucherterrasse des Flughafen Tegel in Berlin.
Bernd von Jutrczenka/dpa
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Mit WM-Pokal in der Hand betrat Kapitän Philipp Lahm als erster Spieler wieder deutschen Boden.
Bernd von Jutrczenka
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dpa
Hunderttausende Menschen empfingen die deutsche Nationalmannschaft.
Wolfgang Kumm
„Wenn ich später mal auf meiner Veranda sitze, werde ich immer noch daran denken.“ Bundestrainer Joachim Löw jubelt in Berlin.
DPA
Die deutschen Nationalspieler winken auf dem Weg zur Fanmeile am Brandenburger Tor den Fans.
Soeren Stache
Partystimmung auf dem Truck! Die Weltmeister Thomas Müller (l) und Per Mertesacker sind noch immer in Feierstimmung.
Jens Kalaene
Nur mühselig kommt der Truck voran. Zahlreiche Menschen jubeln auf den Berliner Straßen den Weltmeistern zu.
Wolfgang Kumm
Die Eingänge zur Berliner Fanmeile am Brandenburger Tor wurden schon vor der Ankunft der Nationalmannschaft wegen Überfüllung geschlossen.
Britta Pedersen
Fast eine halbe Million Menschen in Schwarz-Rot-Gold haben den deutschen Weltmeistern in Berlin einen rauschenden Empfang bereitet.
Alex Grimm/Bongarts/Getty Images/DFB/dpa
Da ist das Ding! Roman Weidenfeller präsentiert den Fans den WM-Pokal.
Jan Woitas
dpa
Bastian Schweinsteiger führt die Polonaise an.
Kay Nietfeld
Helene Fischer und Bastian Schweinsteiger führten die Polonaise an. Die Weltmeister sind zurück in Deutschland.
Michael Kappeler
Ganz und gar in auf Schwarz-Rot-Gold eingestellt.
Daniel Bockwoldt
Das Flugzeug «Siegerflieger» drehte ein Ehrenrunde über die Fanmeile.
Michael Kappeler
DJ Ötzi heizt die Menschenmassen vor dem Brandenburger Tor ein.
Michael Kappeler
Das DFB-Team hat sich nicht nur in den WM-Annalen verewigt. Zu Ehren des Titels wurden eigens eine Sonderbriefmarke entworfen.
Michael Kappeler
Beim Weltmeister-Empfang in Berlin wird der DFB-Elf nicht der rote, sondern der grüne Teppich ausgerollt.
Soeren Stache
Ab sofort ziert das deutsche Nationaltrikot vier Sterne.
Wolfgang Kumm
Zwei, drei, nein: Vier! Joachim Löw scherzt mit Hansi Flick vor dem Abflug nach Deutschland. Andreas Köpke genießt den vierten WM-Titel.
Marcus Brandt
Schönau, Heimatgemeinde von Bundestrainer Joachim Löw, wurde nach dem Titel-Gewinn kurzehand in Löwnau umbenannt.
Achim Keller
Auch in Stuttgart gibt es kein Halten mehr.
Sebastian Kahnert
Über der Fanmeile in Berlin bricht ein Feuwerk los.
Britta Pedersen
Schulterschluss mit dem Gastgeber.
Matthias Schrader
Shakira durfte zum Abschluss nochmal singen.
Victor R. Caivano
Pelé und David Beckham begrüßen sich im Stadion.
Thomas Eisenhuth
Vor dem Finale gibt es die bunte Abschlussfeier im Stadion.
Thomas Eisenhuth
Die Fanmeile in Berlin wurde lange vor dem Anpfiff wegen Überfüllung heschlossen.
Maurizio Gambarini
Sicherheitsleute schnappen sich einen Flitzer.
Diego Azubel
Gisele Bündchen und Carles Puyol bringen den Pokal ins Stadion.
Kamil Krzaczynski
Bei den Fans ist der Pokal schon fest in deutscher Hand.
Antonio Lacerda
Im Maracana feiern die Fans friedlich zusammen.
Marcelo Sayao
Seit dem Morgen sieht er vor allem Rücken, Fahnen, und den blauen Himmel über Europas größter Fanmeile in der deutschen Hauptstadt. Jetzt aber weint er vor Rührung inmitten des schwarz-rot-goldenen Fahnenmeers. „Hier dabei zu sein, das ist so einmalig“, sagt er. Man muss nicht immer sehen, das hier ist vor allem eine Sache des Gefühls.
Eine halbe Million Menschen hat sich in der Nacht vor dem großen Empfang der deutschen Nationalmannschaft von den entlegensten Orten der Republik auf den Weg gemacht, um Joachim Löw und sein Team zu feiern. Wenn man auf der Fanmeile fragt, warum es diesmal mit dem Titel klappte, herrscht Einigkeit, dass es am Teamgeist lag. „Wir hatten ein Team auf dem Platz, die anderen nur Einzelspieler“, meint Florian Pawlowski, der um Mitternacht aus der Nähe von Aschaffenburg losgefahren ist, um hier zu sein.
Oliver Löhr, der Mann im Rollstuhl, hatte noch versucht, eines der wenigen ersten Trikots mit vier Sternen zu erstehen. Doch sie waren binnen weniger Minuten verkauft. „Ich bin ein Fan“, sagt Löhr, der jetzt zumindest ein einfaches Nationaltrikot trägt. 1974 hat er als Kind einmal Berti Vogts aus nächster Nähe erlebt. Seither folgt er den deutschen Nationalteams, so nah er kann.
Der Kult auf der Fanmeile ist seit der Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 Teil des großen Spiels geworden. „Oh, wie ist das schön“, singt man im hier im Massenchor. Oder man ruft gemeinsam einen nach dem anderen Nationalspieler mit hunderttausenden zum Fußballgott aus. Man maskiert sich, als würde man in die Schlacht ziehen, lässt sich mitreißen. Man ist im Rausch der Massen.
Das ist bereits um 10.20 Uhr so, als auf der großen Leinwand am Brandenburger Tor übertragen wird, wie der Flieger mit den Weltmeistern an Bord auf dem Flughafen Tegel landet. Rike und ihre Freundinnen Lea und Line schminken sich da noch schwarz-rot-goldene Streifen in die Gesichter. „Ich war schon als Kind 2006 mit meinem Papa auf der Fanmeile“, sagt Lea. Damals war sie Fan von Michael Ballack, heute spielt sie selbst. Die drei Teenager sind mit „SFC Stern 1900“ gerade in die Landesliga aufgestiegen. Die Nationalelf sei „eine Turniermannschaft“ erklärt die gelernte Innenverteidigerin Line, die Mats Hummels klasse findet. „In unserer Mannschaft gibt es aber eigentlich keinen, der nicht sympathisch ist“, sagt sie noch.
Inzwischen ist fast ganz Berlin eine einzige Fanmeile geworden. Im offenen Bus fährt die Mannschaft die letzten Meter durch den Stadtteil Mitte, durchs Regierungsviertel bis zum Brandenburger Tor. Tausende säumen den Weg. Ordner fangen auf der Fanmeile an, die Wartenden in der Sonne mit Wasser zu bespritzen. Die beiden Söhne von Miroslav Klose machen sich einen Spaß und lassen die Menge auf der Fanmeile schonmal Wellen machen. Im Getümmel macht der frühere Schauspieler und heutige CDU-Bundestagsabgeordnete Charles Huber („Der Alte“) ein Foto nach dem anderen. „Grandiose Stimmung “, sagt er. Politik ist hier heute ziemlich weit weg.
Vor dem Rollstuhl von Oliver Löhr haben sich Samuel (6) und Simon (8) Tegtmeier hingesetzt, weil sie nicht mehr stehen können. Sie sind mit ihrem Vater am Vorabend spontan von Duisburg nach Berlin gefahren. Sie haben im Auto auf der Rückbank am Straßenrand geschlafen. Ihr großes Fußball-Abenteuer werden die beiden schon jetzt nicht vergessen. Aber wann kommt die Mannschaft endlich?
„Wir wollen die Mannschaft sehen“, singt der Fanmeilen-Chor um 12.50 Uhr immer lauter. Schweinsteiger, Özil, Müller und Co. sind da bereits am Tor, lassen aber auf der großen Bühne weiter auf sich warten. Erst eine Stunde später kommen endlich die Trainer auf die Bühne. Die Interviews mit ihnen hört hier auf der Fanmeile niemand. „Jogi, Jogi, Jogi“, ruft die Menge im Stakkato. Der Bundestrainer wirkt locker wie selten, er lächelt, ist sogar für ein paar Wellen mit den Fans zu haben. Die große Party überlässt er aber seinen Spielern. „Lu-Lu-Lu-Lukas Podolski“ und „Götze, Götze Fußballgott“ schallt es aus Hunderttausenden Kehlen am Brandenburger Tor, als sie endlich da sind. Über den „Gaucho“-Tanz von Miro Klose, André Schürrle, Mario Götze, Shkodran Mustafi, Toni Kroos und Roman Weidenfeller – im Netz schon wenige Minuten nach seiner Erstaufführung als ziemlich unpassend empfunden – sieht man hier großzügig hin weg. Nicht wenige tanzen einfach mit.
Mindestens fünf Stunden haben die meisten hier gewartet, für eine halbe Stunde mit der Nationalmannschaft. Als Helene Fischer als „Lieblingssängerin“ des Nationalteams ihren atemlosen Hit anstimmt, sind die beiden Jungs Simon und Samuel bereits verschwunden. Die Fußballerinnen vom „SFC Stern“ sind außer Atem vom Mithüpfen. Ob es sich gelohnt hat, so lange zu warten? „Wir haben bisschen wenig gesehen, ein bisschen wenig getrunken – aber wir waren dabei“, sagt Line, die außer Puste ist. Oliver Löhr trocknet sich die Tränen. Auch er sieht glücklich aus.
Rena Lehmann