Berlin/Mainz

Sozialkosten erdrücken Kommunen

Aufmacher Foto: anyaberkut - Fot

Die Kommunen in Deutschland hatten noch nie so hohe Sozialausgaben wie heute. In den vergangenen zehn Jahren stiegen ihre Kosten für Sozialleistungen einer neuen Bertelsmann-Studie zufolge um mehr als 50 Prozent – von bundesweit 51 Milliarden im Jahr 2004 auf jetzt 78 Milliarden Euro. In Rheinland-Pfalz liegt der Anteil der Sozialausgaben in den kommunalen Haushalten im Schnitt bei 41 Prozent und damit leicht über dem Schnitt der anderen Flächenländer.

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Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann

Am höchsten ist der Anteil in Nordrhein-Westfalen mit 43 Prozent, am niedrigsten in Baden-Württemberg mit durchschnittlich 31 Prozent. Die regionalen Unterschiede sind teils auch innerhalb der Bundesländer groß. Während die Sozialausgaben in Koblenz bei 34 Prozent liegen, binden sie in Speyer mit 49 Prozent fast die Hälfte des Etats der Stadt. In Städten wie Duisburg, Wiesbaden, Eisenach oder Flensburg geben die Kommunen sogar mehr als die Hälfte ihres Haushalts für Sozialleistungen aus. Die Bertelsmann-Stiftung hat die Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger, von denen die Kommunen den Löwenanteil zahlen müssen, die Kosten für Sozialhilfe und die Ausgaben für die Kinder- und Jugendhilfe zusammengerechnet. Allein die Ausgaben für Kindertagesstätten haben sich zwischen 2006 und 2013 verdoppelt.

Wohnkosten kosten Spielraum für Investitionen

Die Experten kritisieren, dass sich etwa die Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger besonders in armen Städten mit vielen Langzeitarbeitslosen summieren und den Städten den Spielraum für Investitionen rauben. „Diese Ausgaben ballen sich in armen Städten, ohne für diese steuerbar zu sein“, heißt es in der Studie. Sie schlagen deshalb vor, dass der Bund, der bisher im Schnitt ein Drittel dieser Kosten trägt, sich deutlich stärker beteiligt. „Die Not leidenden Kommunen brauchen eine Perspektive, wie sie aus dem Teufelskreis schlechter Infrastruktur, geringer Einnahmen, hoher Sozialausgaben und Investitionsstau herauskommen“, fordert Kirsten Witte von der Bertelsmann-Stiftung. Die Große Koalition plant bislang, die Kommunen ab 2018 um jährlich 5 Milliarden Euro zu entlasten. Wie genau diese Entlastung aussehen soll, wird aber derzeit noch zwischen Bund und Ländern ausgehandelt. Die Kommunen klagen schon seit Langem darüber, dass sie immer neue Aufgaben vom Bund erhalten, auf den Kosten aber zum Großteil sitzen bleiben.

Burkhard Müller, geschäftsführender Direktor des rheinland-pfälzischen Landkreistages, sieht auf die Kommunen weiter steigende Kosten zukommen. In der älter werdenden Gesellschaft müssten sich die Kommunen auch immer häufiger an den Pflegekosten für arme ältere Menschen beteiligen. „5 Milliarden Euro ab 2018 sind viel zu wenig“, meint Müller. Investitionen in Schulen und Straßen lägen jetzt brach.