Im europäischen Mittelfeld: So korrupt ist Deutschland

Deutschland bleibt im europäischen Mittelfeld, die Türkei und China versinken im internationalen Vergleich im Sumpf der Korruption: Die gemeinnützige Organisation Transparency International hat den neuen Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) vorgestellt und 175 Länder nach dem Level der Bestechlichkeit im öffentlichen Sektor gelistet.

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Von unserem Reporter Stefan Hantzschmann

Deutschland belegt demnach wie im Vorjahr Platz 12 und bleibt damit vor Ländern wie Großbritannien (Platz 14) und Frankreich (Platz 26), aber weit hinter nordeuropäischen Ländern wie Finnland, Schweden oder Norwegen, die weniger korrupt sind. In Dänemark scheint der öffentliche Sektor am wenigsten bestechlich zu sein.

Bessere Platzierung erwartet

Dass die Bundesrepublik sich in diesem Jahr im Ranking nicht verbessern konnte, könnte mit dem Erhebungszeitraum der Studie zusammenhängen. Denn die Bundesregierung hatte in diesem Jahr durchaus einige lange geforderte Maßnahmen gegen Korruption ergriffen. So ratifizierte Deutschland in diesem Jahr die UN-Korruptionskonvention – elf Jahre nach deren Unterzeichnung. Außerdem führte die Große Koalition eine Karenzzeit für Abgeordnete ein, die nach Niederlegung ihres Mandats in die Wirtschaft wechseln wollen.

„Diese Änderungen haben sich auf das Ranking womöglich noch nicht ausgewirkt“, sagte Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland. Denn die Daten von den Umfragen für den Korruptionswahrnehmungsindex werden in einem Zeitraum von 24 Monaten gesammelt. „Dadurch sind sehr aktuelle Entwicklungen nicht immer berücksichtigt“, sagte Transparency-Experte Finn Heinrich während der Vorstellung der Ergebnisse. Im nächsten Jahr könnte sich Deutschland durch die Maßnahmen der Regierung verbessern.

Müller machte im Gespräch mit unserer Zeitung aber auch klar, dass ihr die Maßnahmen zum Teil nicht weit genug gehen: „Wir hätten eine Karenzzeit von drei Jahren gut gefunden, die ja auch an die Zeit des Übergangsgeldes gekoppelt sein kann.“ Ihrer Meinung nach sollte es Abgeordneten solange verboten sein, einen Posten in der Wirtschaft anzunehmen, wie sie Übergangsgeld bekommen, das sich nach ihrer Amtszeit bemisst.

Müller kritisierte auch, dass es in Deutschland kein Lobbyregister gibt, in dem aufgelistet wird, welche Unternehmen in welchem Umfang Lobbyarbeit betreiben. „Internationale Konzerne lassen sich doch heute nicht mehr nur vom Bundesverband der Deutschen Industrie vertreten, sondern von internationalen Anwaltskanzleien. Und die sollten doch wenigstens offen legen müssen, für wen sie arbeiten“, sagte Müller unserer Zeitung. Ein Bundesbeauftragter für Transparenz und Lobbykontrolle könnte nach Auffassung der Organisation kontrollieren, ob sich alle Lobbyisten und Unternehmen an die Regeln halten.

Zwar schneidet Deutschland beim Korruptionswahrnehmungsindex relativ gut ab, doch beim Thema Geldwäsche sieht Transparency International noch erheblichen Handlungsbedarf. „Wir brauchen veränderte rechtliche Strukturen“, sagte Müller gegenüber unserer Zeitung. „Wenn jemand eine Bank ausraubt und das Geld anschließend wäscht, wird er nur für den Raub vor Gericht belangt, nicht aber für die Geldwäsche. Das muss sich ändern“, erklärte die Vorsitzende von Transparency International. Deutschland falle es bislang sehr schwer, Gelder im Ausland aufzuspüren, einzufrieren und zurückzuführen.

Die Bundesregierung hatte zuletzt angekündigt, bei Vermögen unklarer Herkunft eine Beweislast einzuführen. Demnach müsste künftig der legale Erwerb solcher Vermögenswerte nachgewiesen werden. Transparency International bewertete das als „richtigen Schritt“. Bislang nimmt die BRD in einem OECD-Bericht zum Thema Geldwäsche nur den 28. von 34 Plätzen ein. „Geldwäsche ist die schmutzige Schwester der Korruption“, sagte Müller.

Chinesische Kampagne erfolglos

Besonders Schwellenländer verschlechterten sich beim Korruptionswahrnehmungsindex. So rutschte China trotz einer großen Antikorruptionskampagne von Rang 80 im Jahr 2013 auf den 100. Platz. „Der Kampf gegen Korruption in China hat unserer Meinung nach den falschen Ansatz, weil es nur um die Verfolgung von Korruptionsfällen geht. Wir glauben, dass China für mehr Transparenz sorgen müsste, Teilhabe von Bürgern ermöglichen und Whistleblower besser schützen müsste“, sagte Finn Heinrich.

Edda Müller bekräftigte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass es einen Zusammenhang zwischen einer stabilen Demokratie und einer niedrigen Korruptionsrate gibt. „Es braucht ein ordentliches Rechtssystem, das Gewaltmonopol des Staates und Machtkontrolle.“