Rainer Brüderle (FDP) glaubt an Vollbeschäftigung


„Jede Existenzgründung in Deutschland schafft im  Durchschnitt drei bis vier Arbeitsplätze. Hier liegt ein Schlüssel zu mehr  Arbeitsplätzen. Die aktuell gute Konjunktur ist kein Anlass, sich  auszuruhen." Rainer Brüderle (FDP)
„Jede Existenzgründung in Deutschland schafft im Durchschnitt drei bis vier Arbeitsplätze. Hier liegt ein Schlüssel zu mehr Arbeitsplätzen. Die aktuell gute Konjunktur ist kein Anlass, sich auszuruhen." Rainer Brüderle (FDP)
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Von Rainer Brüderle (FDP)

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Deutschland hat im vergangenen Jahr den größten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts seit der Wiedervereinigung erwirtschaftet. Wir hatten ein Rekordwachstum von 3,6 Prozent. Der Konjunkturmotor läuft wieder rund. Auch 2011 wird ein gutes Jahr. Wir erwarten ein Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent – vielleicht sogar etwas mehr. Die hervorragende Entwicklung zeigt sich auch am Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung liegt inzwischen auf dem höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten. Gleichzeitig geht die Arbeitslosigkeit zurück. In diesem Jahr dürfte die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt unter drei Millionen liegen. Anfang 2006 waren es noch über fünf Millionen.

Dass wir diesen Erfolg verbuchen können, liegt vor allem an den Arbeitnehmern und Unternehmern, die vor Ort die richtigen Antworten auf die Krise gefunden haben. Mit flexiblen Arbeitszeit- und Lohnmodellen haben sie den Auftrags- und Produktionsrückgang der Krise aufgefangen. Auch hat die Bundesregierung mit Maßnahmen wie den Entlastungen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz und den Regelungen zur Kurzarbeit einen Beitrag zu der erfolgreichen wirtschaftlichen Entwicklung geleistet. Davon profitiert auch Rheinland-Pfalz, wo die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2010 um 5,8 Prozent gegenüber 2009 zurückgegangen ist.

Nach den überwundenen Tiefen der Finanz- und Wirtschaftskrise brauchen wir jetzt eine Ordnungspolitik, die Stabilität und Wachstum auch für die Zukunft sichert, die unseren Wohlstand erhält und mit der wir der Vollbeschäftigung näherkommen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei dem Mittelstand. Allein in Rheinland-Pfalz gehören über 99 Prozent der umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen dem Mittelstand an. Er beschäftigt hier mehr als 80 Prozent aller Arbeitnehmer und bildet 90 Prozent der Lehrlinge aus.

Als Bundeswirtschaftsminister setze ich mich dafür ein, dass die Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen so gestaltet werden, dass sie ihr Potenzial voll entfalten können. Im vergangenen Jahr habe ich deshalb eine Mittelstandsinitiative auf den Weg gebracht. Sie gibt in engem Dialog mit der Wirtschaft in vielen Politikbereichen wichtige Impulse für kleine und mittlere Unternehmen. Dazu gehören zum Beispiel Innovationsgutscheine, mit denen fachkundige Beratung im Bereich Innovationen kostengünstig in Anspruch genommen werden kann. Auch richten wir Förderprogramme stärker auf Existenzgründer und Unternehmensnachfolgen aus. Jede Existenzgründung in Deutschland schafft im Durchschnitt drei bis vier Arbeitsplätze. Hier liegt ein Schlüssel zu mehr Arbeitsplätzen.

Die aktuell gute Konjunktur ist kein Anlass, sich auszuruhen. Die Wirtschaftspolitik muss weiter daran arbeiten, die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum zu verbessern.

• Wir brauchen ein innovationsfreundliches Klima. Dazu gehört, dass wir Zukunftstechnologien wie zum Beispiel die Bio- und Gentechnologie nicht verteufeln und ins Ausland abdrängen.

• Wir brauchen genügend qualifizierte Arbeitkräfte. Bereits heute haben viele Branchen mit einem erheblichen Fachkräftemangel zu kämpfen. Wir müssen inländische Potenziale besser erschließen, aber auch die Chancen nutzen, die eine qualifizierte Zuwanderung eröffnet.

• Wir brauchen eine leistungsfähige Infrastruktur. Deshalb müssen wir unsere Infrastruktur ausbauen und modernisieren. Blockaden wie bei Stuttgart 21, bei Energienetzen oder bei Kraftwerken schaden unserem Standort. Deutschland muss ein Chancenland werden. Eine Dagegen-Republik können wir uns nicht leisten. Das steht nicht im Widerspruch zu einer besseren Bürgerbeteiligung. Sie ist uns wichtig und für eine zügige und allgemeinwohlorientierte Umsetzung von Großprojekten hilfreich.

• Der Aufschwung muss bei den Arbeitnehmern durch ein höheres Einkommen ankommen. Es darf nicht durch die sogenannte kalte Progression zu einem großen Teil wieder aufgezehrt wird. Deshalb wollen wir noch in dieser Legislaturperiode die kleinen und mittleren Einkommen steuerlich entlasten. Es ist wichtig, dass die Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz dieses Ziel unterstützt.

Eine gute Wirtschafts- und Wachstumspolitik ist die beste Arbeitsmarktpolitik. Aber auch hier kommt es darauf an, marktwirtschaftlich zu denken und ebenso zu handeln. Die Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise hat uns für den Arbeitsmarkt den richtigen Weg gewiesen. Wir brauchen betriebsnahe Lösungen, wir brauchen noch mehr Öffnungsklauseln in Tarifverträgen. Starre Tarifstrukturen sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Auch staatlich verordnete Mindestlöhne passen nicht in unsere Marktwirtschaft. Selbst wenn der Wunsch des Einzelnen nach höherem Lohn verständlich sein mag – Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze. Sie erweisen den Geringverdienern und den Arbeitslosen einen Bärendienst.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten haben wir in Deutschland wieder eine realistische Chance auf Vollbeschäftigung. Unsere Heimat Rheinland-Pfalz ist diesem Ziel bereits sehr nahe. Deshalb appelliere ich an jeden Handwerker, jeden Landwirt und jede Arbeitnehmerin vor Ort: Machen Sie weiter so, packen Sie an, und nutzen Sie Ihre Chancen! Ich unterstütze Sie dabei.