Athen

Parlamentswahlen: Griechenland steht vor historischer Wende

Wer wird künftig im griechischen Parlament sitzen? Ein Sieg der Linken gilt laut Umfragen als so gut wie sicher. Erstmals in der Geschichte des Landes gäbe es dann eine von der Linken geführte Regierung.
Wer wird künftig im griechischen Parlament sitzen? Ein Sieg der Linken gilt laut Umfragen als so gut wie sicher. Erstmals in der Geschichte des Landes gäbe es dann eine von der Linken geführte Regierung. Foto: dpa

Nach fast fünf Jahren mit in Friedenszeiten noch nie da gewesenen Entbehrungen müssen die Griechen am Sonntag entscheiden, wie es in ihrem Land weitergehen soll. Soll der amtierende konservative Ministerpräsident Antonis Samaras die Chance bekommen, seine Politik zu Ende zu führen, oder soll der Vorsitzende des Linksbündnisses (Syriza) Alexis Tsipras das Steuer übernehmen?

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Nach den zwei jüngsten Umfragen kommt die Partei von Tsipras auf 30,4 beziehungsweise 33,5 Prozent. Die Konservativen von Samaras landen demnach bei 26,4 beziehungsweise 27 Prozent. Ein Sieg der Linken gilt daher als so gut wie sicher. Die Frage ist nur: Bekommt Tsipras die absolute Mehrheit, oder wird er auf einen Koalitionspartner angewiesen sein – und seine Politik mäßigen?

„Historische Chance für die Linke„

Selbst konservative Zeitungen bereiten ihre Leser seit Tagen auf eine Wende vor. In den Blättern ist von einer “historischen Chance für die Linke„ die Rede. Kommentatoren werfen die Frage auf, ob die Linke sie richtig nutzen wird oder das Land in eine noch tiefere Krise stürzt.

Tsipras wirft Samaras politischen “Verrat„ vor, weil er das Spardiktat aus Brüssel und Berlin ohne Bedenken in die Tat umgesetzt und damit das Volk in die Verelendung geführt habe. Samaras kontert, Tsipras und seine Partei seien politische “Hooligans„, die eine geheime Agenda hätten und die Mittelklasse auslöschen wollten. Tsipras verspricht den Griechen Entlastung: Renten sollen erhöht, Privatisierungen gestoppt werden. Entlassene Staatsbedienstete sollen in ihren alten Job zurückkehren. Fast 12 Milliarden Euro will Tsipras dafür ausgeben.

Tsipras will Allianz der Südländer

Sein wichtigstes Ziel aber ist ein Schuldenschnitt, der nach seiner Vorstellung von einer internationalen Konferenz abgesegnet werden soll. Zudem will Tsipras eine Allianz der Südländer Europas schmieden, um der Sparpolitik der Union ein Ende zu bereiten.

Samaras meint hingegen, Frontalzusammenstöße mit der EU könne sich Griechenland nicht leisten. Athen könne sich nicht Geld leihen und dann den Gläubigern sagen: “Ich zahle nicht.„ Samaras weiß aber auch, dass die Geduld der Griechen längst eine Grenze überschritten hat. Jeder zweite junge Mensch ist ohne Job. Die Arbeitslosigkeit übersteigt insgesamt die 25 Prozent. Manche Familien leben allein von der Rente der Oma. Samaras verspricht, dass der Gürtel nicht noch enger geschnallt werden soll. “Weitere Kürzungen von Löhnen und Renten wird es nicht geben„, sagt er. In den kommenden Jahren sollen mehr als 700 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Stimmung in den ärmeren Regionen im Westen der Hauptstadt Athen ist explosiv. Drohungen mit einem “Grexit„, also einem Austritt Griechenlands aus dem Euro-Land, machen diesen Menschen keine Angst mehr. “Die Verelendung erleben wir seit Langem", sagt beispielsweise Mitsos Sarantis, ein seit zwei Jahren arbeitsloser Schuhverkäufer aus der dicht besiedelten Athener Vorstadt Peristeri. Sein Sohn ist bereits ins Golfscheichtum Katar ausgewandert.

Für die Sozialisten wird's schwer

Gleich mehrere Parteien in Griechenland kämpfen um den dritten Platz – und damit die Möglichkeit, zusammen mit dem Wahlgewinner zu regieren. Allen voran die To Potami (Der Fluss) – eine neue pro-europäische Partei der politischen Mitte. Die ehemals allmächtigen Sozialisten müssen sich hingegen anstrengen, die 3-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament zu überspringen. Dagegen werden die Kommunisten allen Umfragen zufolge im Parlament vertreten sein. Schließlich sehen Demoskopen die rassistische und ausländerfeindliche Partei Goldene Morgenröte im Parlament. Mit ihr wollen die anderen Parteien allerdings nichts zu tun haben.