RZ-KOMMENTAR: Christian Kunst zum Transport der Castoren

Christian Kunst
Christian Kunst Foto: Jens Weber

Auch die Gegner stecken in einem Dilemma

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Sollte sich Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) jemals den Gegnern der Castor-Transporte in Gorleben stellen, dann muss er sich warm anziehen. Weil er sich aus Sicht vieler Demonstranten bei den Verhandlungen über die Verlängerung der Atomlaufzeiten über den Tisch hat ziehen lassen, ist der CDU-Politiker ein rotes Tuch. Damit nicht genug: Auf dem Höhepunkt der Proteste hat er noch weiteres Öl ins Feuer gegossen. In der ARD behauptete er, dass längere Atomlaufzeiten und Castor-Transporte nichts miteinander zu tun hätten.

Das ist hanebüchen und Ausdruck der schwarz-gelben Hilflosigkeit beim Thema Endlager. Denn selbst wenn es in Gorleben irgendwann nicht nur ein Zwischen-, sondern ein Endlager geben sollte – was derzeit mehr als unwahrscheinlich erscheint -, dann muss der Atommüll ebenfalls dorthin gebracht werden. Durch den schwarz-gelben „Atomkompromiss“ werden es viele zusätzliche Tonnen sein. Röttgen glaubt doch wohl nicht ernsthaft, dass sich gegen diese Transporte kein Protest regen wird.

Derart unkluge Äußerungen machen es der Anti-Atomkraftbewegung leicht. Sie überdecken, dass die Energiefrage auch sie vor ein Dilemma stellt. Denn oftmals gehen die gleichen Menschen erst gegen Castor-Transporte auf die Straße und danach gegen neue Strommasten vor ihren Häusern. Die sind aber nötig, um Ökostrom etwa von der Nordsee ins Binnenland zu transportieren. Genauso wenig haben die Gegner eine Antwort auf die Frage, wo denn der bisher produzierte Atommüll hin soll. Dahinter steckt der gleiche konservative Geist wie bei zahlreichen Gegnern von Stuttgart 21. Die Welt soll sich drehen, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Und es ist Protest um des Protestes Willen, ohne Alternativen zu benennen.

Y E-Mail: christian.kunst@rhein-zeitung.net