Berlin

Porträt: Deutscher kämpft mit kühlem Kopf für die Erde

Karsten Sach.
Karsten Sach. Foto: dpa

Wenn Karsten Sach morgens in der Berliner S-Bahn sitzt, denkt er meist darüber nach, wie er die Welt retten kann. Denn dafür wird der 56-Jährige bezahlt. Als Leiter der Unterabteilung „Europa und Internationales“ im Bundesumweltministerium ist er Deutschlands Chefunterhändler bei internationalen Klimakonferenzen – und zwar schon seit 1999.

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Von Anne-Beatrice Clasmann

Karsten Sach ist promovierter Jurist. Obwohl ihm das Thema der Begrenzung der Erderwärmung sehr am Herzen liegt, behält er gern einen kühlen Kopf. Das hilft, wenn es bei Verhandlungen wieder einmal heiß hergeht, so wie 2000 bei der ergebnislosen UN-Klimakonferenz in Den Haag oder 2009 in Kopenhagen, als trotz hoher Erwartungen nichts voranging.

Doch die meisten Nerven hat er im Juli 2001 gelassen. „Damals mussten wir in Bonn kurzfristig eine Konferenz aus dem Boden stampfen, nachdem die Klimakonferenz in Den Haag gescheitert war.“ Er ist überzeugt: „Wenn es damals noch einmal kein Ergebnis gegeben hätte, dann hätte das den internationalen Prozess vollständig entgleisen lassen.“ Doch so weit kam es nicht. Die von den nächtlichen Verhandlungen schon ermatteten Delegationsleiter kamen noch mal zusammen und versprachen einander, „den Raum so lange nicht zu verlassen, bis es ein Ergebnis gibt“.

Die Öffentlichkeit wird sich zwar auch beim Weltklimagipfel wieder mehr für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) interessieren. Sach ist das egal. Er fühlt sich privilegiert, „weil ich ziemlich weit vorn in der Kette der Entscheidungsfindung bin“. Befreundete Juristen fragen ihn oft: „Mein Gott, wie hältst du das bloß aus? So viel Arbeit, und dann geht das alles nur so langsam voran.“ Doch Sach macht sich gern Gedanken über Gerechtigkeit und darüber, „wo die planetaren Grenzen“ liegen.

Ob das Ziel, die weltweiten Treibhausgas-Emissionen so weit zu bremsen, dass die globale Erderwärmung bis 2100 unter 2 Grad bleibt, hängt laut Sach vor allem von der Grundbereitschaft der Gesellschaften ab, ihr wirtschaftliches Handeln und ihren Lebensstil danach auszurichten. Doch er glaubt, dass „Fortschritte auch von Personen abhängen“. Das sind Menschen wie die Journalistin Chai Jing, die mit ihrem Dokumentarfilm „Unter der Glocke“ über das Smog-Problem in ihrer chinesischen Heimat eine Debatte über Umweltzerstörung in Gang gesetzt hat. Oder US-Präsident Barack Obama, der mit seinem „Clean Power Plan“ einen Schwenk in der US-Klimapolitik vollzog. Und es sind „Sherpas“ wie Karsten Sach, die dafür sorgen, dass Verhandlungen nicht wegen schlechter Vorbereitung, Missverständnissen oder atmosphärischer Störungen scheitern.