Berlin/Koblenz

Pannenserie beim Rüstungschaos: Mitarbeiter wehren sich

Koblenzer Mitarbeiter der Bundeswehr sehen sich wegen der Pannen bei Rüstungsprojekten zu Unrecht kritisiert. Teile der Belegschaft des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) fühlen sich offenbar „von der Politik persönlich diskreditiert und im Stich gelassen“.

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Von unserer Berliner Korrespondentin Rena Lehmann

Das geht aus einer Stellungnahme des Verbandes des Technischen Dienstes der Bundeswehr (IGBI) hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

In der Interessenvertretung der technischen Ingenieure sind viele Beschäftigte der Behörde organisiert. Der Hintergrund: Ein Gutachten über die wichtigsten und teuersten Rüstungsprojekte, das Bundesvereidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Anfang Oktober vorgestellt hatte, hatte zahlreiche Fälle von Missmanagement bei der Beschaffung der Rüstungsgüter festgestellt. Das Koblenzer Amt ist an den Projekten maßgeblich beteiligt.

Vorwurf: Behörde mit Eigenleben

Die Behörde mit bundesweit 9600 Mitarbeitern, davon 4500 in Koblenz, ist von der Entwicklung bis zur Nutzung von allem zuständig, was die Streitkräfte an Ausrüstung benötigen. Der Verteidigungspolitiker Tobias Lindner (Grüne) hatte festgestellt, dass die Behörde „ein Eigenleben führt“. Der Berliner Friedensforscher Otfried Nassauer sprach von einem „Moloch“. „Nicht immer kriegt die Bundeswehr das, was sie will, sondern das, was das BAAINBw mit der Industrie aushandeln kann“, sagte Nassauer im Gespräch mit unserer Zeitung.

Eine Reform nach der nächsten

Aus Sicht des IGBI müssen die Mitarbeiter „die Prügel für politische Fehlentscheidungen der Vergangenheit einstecken“. „Es gibt personelle Unterbesetzung und Einflussnahme durch die Politik. Das sind die Kernpunkte, die zu den Misserfolgen geführt haben“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes, Jens Obermeyer.

Die Behörde ist seinen Angaben zufolge seit dem Jahr 2000 wegen mehrerer Strukturreformen „nicht mehr zur Ruhe gekommen“. „In vielen Bereichen wurden laufende Prozesse abgeschafft beziehungsweise Ämter übereilt aufgelöst, ohne dass funktionierende Prozesse in den neuen Organisationsstrukturen vorhanden waren“, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes. Die Zahl der Mitarbeiter sank demnach in den vergangenen Jahren von 12 000 auf heute 9600. Die Beschäftigten sehen sich außerdem einer „sehr starken und einflussreichen Industrielobby“ gegenüber.

Bundesverteidigungsministerium von der Leyen steht seit Bekanntwerden der Ausrüstungsmängel unter Druck, die Probleme i den Griff zu bekommen. Sie will auch die Arbeitsabläufe in Koblenz auf den Prüfstand stellen.