RZ-KOMMENTAR: Der Schrottmeiler in der Nachbarschaft

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima ist noch kein Jahr her, in Deutschland gibt es inzwischen einen breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens für eine Energiewende und einen endgültigen Atomausstieg, da mehren sich aus dem Nachbarland Frankreich die Nachrichten über Zwischenfälle im Atomkraftwerk Cattenom – allein sechs sind es schon in diesem Jahr. Wie lange soll das noch gut gehen?

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Die Reaktorkatastrophe von Fukushima ist noch kein Jahr her, in Deutschland gibt es inzwischen einen breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens für eine Energiewende und einen endgültigen Atomausstieg, da mehren sich aus dem Nachbarland Frankreich die Nachrichten über Zwischenfälle im Atomkraftwerk Cattenom – allein sechs sind es schon in diesem Jahr. Wie lange soll das noch gut gehen?

Anders als der noch immer verseuchte Unglücksort Fukushima ist Cattenom nicht Tausende Kilometer weit entfernt, sondern um die Ecke. Cattenom ist ein Nachbardorf von Rheinland-Pfalz und liegt nur ganze 19 Kilometer von der Landesgrenze entfernt in Lothringen. Interessiert uns das, was die Nachbarn tun? Beileibe nicht genug. Denn die Betroffenheit über den schlechten Zustand des Atomkraftwerks ist zwar in der Mainzer Landesregierung, aber noch nicht in der Bevölkerung angekommen. Zumindest nicht so, wie es das Gefahrenpotenzial durch den französischen Schrottmeiler verdient hätte.

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke fordert seit Langem ein Aus des Atomkraftwerks, Seite an Seite mit ihren Kollegen aus Luxemburg und dem Saarland. Doch mehr, als Druck auszuüben und Mängel des Meilers offenzulegen, bleibt an politischen Möglichkeiten nicht.

Frankreich ist eine Atommacht – im Zivilen mit 58 Kernkraftwerken. Zwar gibt es auch dort seit den 70er-Jahren eine Anti-Atombewegung, doch anders als in Deutschland ist es ihr nicht gelungen, wesentlichen gesellschaftlichen Einfluss zu erreichen. So blieb die Atomkraft in Frankreich relativ unumstritten und sichert heute mehr als drei Viertel der französischen Stromproduktion.

Das charmante Laissez-faire, für das die Deutschen ihre Nachbarn so schätzen, ist im Fall der Atomkraft allerdings fatal. Den Umgang mit dem Kernkraftwerk Cattenom muss Frankreich zwar verantworten, aber die Folgen eines ernsten Störfalls müssten alle tragen, insbesondere auch die Rheinland-Pfälzer.

Atomkraft ist nicht beherrschbar. Für keine Nation. Auch im japanischen Fukushima ereignete sich am 11. März 2011 das, was Experten für äußerst unwahrscheinlich gehalten haben: die Abfolge von einem schweren Erdbeben, einem Tsunami und einer dadurch ausgelösten Kernschmelze. Die Wirklichkeit hat schon zu Genüge gezeigt, dass diese Technik nicht zu verantworten ist.

E-Mail: birgit.pielen@rhein-zeitung.net