Karlsruhe/Rheinland-Pfalz

Erbschaftsteuer: Was kommt auf Firmen zu?

Symbolbild: Unterschiedlich wertige Geldscheine.
Symbolbild: Unterschiedlich wertige Geldscheine. Foto: dpa

Das Bundesverfassungsgericht hat die seit 2009 geltende großzügige Verschonung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer gekippt. Die Karlsruher Richter geben dem Gesetzgeber bis Ende Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung. Firmenerben müssen sich künftig auf strengere Regeln und möglicherweise höhere Steuern einstellen. Der Vorsitzende der Landesvereinigung der Unternehmerverbände, Werner Simon, warnte: „Für Rheinland-Pfalz mit seiner vorwiegend mittelständisch geprägten Wirtschaft steht besonders viel auf dem Spiel.“

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Von Ursula Samary, Rena Lehmann und Birgit Marschall

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte, dass die Verschonungsregeln grundsätzlich anerkannt wurden. „Ich nehme nicht an, dass wir die Frist ausschöpfen werden“, sagte Schäuble. Laut Finanzstaatssekretär Michael Meister (CDU) soll auch eine Neuregelung nicht zu Steuererhöhungen führen.

Die Richter unterstreichen, dass kleinere und mittlere Betriebe auch in Zukunft zum Teil oder vollständig von der Erbschaftsteuer befreit werden dürfen. Für große Vermögen kann es dagegen nur noch Ausnahmen geben, wenn dies nach einer Bedürfnisprüfung nötig ist, um Jobs zu sichern.

Vertreter der Wirtschaft zeigten sich überwiegend erleichtert, warnten aber vor Mehrbelastungen. Simon erinnerte daran, dass das in Unternehmen gebundene Vermögen „in Maschinen, Anlagen und Gebäuden“ steckt. Claudia Sturm, Landesvorsitzende des Verbands der Familienunternehmer, bezeichnete es als „gute Nachricht“, dass die Verschonung „im Wesentlichen bestehen bleibt“. Art und Weise sowie Ausmaß der bisherigen Steuerbefreiung sind nach Ansicht der Richter aber nicht mit dem Grundrecht der „steuerlichen Belastungsgleichheit“ vereinbar. Während Privatvermögen voll besteuert werden, werden Betriebe bislang mit dem Verweis auf ihren Zweck für das Gemeinwohl großzügig verschont – allein 2012 um fast 40 Milliarden Euro.

Das Gericht kritisiert, dass bisher auch Großbetriebe von den Ausnahmen profitieren, ohne dass ihre finanzielle Bedürftigkeit geprüft wird. Weiter missbilligte der Senat die Befreiung von der Erbschaftsteuer bei Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten sowie die Möglichkeiten, durch rechtliche Schlupflöcher Steuern zu vermeiden. Der rheinland-pfälzische FDP-Chef Volker Wissing mahnte an, dass eine Neuregelung gerade für die kleinen Unternehmen nicht zu „unverhältnismäßiger Bürokratie“ führen darf.

In Rheinland-Pfalz beträgt das Aufkommen jährlich 250 Millionen Euro. Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) bezeichnete die Erbschaftsteuer als „wichtiges Instrument, um der zunehmend ungleichen Verteilung der Vermögen in Deutschland entgegenzuwirken“. Dem Präsidenten der rheinland-pfälzischen Steuerberaterkammer, Edgar Wilk, zufolge haben die Bundesrichter keinen Vertrauensschutz für die alte Regelung garantiert. „Das neue Gesetz kann auch rückwirkend zum 17. Dezember 2014 beschlossen werden.“