Dresden

Sachsen: Wahlkampf fällt ins Sommerloch

Ende August stehen in Sachsen die Landtagswahlen an.
Ende August stehen in Sachsen die Landtagswahlen an. Foto: dpa

Nach den Umfragen ist die CDU klarer Favorit: Wenn die Sachsen am 31. August ihren Landtag wählen, dürfte Ministerpräsident Stanislaw Tillich sein Amt wohl behalten. Die Frage ist, mit wem er künftig regieren wird – weiter mit der FDP oder doch mit der SPD?

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Der Wahlkampf in Sachsen liegt mitten in der Ferienzeit. Die Parteien müssen sich also einiges einfallen lassen, um die Menschen zu erreichen. Linke und SPD wollen sogar an die Ostsee fahren, die Grünen steuern mit ihrem Sommermobil Badeseen im Freistaat an. Ob das etwas bringt oder eher nervt, hängt wohl von der Gemütslage der Wähler ab. Die Themen für den Wahlkampf sind seit Langem bekannt: Bildung, Bildung, Bildung – und die grenzüberschreitende Kriminalität.

Die vermeintliche Stärke der einen ist die Schwäche der anderen. Lange Zeit sah es in den Umfragen nach einem Kantersieg der Union mit nachfolgender Alleinherrschaft aus – so wie dreimal in den 1990er-Jahren gelungen. CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer warnte seine Parteifreunde immer wieder, sich nicht zu sicher zu fühlen. Zehn Wochen vor der Wahl kippte dann die vermeintliche absolute Mehrheit plötzlich: Die Meinungsforscher sahen die Union nur noch bei 42 Prozent. Damit müsste sie sich einen Koalitionspartner suchen. Da ihr aktueller Partner FDP konstant bei 3 Prozent liegt, scheint alles auf eine Neuauflage des schwarz-roten Bündnisses hinauszulaufen. „Ja, ich will, dass wir regieren!“, sagt Sachsens SPD-Chef Martin Dulig fast schon trotzig. Zwar hat der 40-Jährige nicht vergessen, dass seine Partei nach der ersten CDU/SPD-Koalition von 2004 bis 2009 am Ende keine Pluspunkte von den Wählern bekam. Doch der Wille zum Mitgestalten überwiegt die Befürchtung, als kleiner Regierungspartner von einer übermächtigen CDU zerrieben zu werden.

Über ein rot-rot-grünes Bündnis muss Dulig wohl auch bei dieser Wahl nicht nachdenken. Die vom Linke-Parteichef Rico Gebhardt erträumte Konstellation dürfte im Land des Rechenmeisters Adam Ries rechnerisch nicht aufgehen: Alle drei Parteien kamen zuletzt nur auf 41 Prozent.

Somit konnte Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) entspannt in den Wanderurlaub nach Tirol fahren – auch wenn der mit einer Woche diesmal etwas knapper ausfiel. Der Sorbe muss weder im Land noch in seiner Partei einen Kontrahenten fürchten. Seit dem vorzeitigen Abschied von Amtsvorgänger Georg Milbradt (CDU) führt Tillich die Sachsen seit Mai 2008 mit ruhiger Hand. Wenn er im Ausland unterwegs ist, verkauft er die Qualitäten des Freistaates bestens. Das erkennen sogar jene Oppositionspolitiker an, die Tillich auf seinen Reisen gelegentlich begleiten. Tillich hat Beliebtheitswerte wie einst Kurt Biedenkopf (CDU) – und dabei noch einen Vorteil: Er ist Sachse.

Bundesweit steht die Sachsen-Wahl aber aus anderen Gründen im Fokus: Mit der Alternative für Deutschland (AfD) dürften die Euro-Skeptiker erstmals in ein deutsches Länderparlament einziehen. Der NPD droht dagegen nach zehn Jahren das Aus. Damit wären die Rechtsextremen auf Länderebene nur noch in Mecklenburg-Vorpommern vertreten.

Auch für die FDP könnte der 31. August folgenreich sein. Wenn sie scheitert, ist sie nirgendwo mehr in Regierungsverantwortung. Für Parteichef Holger Zastrow hat die Wahl deshalb etwas Schicksalhaftes: „Wenn wir es in Sachsen schaffen, dann zeigen wir, dass man mit uns wieder rechnen muss.“ Das wäre auch für die Bundespartei ermutigend.

Dass es in Sachsen keine Wechselstimmung gibt, räumt die Opposition freimütig ein. „Im Großen und Ganzen geht es den Sachsen ja gut. Sie sind generell zufrieden“, sagt Dulig. Allerdings sei die CDU doch ziemlich satt und träge geworden und verwalte das Land nur noch. Grünen-Spitzenkandidatin Antje Hermenau meint: „Die Wechselstimmung fehlt, weil dennoch vieles gut läuft in Sachsen. Aber nicht wegen, sondern immer öfter trotz der Staatsregierung.“ Und: „25 Jahre Staatspartei CDU bedeuten auch Lähmung und Entmutigung, fördern das Desinteresse statt die Innovation.“ Die Grünen würden nicht alles anders, aber vieles besser machen, sagt Hermenau, für die auch Schwarz-Grün denkbar ist. So wirkt der Linke-Chef Rico Gebhardt mit seinem Wunsch eines gemeinsamen Lagerwahlkampfs wie ein Rufer in der Wüste. Dennoch hofft er auf ein Wunder. „Dass die veröffentlichte Meinung mehrheitlich an die ewige sächsische CDU-Regierung glaubt, ist keine sich selbst erfüllende Prophezeiung – es hat auch schon in anderen Bundesländern Regierungs- und Politikwechsel ohne vorherige Wechselstimmung gegeben“, sagt Gebhardt. Angesichts der vielen unbekannten Faktoren sei die Sachsen-Wahl für jede Überraschung gut. Gut erholt für so etwas dürften die Wähler nach den Ferien jedenfalls sein.