Litauen: Willkommen im €-Klub!

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Die Experten sind sich einig: Mit Litauen bekommt die Euro-Familie am 1. Januar 2015 einen richtigen Musterschüler. Nach einer rigorosen Haushaltssanierung bietet das letzte baltische Land, das nun den Euro einführt, mit einem Defizit von 2,6 Prozent und einem Schuldenanteil an der Jahreswirtschaftsleistung von 39 Prozent (erlaubt sind 60 Prozent).

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Zahlen, von denen sich viele andere eine Scheibe abschneiden könnten – Deutschland mit einer Schuldenquote von knapp unter 80 Prozent eingeschlossen.

Von Ratingagentur aufgewertet

Nicht nur die beiden US-Ratingagenturen Fitch und Standard & Poor's haben Litauen bereits mit „A-“ bewertet. Auch die Weltbank reihte das drei Millionen Einwohner große Land unter die Top drei der wirtschaftsstärksten Nationen in Mittel- und Osteuropa ein. Von einem Wachstum in Höhe von 2,9 Prozent (alle Zahlen für 2014) können andere Mitglieder der Währungsunion nur träumen. „Die Euro-Einführung ist für uns die Garantie für wirtschaftliche Sicherheit und die Möglichkeit, die finanzielle Stabilität in unserem Land fortzuführen“, sagt Regierungschef Algirdas Butkevicius.

Schon seit Anfang Dezember sind 900 000 Starter-Kits im Umlauf, gefüllt mit 23 Euro-Münzen im Wert von 11,38 Euro. Trotzdem hält sich die öffentliche Begeisterung in Grenzen. Denn die Litauer fürchten – wie die Bewohner der anderen Staaten, die zum Euro konvertierten – eine schleichende Preiserhöhung. Hinzu kommt, dass der bisherige Litas (der Umtauschkurs liegt bei 3,45280 Litas für 1 Euro) für die Bürger an der Ostsee viel Selbstbewusstsein nach der Lösung aus den Fängen Moskaus bedeutete.

Doch die Aussichten sind attraktiv. Ausländische Investoren hielten sich bisher zurück, weil sie den Kapitalverlust durch Wechselkursrisiken und Umtauschkosten scheuten. Auch die bisher schon in Litauen tätigen 1200 deutschen Unternehmen, die mit einem Bestand an Direktinvestitionen von 1,04 Milliarden Euro zu den wichtigsten Handelspartnern zählen, warten sehnlich auf den Augenblick, in dem sie keine Zusatzkosten mehr fürchten müssen.

Kommt zur rechten Zeit

Der Beitritt kommt für die Euro-Zone zur richtigen Zeit. Denn die hat sich nach den Problemen der Finanz- und Staatsschuldenkrise nur begrenzt erholt. Solange in Griechenland kein neuer Präsident mit den Stimmen der Euro-Befürworter in der Großen Koalition gewählt werden kann, ringt Athen weiter mit dem Gespenst eines Austritts aus der Währungsunion. Im Falle einer Abstimmungspleite wären Neuwahlen unumgänglich, die wohl der Chef des Euro-kritischen Links-Bündnisses, Alexis Tsirpas, gewinnen würde. Der bemühte sich zwar noch kurz vor Weihnachten, seine Forderungen nach einem Austritt aus der Gemeinschaftswährung abzuschwächen. Doch die Angst blieb. Zudem ist unklar, ob der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, ab dem Frühjahr massenweise Staatsanleihen aus den maroden Ländern im Süden der Union aufkaufen lässt. Ein höchst umstrittenes Vorhaben, das Draghi aber für unumgänglich hält, um Geld für Wachstum in die Regionen zu pumpen – gegen den Widerstand von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann.

Sieben Kandidaten bleiben

Litauen wird nun das 19. Land, das den Euro einführt, vermutlich für längere Zeit das letzte. Denn die sieben verbleibenden Kandidaten – Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden – sind entweder noch nicht beitrittsreif oder haben sich deutlich gegen den Euro ausgesprochen. Dänemark und Großbritannien können auf Sonderklauseln verweisen, die die EU ihnen zugestanden hat. Im Unterschied zu allen anderen wurden sie von der Pflicht zur Übernahme der Gemeinschaftswährung befreit.

Was viele nicht wissen: Der Beitritt zur Währungsunion gehört keineswegs zu den Segnungen, deren Übernahme man wählen kann. Zur Übernahme des Euro haben sich alle Staaten verpflichtet, als sie den Lissabonner Vertrag unterzeichnet haben. Allerdings müssen die Aufnahmebedingungen stimmen. Dazu zählen ein ausgeglichener Haushalt (höchstens 3 Prozent Defizit) sowie maximal 60 Prozent Schuldenanteil am Bruttoinlandsprodukt und stabile Preise (höchstens 1,5 Prozent Inflation). Litauen hat es nun geschafft – im zweiten Anlauf. 2007 scheiterte das Land.

Detlef Drewes